Samstag15. November 2025

Demaart De Maart

GroßbritannienIm Streit um ihre Berichterstattung bietet die weltberühmte BBC dem US-Präsidenten Trump Paroli

Großbritannien / Im Streit um ihre Berichterstattung bietet die weltberühmte BBC dem US-Präsidenten Trump Paroli
Wie wird Washington auf die Antwort der BBC im Streit um einen Beitrag des britischen Senders über Trump reagieren?  Foto: Henry Nicholls/AFP

Wie verhält sich der für unverhältnismäßige Aktionen bekannte Donald Trump? Nach der ebenso klaren wie eleganten Antwort auf dessen angedrohte Verleumdungsklage warten die Verantwortlichen der weltberühmten BBC an diesem Wochenende auf die Reaktion des US-Präsidenten.

Zuvor hatte sich BBC-Rundfunkratschef Samir Shah für einen schweren journalistischen Fehler des TV-Magazins „Panorama“ persönlich bei Trump entschuldigt. Die Schadensersatzforderung von bis zu einer Milliarde Dollar aber wiesen die BBC-Anwälte zurück: „Für eine Verleumdungsklage fehlt jede Grundlage.“

Die schwere Krise des 103 Jahre alten öffentlich-rechtlichen Senders kulminierte am Sonntag im Rücktritt des Intendanten Tim Davie und der Nachrichtenchefin Deborah Turness. Zuvor waren Vorwürfe erhoben worden, die BBC-Journalisten hätten die Grundsätze unabhängiger und unparteiischer Berichterstattung verletzt. Die Rede ist von Voreingenommenheit gegenüber Israel, insbesondere bei der arabischsprachigen Tochter BBC Arabic. Die Heimatredaktion zeigte kürzlich einen Film aus dem Gaza-Krieg, in dem ein 14-Jähriger als Erzähler fungierte, ohne dass dieser als Sohn eines Hamas-Funktionärs identifiziert wurde. Beim Musikfestival Glastonbury strahlte die BBC live antisemitische Hassparolen des Rappers Bob Vylan aus.

Zur Diskussion steht auch die Berichterstattung über Trans-Personen. Bei Gender-Fragen gebe die BBC ihren sogenannten „Identitätskorrespondenten“ zu viel Raum, beklagen frühere Mitarbeiter wie Rod Liddle, ein stets an Kontroversen interessierter Kolumnist des rechten Intellektuellen-Magazins „Spectator“.

Im Mittelpunkt der Kritik aber befindet sich die Behandlung des Berserkers im Weißen Haus. Zur besten Sendezeit hatte „Panorama“ im Vorfeld der Präsidentschaftswahl 2024 Donald Trumps Karriere nachgezeichnet. Dabei zeigte das BBC-Team Ausschnitte aus einer Rede des Präsidenten am 6. Januar 2021, also jenem Tag, an dem gewalttätige Trump-Anhänger das Kapitol stürmten und für den Tod mehrerer Menschen verantwortlich waren. Zwei kurze Szenen, zwischen denen in Wirklichkeit 50 Minuten der üblicherweise langstieligen Trump-Ausführungen lagen, wurden so zusammengeschnitten, dass sich den Zuschauern der Eindruck aufdrängte: Der Präsident selbst war für Chaos und Gewalt verantwortlich. Dies aber hat der Beschuldigte stets bestritten.

Der 79-Jährige wurde erst jetzt, gut ein Jahr danach, durch Hinweise des konservativen „Telegraph“ sowie ein Telefonat des Nationalpopulisten Nigel Farage auf den klaren journalistischen Fauxpas hingewiesen. Der Sender habe die Rede „ausgeschlachtet“ und dadurch die Zuschauer betrogen, teilte Trump dem TV-Sender Fox mit. Sein Anwaltsteam legte nach, forderte von der BBC nicht nur die fällige Entschuldigung, sondern kündigte auch eine Schadenersatzklage an.

Starmer soll Trump besänftigen

Dass dieses unter demokratischen Politikern bisher unübliche Vorgehen ernst zu nehmen ist, hat Trump in den vergangenen Monaten bewiesen. Mehrfach hat er unbotmäßige Medien wie den TV-Sender ABC mit Klagen belegt, immer wieder schlossen die Betroffenen Millionenvergleiche – für den Präsidenten eine lukrative Angelegenheit. Hingegen halten Medienrechtler auf der Insel das Anliegen gegen die BBC für aussichtslos. Gegen Trumps Erfolg vor Gericht in Großbritannien spricht die lange Zeit zwischen Ausstrahlung und Beanstandung. In den USA war der „Panorama“-Beitrag ohnehin nicht zu sehen.

Dasselbe gilt für einen Beitrag von 2022 im Nachrichtenmagazin „Newsnight“, den am Freitag der „Telegraph“ ins Feld führte. Dessen Kampagne wird von konservativen Politikern unterstützt, wohingegen der Chef der Liberaldemokraten den Sender in Schutz nahm. Premier Keir Starmer solle sein bekanntermaßen gutes Verhältnis zu Trump nutzen und in einem Telefonat „die Unbestechlichkeit und Unabhängigkeit der BBC verteidigen“, forderte Edward Davey im Unterhaus. Der Angesprochene wich dem konkreten Vorschlag aus, betonte aber ebenfalls die positiven Seiten der weltweit geachteten Anstalt.

In den Londoner Medien werden unterdessen Namen für Davies Nachfolge gehandelt. Neben allerlei BBC-Insidern gehört dazu auch der frühere Tory-Finanzminister George Osborne, zwischenzeitlich Chefredakteur des Londoner „Evening Standard“, sowie Tristram Hunt, der seit 2017 erfolgreich das Victoria & Albert Museum in der Hauptstadt leitet.