26. Oktober 2025 - 11.14 Uhr
Kommunalpolitik „Über den Kirchturm hinausdenken und lokal handeln“: Die Stauseegemeinde strebt Fusion an
Kahl sind die Wände in dem Büro mit der großflächigen Holzvertäfelung aus regionalen Holzsorten. „Gedämmt mit Schafwolle, gut für das Raumklima“, sagt Koeune nicht ohne Stolz. „Nachhaltig“ und „regional denken“ sind Begriffe, die er häufig verwendet. Deren Bedeutung sind ihm genauso wichtig wie das persönliche Gespräch mit einem seiner sechs Mitarbeiter in der Verwaltung.

Die wenigen persönlichen Dinge, die die noch leeren Regale schmücken, fallen dafür umso mehr auf: ein Gemälde von Rolly Arendt, einer regionalen Künstlerin, und das Geschenk der für den Bau verantwortlichen Architekten aus Holz. Dazwischen fällt ein rotes Radio auf. Der Bürgermeister mag es, über den Arbeitstag hinweg per öffentlich-rechtlichem Sender über das Geschehen im Land informiert zu sein.
Ein Radio und seine Bedeutung
Wahlweise hilft ihm gedämpft laufende klassische Musik dabei, die Dossiers zu bearbeiten. Das Rot ist mehr ein Zufall – auch wenn die Farbe zu den politischen Überzeugungen seines Bürgermeister- Kollegen Jeff Gangler aus Bauschleiden passt. Mit ihm hat er zukünftig öfter zu tun. Eine Fusion der beiden Gemeinden steht in Aussicht. Neben seinem politischen Mandat als Bürgermeister kooperiert der Biolandwirt mit einem Reiterhof, erzeugt Heu und stellt Weideflächen für die Tiere.

Auf weiteren 40 Hektar baut er hauptsächlich Bioweizen, Dinkel, Hafer und Braugerste an. Zu mehr kommt er nicht, seit er die Gemeinde regiert. Koeune ist außerdem Präsident der landwirtschaftlichen Kooperation Obersauer (LAKU) mit 100 aktiven Mitgliedern und wirbt für aktiven Wasserschutz. Unter „nachhaltig“ fallen die Mitgliedschaft der Gemeinde im Naturpark Obersauer, im Klima- und Naturpakt und die ressourcenschonenden Materialien, mit denen das Rathaus gebaut wurde.
Unter „regional denken“ fällt für ihn die alte Idee einer Fusion mit den Nachbargemeinden Bauschleiden und Winseler – zumal die drei Gemeinden seit über 30 Jahren eine interkommunale Grundschule in Harlingen mit „Maison relais“ und Sporteinrichtungen betreiben. Doch die Kollegen aus Winseler sind momentan nicht bereit, diesen Schritt mitzugehen.
Fusion wird zeitnah sondiert
Die etwaigen Vorteile einer Fusion, die ab November in Sondierungsgesprächen mit dem Schöffenkollegium aus Bauschleiden herausgearbeitet werden, klingen wie die aus anderen Gemeinden, die diesen Weg gegangen sind: ein „Geldbonbon“ vom Staat, das Handlungsfreiheit und Autonomie sichert und mit einem Plus an Personal zeitgemäßere Bürgerdienste, die kleine Kommunen oftmals nur schwer leisten können. Die Stauseegemeinde hat aktuell etwa 2.300 Einwohner.
Mit Bauschleiden würde sie auf rund 3.800 Einwohner anwachsen und ins Proporzsystem rutschen. Abgesehen vom „Bonbon“ sähe die zukünftige Dotation vom Staat bei einer Fusion auch gleich ganz anders aus. Sie ist unter anderem an die Zahl der Einwohner geknüpft. Momentan kommen für die Stauseegemeinde rund zwölf Millionen Euro jährlich aus der Staatskasse und das Wachstum der Gemeinde stotterte zuletzt.
Bauland und „Centre médical“
Von den 29 Grundstücken in der Ortschaft Nothum sind erst fünf verkauft und nach Rathausangaben weitere unter Kaufvertrag. Am Kaufpreis liegt es nicht. 38.000 Euro pro Ar sind landesweit vergleichsweise günstig. Koeune macht dafür die unsichere Wirtschafts- und Weltlage sowie die daraus entstandene Zins- und Kreditvergabepolitik der Banken verantwortlich. Trotzdem will er spüren, dass sich die Zurückhaltung Interessierter gerade ändert – zumal er daran arbeitet, Wohnen, Freizeit- und Arbeit enger zusammenzurücken.
Am Schumannseck soll in Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden zeitnah eine regionale Wirtschaftszone entstehen und auch in der Gesundheitsversorgung geht es vorwärts. Viele Gemeinden im Norden nehmen das selbst in die Hand, Vianden ist das jüngste Beispiel. In der Ortschaft Nothum entsteht gerade ein „Centre médical“ mit vier Praxen für Generalisten und weiterem Platz für Fachärzte, einer Apotheke und Laboreinrichtungen. Mit rund acht Millionen Euro wird es die Gemeindekasse belasten und soll im Herbst/Winter 2026 in Betrieb gehen.

„Centres médicaux“ sind kommunale Projekte, weswegen vom Gesundheitsministerium derzeit keine finanzielle Unterstützung in Sicht ist. „Wir wollen hier keine Luftschlösser bauen“, verteidigt Koeune die Ausgaben, die aktuell zu einer knappen Verschuldung geführt haben. Ein neuer Kredit steht ebenfalls vor der Tür, obwohl die Gemeinde immer darauf achtet, einen Bonus zu erwirtschaften.
„Wir müssen viel vorfinanzieren“, sagt Koeune und lässt keinen Zweifel daran, dass er in naher Zukunft noch etwas für den naturnahen Tourismus tun will. Er hat ein „Erlebniszentrum“ rund um das Thema Wasser vor Augen. Es soll pädagogische, wissenschaftliche und Freizeitangebote unter einem Dach vereinen, denn: „Wasser verbindet“, sagt er und bleibt damit seinem Motto treu: „Man muss über den Kirchturm hinausdenken und lokal handeln.“
Touristische Angebote in der Gemeinde
– der zehn Kilometer lange Rundwanderweg „Éislek Pad“ in Böwen, der am Stausee entlangführt;
– die Mountainbikestrecke Bavigne – Boulaide;
– der Erinnerungstourismus: Gerade in den Ardennen tobte der Zweite Weltkrieg besonders heftig, der kürzlich eingeweihte Erinnerungspfad „Noutem 22/45“ steht in diesem Zusammenhang, oder der öffentlich zugängliche Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg am Aussichtspunkt Runtschelt in Kaundorf. Die Stauseegemeinde liegt außerdem an der „Liberation Route Europe“, die auf den Spuren der Alliierten im Zweiten Weltkrieg quer durch Luxemburg – von den Ardennen bis zur Mosel – führt.
De Maart

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