Mittwoch3. Dezember 2025

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Neunter Tag des Bommeleeër-ProzessesAnwälte fordern Freispruch für Guy Stebens

Neunter Tag des Bommeleeër-Prozesses / Anwälte fordern Freispruch für Guy Stebens
Me Ewerling (l.), Me Pierret (M.) und Guy Stebens (r.) beim Verlassen des Gerichts nach der Verhandlung am Dienstag Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Der neunte Tag im Bommeleeër-Prozess setzt sich mit den Plädoyers von Guy Stebens’ Verteidigern fort. Me Pierret und Me Elvinger fordern wenig überraschend einen voll umfassenden Freispruch für ihren Mandanten.

Die Woche der Verteidigungsplädoyers ist am Dienstag von den Anwälten von Guy Stebens fortgesetzt worden. Den immer weniger werdenden Zuschauern im großen Gerichtssaal der „Cité judiciaire“ bietet sich somit ein ähnliches Bild wie am Vortag. Anstelle von Me Wies und Me Assa treten am Dienstag Me Pierret und Me Ewerling für ihren Mandanten Guy Stebens ans Rednerpult. Zweieinhalb Stunden lang gehen die Anwälte Punkt für Punkt der Anklage durch und versuchen die Argumente der Staatsanwaltschaft zu entkräften. Mit einem noch vor dem Urteil verbuchbaren ersten kleinen Zwischenerfolg: Von den ursprünglich 17 Anklagepunkten kündigte die stellvertretende Staatsanwältin Dominique Peters an, einen fallen zu lassen.

Der rote Faden, den Me Pierret und Me Ewerling durch ihre Interventionen spinnen, ist folgender: Eine nach dem „Code pénal“ strafbare Falschaussage ihres Mandanten liegt keine vor – und selbst wenn, hätte ein vermeintlicher Meineid keine Auswirkungen auf den ursprünglichen Bommeleeër-Prozess gehabt. Ein kausaler Bezug zwischen den Aussagen ihres Mandanten und dem Aussetzen des Prozesses sei schlichtweg nicht herzustellen, so die Grundzüge ihrer Argumentation.

„En Zeie weess eppes oder näischt“

„En Zeie weess eppes oder e weess näischt“, beginnt Me Pierret sein Plädoyer mit der Frage, was ein Zeuge denn eigentlich wissen müsse. Wenn ein Zeuge erst mal ausgesagt habe, müsse man eigentlich nicht noch zweimal nachfragen. Das habe die Justiz zu akzeptieren und sollte nicht wie vor zwölf Jahren dazu führen, dass sein Mandant mehrfach „ausgequetscht“ worden sei. Auch kritisiert der Anwalt, dass die Justiz in einer aggressiven Atmosphäre und suggestiven Fragen operiert hätte, die nichts mit der ursprünglichen Affäre Wilmes/Scheer zu tun hätten. „Sou verfiert een net mat Leit, a scho guer net mat Leit, déi ee selwer rifft“, resümiert Pierret.

Ein weiterer Kritikpunkt sei die plötzliche Unterbrechung des ersten Bommeleeër-Prozesses. Das habe dazu geführt, dass sein Mandant keine Möglichkeit mehr gehabt hätte, eine oder mehrere seiner Aussagen zurückzuziehen. Das hatte einer der weiteren Angeklagten, Marcel Weydert, gemacht – was dazu geführt hat, dass die Staatsanwaltschaft bei Weydert wie auch die Verteidigung auf Freispruch plädierte. „Es wäre im Sinne eines fairen Prozesses gewesen, den Zeugen zum Zeitpunkt der Unterbrechung noch einmal die Chance zu geben, ihre Aussagen zu revidieren“, so der Anwalt von Guy Stebens.

Freispruch gefordert

Die vermeintlichen Falschaussagen, die Guy Stebens nun zur Last gelegt werden, seien bestenfalls kontradiktorische Aussagen ohne kriminelle Intention, das Gericht fehlzuleiten. Die dafür strafrechtlich relevanten Kriterien seien bei keinem der Anklagepunkte gegeben, ist Me Pierret der Auffassung. „Wann een den Dossier kuckt, supposéiert de Parquet, de Guy Stebens géif moies opstoen an heihinner kommen, fir d’Juridiktioun ze beléien.“ Als „notorischer Lügner“ in der „größten Kriminalaffäre Luxemburgs seit dem Zweiten Weltkrieg“ sei sein Mandat dargestellt worden. Dabei habe Stebens im ersten Bommeleeër-Prozess lediglich nach bestem Gewissen ausgesagt.

Konsequenterweise fordert Stebens’ Verteidigung einen Freispruch in allen Punkten. Sollte das Gericht doch eine Schuld in Guy Stebens’ Handeln sehen, fordern die Anwälte Pierret und Ewerling mildernde Umstände, angesichts eines längst überzogenen „délai raisonnable“ der Prozedur und des Umstands, dass Stebens eine strafrechtlich weiße Weste vorzuweisen hätte. Auch hinsichtlich der Nebenklage von staatlicher Seite und Wilmes/Scheer fordern die Anwälte eine vollständige Entlastung. „Es ist nicht Guy Stebens’ Schuld, dass der erste Prozess unterbrochen und eine neue Instruktion angeordnet wurde. Es ist nicht Guy Stebens’ Schuld, dass die beiden Herren Wilmes und Scheer in 170 Sitzungen auf der Anklagebank saßen“, meint Ewerling. „Es ist nicht Guy Stebens’ Schuld, dass die beiden die bekanntesten Angeklagten der Geschichte sind.“

Zur Erinnerung: Als die Sprengstoffanschläge 1984 begannen, besuchte der Angeklagte Guy Stebens noch die Offiziersschule in Frankreich. Er kam dann zur „Brigade mobile“ der Gendarmerie (BMG). Als er mit der Leitung der Gruppe (GOR) beauftragt wurde, die im Oktober 1985 in der Bommeleeër-Affäre ermittelte, waren bereits 15 der 20 Anschläge verübt worden. Während der Observation von Ben Geiben und dem Anschlag auf den Justizpalast befand sich Stebens auf einem Lehrgang im Ausland.