Donnerstag23. Oktober 2025

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VideoüberwachungNeues „Visupol“-Gesetz kommt in die Chamber: Opposition kritisiert übereilten Prozess

Videoüberwachung / Neues „Visupol“-Gesetz kommt in die Chamber: Opposition kritisiert übereilten Prozess
Das neue Gesetz zur Videoüberwachung wird in naher Zukunft im Parlament zur Abstimmung kommen Foto: Editpress/Julien Garroy

Trotz kritischer Gutachten der Staatsanwaltschaft und der konsultativen Menschenrechtskommission (CCDH) schickt die Kommission für innere Angelegenheiten den Entwurf zum neuen „Visupol“-Gesetz zur Abstimmung ins Parlament. Die Opposition kritisiert einen übereilten Prozess.

Zum vorerst letzten Mal steht an diesem Mittwochnachmittag das neue Gesetz zur Videoüberwachung auf der Tagesordnung der Chamber-Kommission für innere Angelegenheiten. Seit 2021 regelt das sogenannte „Visupol-Gesetz“, wo und unter welchen Voraussetzungen in der luxemburgischen Öffentlichkeit Überwachungskameras aufgehängt werden dürfen. Die Analyse- und Genehmigungsprozesse dahinter sind jedoch relativ zeitintensiv und langwierig. Weshalb Innenminister Léon Gloden eine Gesetzesänderung anstrebt, um die Prozeduren für öffentliche Videoüberwachung zu vereinfachen. Die wichtigsten Neuerungen: Bürgermeister sollen ein Initiativrecht bekommen, um bei der Polizei eine Analyse beantragen zu können, ob an bestimmten Orten eine Videoüberwachung möglich ist. Außerdem sollen Verkehrsknotenpunkte („pôles d’échange“) automatisch als gefährliche Orte mit besonderem Risiko für Straftaten definiert werden. Das bedeutet: Wenn dort in Zukunft Kameras installiert werden sollen, muss nicht mehr vorab nachgewiesen werden, dass es keine anderen Mittel zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten gibt als die Überwachung mit einer Kamera.

Nachdem der Staatsrat Ungenauigkeiten im Text kritisiert hatte, u.a. bei der Definition von Verkehrsknotenpunkten, wurde das Gesetz im Sommer noch einmal überarbeitet. Das Ausnahmeverfahren für öffentliche Parks wurde gestrichen, ebenso die automatischen Verlängerungen genehmigter Kameras. Der Staatsrat zeigte sich mit den Änderungen zufrieden und zog seinen Einspruch zurück. Für Innenminister Gloden ist in der Kommissionssitzung an diesem Mittwochnachmittag deshalb alles geklärt. Es brauche eine vereinfachte und verbesserte Videoüberwachung, so der Innenminister. „Wir brauchen das Gesetz, die Gemeinden wollen das Gesetz.“

Gefahr von Unverhältnismäßigkeit

Vertreter der Opposition fordern jedoch mehr Zeit. Vize-Kommissionspräsident Dan Biancalana (LSAP) stellt den Antrag, die konsultative Menschenrechtskommission (CCDH) sowie die Staatsanwaltschaft des Bezirksgerichts Luxemburg in die Kommission zu laden, bevor das Gesetz zur Abstimmung ans Parlament weitergereicht wird. Sowohl die CCDH als auch die Staatsanwaltschaft haben in ihren Gutachten Kritik am Gesetzestext geäußert. Beide Institutionen kommt im Zulassungsprozess für Kameras eine wichtige Rolle zu und beide beklagen, dass die im Gesetz vorgesehene Frist von einem Monat bei der Begutachtung nicht ausreichend sei.

Die Staatsanwaltschaft des Bezirksgerichts Luxemburg kritisiert außerdem das neue Vorschlagsrecht der Bürgermeister: „Dieser Mechanismus könnte instrumentalisiert werden, um auf lokalen oder wahlpolitischen Druck zu reagieren, der die Videoüberwachung begünstigt, und zwar nicht auf der Grundlage objektiver Daten, sondern aufgrund einer politischen oder sozialen Wahrnehmung der Gefahr“, heißt es in dem Text. Es müsse ein „klarer Rahmen“ geschaffen werden, um „subjektive Auswüchse“ zu vermeiden. Ebenfalls kritisch sieht die Staatsanwaltschaft die Tatsache, dass für bestimmte Orte automatisch davon ausgegangen werde, „dass die beiden wesentlichen Voraussetzungen, nämlich die Unwirksamkeit anderer Mittel und die besondere Gefährlichkeit, erfüllt sind“. Es handele sich dabei um „eine unwiderlegbare Vermutung, die nicht diskutiert oder überprüft werden kann“. Es bestehe die Gefahr von Unverhältnismäßigkeit und allgemeiner Überwachung. Für die Menschenrechtskommission, der in den neuen Prozessen eine zentrale Rolle bei den Genehmigungen zukommt, gibt es noch viele ungeklärte Fragen bezüglich des Personals und der Ressourcen, die ihnen für diese neuen Aufgaben zur Verfügung stehen. Von Ministeriumsseite heißt es, diese Fragen sollten mit der Installation der Kommission in der Chamber geklärt werden.

Der Grünen-Abgeordnete Meris Sehovic unterstützt in der Sitzung das Anliegen der bürokratischen Vereinfachung, dieses aber dürfe nicht auf Kosten der Grundrechte gehen. Auch er plädiert dafür, CCDH und Staatsanwaltschaft vor der Abstimmung einzuladen. „Wir befinden uns in einem Bereich, der sehr sensibel ist für die Grundrechte der Bürger.“ Dafür müsse man sich mehr Zeit lassen.

Zeit, die es für das neue „Visupol“-Gesetz nicht mehr gibt. Mit neun Nein-Stimmen zu fünf Ja-Stimmen wird der Antrag von Biancalana und Sehovic abgelehnt. Kommissionspräsidentin Stéphanie Weydert (CSV) schlägt vor, die betreffenden Institutionen nach einer Periode der Evaluation nach dem Inkrafttreten des Gesetzes in die Kommission einzuladen. Mit neun Stimmen der Mehrheit wird der Bericht zum „Visupol“-Gesetz an diesem Tag angenommen, nun wird es im Parlament zu einer Debatte samt Abstimmung kommen.