In Contern drohen weitere Monate des politischen Stillstands. Ob dieser vermeidbar gewesen wäre, darüber lässt sich streiten. Klar ist aber: Den Politikern geht es weitaus mehr um Posten, als sie selbst gerne betonen.
Das Bekanntwerden einer Mobbingaffäre hat in Contern eine handfeste politische Krise ausgelöst. Im Zentrum stehen Vorwürfe gegen Bürgermeisterin Marion Zovilé-Braquet (CSV). Ein* entlassener Mitarbeiter klagte erfolgreich gegen die Kündigung, doch ein Großteil des Personals lehnt seine Rückkehr ab. In der Gemeinderatssitzung im Juli erreichte die Affäre ihren vorläufigen Höhe- oder Tiefpunkt: Die LSAP-Politikerin Stéphanie Ansay trat aus dem Schöffenrat zurück. Damit war die CSV-LSAP-Koalition am Ende.
Seitdem sind die politischen Spannungen groß. Bürgermeisterin Zovilé-Braquet räumt ein, dass die Gemeindearbeit sich seit Monaten auf das „daily business“ beschränkt – und daran dürfte sich in nächster Zeit wenig ändern. Wie es Politiker gewohnt sind zu betonen, erklärte auch die Bürgermeisterin, es gehe ihr ausschließlich um die Bürgerinnen, Bürger und Gemeindemitarbeiter – nicht um einen Posten. Ähnliche Aussagen kommen auch aus den anderen Parteien. Doch das Verhalten der Lokalpolitiker deutet klar auf eine andere Motivation hin: Es geht sehr wohl um Posten.
Und das ist im Grunde auch logisch. Würde es nicht um politische Gestaltungsmöglichkeiten gehen, könnte man die Verantwortlichen kaum ernst nehmen. Schließlich tritt niemand zu einer Wahl an, ohne gestalten zu wollen. Auf Gemeindeebene gelingt das nun einmal am besten aus dem Schöffenrat heraus. Entsprechend versucht derzeit jede Partei, sich diese Position zu sichern. Während die CSV eine neue Koalition mit der DP anstrebt, sondieren die Liberalen auch mit LSAP und „déi gréng“. Contern hatte nach den Kommunalwahlen von 2011 unter DP-Bürgermeister Jean-Marie Mangen die erste Gambia-Koalition des Landes. Auf nationaler Ebene gibt es Stimmen in der DP, die meinen, die Partei habe im Dreierbündnis mehr Profil gezeigt als heute im Bündnis mit der CSV. Die Liberalen wollen jedenfalls vermeiden, bei den nächsten Nationalwahlen noch einmal als Juniorpartner der Christsozialen abgestraft zu werden. Eine gewisse Skepsis oder Vorsicht gegenüber der CSV gibt es in DP-Kreisen allemal. Ob diese Überlegungen in Contern eine Rolle spielen, sei dahingestellt. Klar ist: Alle Parteien scheinen Neuwahlen vermeiden zu wollen.
Wahrscheinlicher ist, dass Contern erst Ende des Jahres aus der Blockade herauskommt – dann nämlich, wenn der Haushalt nicht verabschiedet wird. Bis dahin bleibt es beim Stillstand. Hört man den Politikern zu, könnte man meinen, es gebe keine Alternative, als bis zum Budget im Dezember zu warten. Damit wären wir wieder bei der beliebten Politikerfloskel, wonach es doch nur um das Wohl der Bürgerinnen und Bürger gehe. Wäre das wirklich so, hätte man sich nicht zwei Monate in die Sommerpause verabschiedet und die Gemeinderatssitzung von September auf Oktober verschoben. Hätte sich der Gemeinderat nach dem Eklat im Juli zusammengesetzt und gemeinsam das „Wohl der Einwohner“ in den Vordergrund gestellt, wären Neuwahlen beschlossen worden. Diese hätten spätestens im Oktober stattfinden können. Bis Ende des Jahres hätte dann eine neue Koalition stehen können – und die Bürgerinnen und Bürger hätten nach der ganzen Affäre selbst entscheiden können, was sie für ihr eigenes Wohl halten.
* In einer ersten Version stand es würde sich um zwei Mitarbeiter handeln, doch es handelte sich um einen Mitarbeiter.
De Maart

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