Donnerstag30. Oktober 2025

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EditorialGas aus Belgien und Avocados aus dem Supermarkt

Editorial / Gas aus Belgien und Avocados aus dem Supermarkt
 Foto: Editpress/Alain Rischard

Luxemburg bezieht immer noch russisches Gas. Das überrascht kaum. Problematisch wird es allerdings, wenn der Staat auf konkrete Nachfragen zum Anteil russischen Gases am nationalen Energiemix keine klaren Antworten geben kann. Oder, schlimmer noch: wenn der Eindruck entsteht, die Öffentlichkeit werde – bewusst oder unbewusst – in die Irre geführt.

Europa hat sich über Jahre in eine gefährliche Abhängigkeit von russischem Gas und Erdöl begeben. Seit dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine versucht die EU, sich davon zu lösen. Die Mitgliedstaaten haben beschlossen, bis spätestens Ende 2027 den Import russischen Gases zu beenden. Bis dahin aber wird Europa – und damit auch Luxemburg – weiterhin Geld in Putins Kriegskasse spülen.

Wie das Tageblatt berechnet hat, gab Luxemburg im vergangenen Jahr immerhin rund 33 Millionen Euro für russisches Gas aus. Diese Rechnung kam allerdings nur aufgrund der Auskunft von Enovos/Encevo zustande, die, im Gegensatz zum Ministerium, um Transparenz bemüht waren und den Anteil von russischem Gas an ihrem Mix auf 14 Prozent für 2024 geschätzt haben. Der andere Anbieter, Sudenergie, hat bis heute auf keine unserer Anfragen reagiert.

Auch beim Regulierungsinstitut ILR sind wir nicht vorangekommen, da sie eigenen Aussagen zufolge keine Daten zu russischen Gasimporten hätten. Das verwunderte auch die Grünen-Abgeordnete Joëlle Welfring, da das ILR immerhin den Markt kontrollieren sollte. Das Wirtschaftsministerium wiederum verwies auf eine Tabelle der staatlichen Statistikbehörde Statec. Dort heißt es, Luxemburg habe 2023 null Prozent Gas aus Russland importiert – dafür aber über 27 Prozent Flüssiggas aus Belgien zum Beispiel.

Das Problem: Belgien verfügt über keine eigenen Gasvorkommen. Das dort importierte Flüssiggas stammt unter anderem aus Russland und wird dann weiterverkauft. Auf die konkrete Frage nach dem Herkunftsland des Gases reagierte das Wirtschaftsministerium erneut mit einem Verweis, man solle sich an Statec wenden.

Der Eindruck drängt sich auf, dass es den Staat nicht sonderlich interessiert, woher das Gas tatsächlich stammt, solange es kein traditionelles Pipeline-Gas aus Russland ist, sondern in Flüssiggas umgewandelt wurde. Zwei Tage nach Veröffentlichung des Tageblatt-Artikels und auf erneute Nachfrage teilte das Wirtschaftsministerium lediglich mit, dass Statec nur das Land erfasse, aus dem das Gas direkt über die Grenze fließt. Wer den tatsächlichen Ursprung erfahren wolle, müsse sich die belgischen Statistiken ansehen.

Am Ende bleibt das ungute Gefühl eines bequemen Etikettenschwindels, auf welchen nicht zuletzt Greenpeace Belgien bereits hinwies, und eines Ministeriums, das sich hinter fragwürdigen Tabellen versteckt, statt die Realität beim Namen zu nennen. Ob aus Unwissenheit oder Kalkül, beides ist gleich bedenklich.

Denn wer glaubt, das Problem sei gelöst, sobald das Gas über Belgien statt direkt aus Russland kommt, der macht sich etwas vor. So wie jene, die meinen, Avocados kämen aus dem Supermarkt – und weil die Verkäufer dort einen Kollektivvertrag haben, könne entlang der gesamten Lieferkette schon nichts Schmutziges mehr passieren.

Grober J-P.
30. Oktober 2025 - 9.15

"dafür aber über 27 Prozent Flüssiggas aus Belgien zum Beispiel." H. Schleimer dann aber schnell ab nach Brüssel, will unbedingt wissen woher das Gas.
Man kann das auch bestimmt analysieren lassen auf Herkunft u.a. die DNA des Gases?