Donnerstag23. Oktober 2025

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RadsportDer Kampf um die Zukunft: Arno Wallenborn ist auf der Suche nach einem neuen Vertrag 

Radsport / Der Kampf um die Zukunft: Arno Wallenborn ist auf der Suche nach einem neuen Vertrag 
Arno Wallenborns Vertrag wurde nach einem Jahr bei der U23 von Tudor nicht mehr verlängert Foto: Editpress/Gerry Schmit

Arno Wallenborn hat seine erste Saison bei einem Continental-Team hinter sich gebracht. Beim U23-Team von Tudor zeigte er über das ganze Jahr hinweg solide Leistungen, auch wenn ein richtig großes Ausrufezeichen ausblieb. Sein ursprünglich zugesagtes Vertragsverlängerungsangebot wurde zurückgezogen – und so befindet sich der 22-Jährige nun auf der Suche nach einem neuen Team.

Erst Anfang der Woche kehrte Arno Wallenborn nach Hause zurück. In Italien hatte er zuvor einen Block von drei Rennen innerhalb einer Woche mit den Tudor-Profis absolviert. Der 22-Jährige erledigte seine Helferaufgaben für Marc Hirschi und Co., beendete die Rennen zweimal auf Platz 83 und einmal auf Platz 87 – und konnte sich danach in die Off-Season verabschieden. Doch richtig entspannen kann er nicht: Sein Vertrag beim U23-Team von Tudor wurde nicht verlängert, und nun befindet er sich auf Mannschaftssuche.

„Es wäre sicherlich angenehmer, die Off-Season zu genießen, wenn man wüsste, wie die Zukunft aussieht“, sagt Wallenborn. „Das Ziel ist trotzdem, die Zeit zu genießen und abzuschalten – auch wenn ich mehr Telefonate führen muss, als mir lieb ist. Ich muss ständig schauen, was möglich ist.“ Die Situation ist besonders schwierig: Das WorldTour-Team Arkea-B&B Hotels sowie das ProTeam Wagner Bazin WB haben sich aufgelöst. So kommt es, dass am Mittwochabend noch 95 Radsportler vertragslos waren, die 2025 noch Teil eines WorldTour-Teams waren – darunter große Namen wie Ex-Weltmeister Michal Kwiatkowski, Giro-Sieger Richard Carapaz oder der vierfache Tour-Etappensieger Michael Matthews. Auch Michel Ries sucht noch einen Vertrag.

Tour de l’Avenir schlecht vorbereitet

Für Fahrer wie Wallenborn wird es dadurch besonders schwer, ein neues Team zu finden. „Es wird sehr schwer, einen Vertrag zu bekommen“, blickt er voraus. „Ich kann leider nicht viel ändern. Im Radsport ist es hart. Ich vergleiche es oft mit dem 100-Meter-Sprint in der Leichtathletik: Da hast du immer eine Referenzzeit, die du vorweisen kannst. Im Radsport spielen viele Faktoren eine Rolle, es gibt kein klares Kriterium, an dem man sich orientieren kann.“ Wallenborn wird im nächsten April 23 Jahre alt und ist somit kein Espoir mehr. In einem Sport, in dem Talente immer früher unter Vertrag genommen werden, wird es für Elite-Fahrer zunehmend schwieriger, Verträge zu finden.

Doch Wallenborn ist ein Beispiel für einen Radsportler, der spät mit seiner Entwicklung begann. Erst Anfang 2024 kam er richtig in Schwung und zeigt seitdem kontinuierliche Fortschritte. Im vergangenen Jahr machte er mit Platz drei im Gesamtklassement des Orlen Nations Cup in Polen auf sich aufmerksam und unterschrieb daraufhin beim Tudor-U23-Team. In diesem Jahr absolvierte er eine solide Saison, auch wenn ein großes persönliches Ergebnis ausblieb.

Ich kann noch Fortschritte machen. Es wäre schade, meinen persönlichen Peak nicht zu erreichen.

Arno Wallenborn

Sein erstes großes Ziel in diesem Jahr war der Baby-Giro im Juni, den er auf Platz 39 beendete. Auf Etappe 5 wurde er Vierter. „Es war durchwachsen. Der vierte Platz war gut, aber für die Gesamtwertung hat etwas gefehlt. Am Schlusswochenende bin ich gestürzt, und auch die Taktik der Mannschaft hat mir nicht besonders in die Karten gespielt.“ Bei der folgenden Tour de l’Avenir wurde er 22. „Die Vorbereitung war ein Reinfall. Das Trainingslager in der Schweiz war schlecht geplant: Eine Woche bei 15 Grad und Regen, danach Rennen bei 35 Grad – das war schwer zu verkraften. Ich war nicht gut vorbereitet und auch nicht selbstbewusst genug.“ Trotzdem lag Wallenborn bis zum letzten Tag in den Top Ten, verlor dann aber Zeit auf einer 41,9 Kilometer langen Bergetappe hinauf zu La Rosière und bei einem anspruchsvollen Zeitfahren. „Am Schlusstag konnte ich meine Leistung nicht abrufen. Ich war angeschlagen, wahrscheinlich wurden im Training zu viele Reize gesetzt. Das zog sich irgendwie durch die ganze Saison.“

Zurückgezogenes Vertragsangebot

Mit der Tour de Luxembourg stand noch einmal ein Höhepunkt an, den Wallenborn als 16. beendete. „Viele gestandene Profis hätten einen 16. Platz hier gerne genommen“, sagt Wallenborn, der auch bei der Königsetappe hinauf zum Schloss Vianden als 15. überzeugte.

Insgesamt war es ein wichtiges Jahr für Wallenborn. Der Escher sammelte auch Rennpraxis in der Profimannschaft. „Ich bin mit Fahrern wie Larry Warbasse gefahren. Er übernahm die Mentorenrolle im Team, und ich konnte von ihm lernen. Im Devo-Team wiederum hatte ich die meiste internationale Erfahrung und übernahm dort selbst eine Art Mentorenrolle. Am Ende war ich auch Teil des Teams bei der Tour of the Alps, die Michael Storer gewann. Er war dankbar für meine Leistung – das war ein schönes Erlebnis.“

Leider wurde meine Leistung vom Team nicht ausreichend anerkannt, sodass ich jetzt bei null stehe

Arno Wallenborn

Eigentlich hätte Wallenborn aufgrund dieser Leistungen bei Tudor-U23 verlängern sollen. Doch dann kam es anders. „Ich hatte das Angebot für ein weiteres Jahr, das wollte ich auch annehmen. Aber kurz vor der Tour de Luxembourg zog das Team das Angebot zurück.“ So steht Wallenborn nach einer soliden Saison ohne Vertrag da. „Leider wurde meine Leistung vom Team nicht ausreichend anerkannt, sodass ich jetzt bei null stehe. Hinter meiner Zukunft steht ein großes Fragezeichen. Ich bekomme Unterstützung von Jempy (Drucker) und Fränk (Schleck), aber auch deren Kontakte sind begrenzt.“

Bleibt die Hoffnung, dass Wallenborns Potenzial gesehen wird – und dass es ein Team gibt, das Radsportlern die Chance gibt, sich auch später zu entwickeln. Wallenborn weiß: „Ich kann noch Fortschritte machen. Es wäre schade, meinen persönlichen Peak nicht zu erreichen.“