Das „Comité permanent du travail et de l’emploi“ wird den Sozialdialog in Luxemburg nicht wiederbeleben können. Die Gewerkschaftsunion aus OGBL und LCGB hat nach Konsultation ihrer Organe entschieden, das CPTE in Zukunft zu meiden. „Wir wollen nicht mehr als Alibi für Verschlechterungen dienen“, erklärte OGBL-Präsidentin Nora Back den Schritt der Arbeitnehmervertreter. Aus Sicht der Gewerkschaften ein konsequenter Schritt aus den vergangenen Monaten. „Wir hatten bereits vor dem 9. Juli entschieden, nicht mehr am CPTE teilzunehmen, weil wir mit der Methode Frieden nicht einverstanden waren. Daran hat sich nach dem Ende der Sozialrunde in der vergangenen Woche nichts geändert.“
Premierminister Luc Frieden (CSV) hatte die Sozialpartner am 3. September zum dritten Verhandlungstag der Sozialrunde einberufen. An einer Kompromisslösung aber sei der Premier bereits direkt zu Beginn der Sitzung nicht interessiert gewesen, sodass am Ende die Regierung entschieden habe, die Verhandlungsrunde zu beenden. Frieden hoffte, noch offene Divergenzen im Bereich der Arbeitszeitorganisation im CPTE ausdiskutieren zu lassen und den Sozialdialog somit auch auf institutioneller Ebene wiederherzustellen. Dafür stellte Frieden seinem Parteikollegen und Arbeitsminister Georges Mischo (CSV), der den Sozialkonflikt vor einem Jahr überhaupt erst lostrat, Wirtschaftsminister Lex Delles (DP) an die Seite. Letzterer sollte wohl als vertrauenerweckende Maßnahme Richtung Gewerkschaften dienen.
Keine Einigung, kein CPTE
Ein Kalkül, das nicht aufging. Mit einem Rückzieher bei den Ladenöffnungszeiten nach der Sommerpause war auch das Vertrauen der Gewerkschaften in den zuständigen Ressortminister Delles angeknackst. Diese waren sich dem Vernehmen nach mit dem Wirtschaftsminister noch vor der Sommerpause im Juli in den meisten Punkten einig geworden. „Wir haben uns in der Sozialrunde bereit erklärt, wieder am CPTE teilzunehmen, wenn es zu einer Einigung kommt und wieder ‚Rou am System‘ ist“, sagte Nora Back. „Es hat keine Einigung gegeben, deswegen können wir auch nicht ins CPTE. Das sind wir den 25.000 Protestierenden (von der nationalen Demo am 28. Juni; Anm. d. Red.) schuldig.“
Eine Politik des leeren Stuhles wollen die Gewerkschaften jedoch nicht betreiben. In bilateralen Treffen mit der Regierung werde man die zahlreichen Vorschläge und „Pisten“, die man beispielsweise zur Arbeitszeitreform habe, vorlegen. Die Regierung solle dann ihre Verantwortung übernehmen und ihre Schlussfolgerungen ziehen – ohne sich hinter Verhandlungen und Diskussionsrunden mit den Gewerkschaften zu verstecken. Ein Beispiel, das nicht ohne Grund genannt wurde: Seitens der Patronatsvertreter seien kürzere Ruhezeiten, eine 52-Stunden-Woche sowie kürzere Mindestruhezeiten zwischen zwei Arbeitstagen gefordert worden. Auch sei die Idee einer generalisierten einjährigen Referenzperiode vorgebracht worden. Etwas, das derzeit nur im Rahmen einer Kollektivvertragsvereinbarung möglich ist.
Wir stellen uns auch darauf ein, dass wir die nächsten drei Jahre vermehrt auf der Straße sind, weil wir dahin gedrängt werden. Jetzt noch mehr, als wir es in letzter Zeit gemacht haben.
Öffentlichkeitsarbeit
Über die gewerkschaftlichen Ideen wird die Gewerkschaftsunion in Zukunft sowohl die Parteien und Fraktionen als auch die große Öffentlichkeit in Kenntnis setzen. „Wir stellen uns auch darauf ein, dass wir die nächsten drei Jahre vermehrt auf der Straße sind, weil wir dahin gedrängt werden“, sagte Back. „Jetzt noch mehr, als wir es in letzter Zeit gemacht haben.“
„Die Gewerkschaften übernehmen somit ihre Verantwortung und reagieren auf die Politik der Regierung“, sagte auch LCGB-Präsident Patrick Dury. Wenn der Premierminister den Regierungsstil des französischen Präsidenten Emmanuel Macron bewundere und in Luxemburg durchsetzen wolle, würden die Gewerkschaften halt entsprechend reagieren. „Unser Land, egal ob Einwohner oder Grenzgänger, eine starke und geeinte Gewerkschaftsbewegung.“ Bedeutet konkret: „Ein Datum für eine neue Großdemonstration werden wir heute nicht nennen“, sagte Back. „Wenn die Regierung jetzt aber ihr Gesetzesprojekt zu den Ladenöffnungszeiten in der Chamber vorlegt, werden wir mit gewerkschaftlichen Aktionen antworten.“
An den anstehenden Quadripartite-Gesprächen wollen die Gewerkschaften jedoch teilnehmen. Aber mit einer klaren Forderung: „Wenn wir dort die gleiche Farce wie vergangene Woche mitmachen, werden wir auch dort unsere Konsequenzen ziehen.“ Weitere Leistungsverschlechterungen und Mehrbelastung für die Versicherten kommen für die Gewerkschaften jedenfalls nicht infrage.
„Traurige“ und „logische“ Konsequenz
Die Grünen-Abgeordnete Djuna Bernard sprach auf Tageblatt-Anfrage von einer „traurigen Konsequenz“ der Sozialrunde. „Die Regierung hat es nicht geschafft, eine vertrauensbildende Maßnahme herzuleiten“, sagte Bernard. „Das ist die nächste Eskalationsstufe.“ Die Grünen haben am Donnerstagnachmittag eine Dringlichkeitssitzung der Arbeitskommission in der Chamber angefragt – im Beisein von Premierminister Luc Frieden, zusammen mit seinem Arbeitsminister Georges Mischo. „Es kommt nicht überraschend, weil die Regierung in der vergangenen Woche den Ernst der Lage nicht erkannt hat.“
Der CSV-Fraktionsvorsitzende Marc Spautz reagierte am Donnerstagnachmittag auf Facebook auf die Ankündigungen der Gewerkschaften. „Ich wünsche mir, dass durch die bilateralen Gespräche die Möglichkeit besteht, wieder Vertrauen zwischen den Partnern aufzubauen. Nur so können wir zurück zum Luxemburger Modell finden, das uns über Jahrzehnte durch viele Krisen und Veränderungen geführt hat“, teilte der CSV-Politiker mit. „Ich habe immer geglaubt, dass der Sozialdialog in den verschiedenen Gremien, wenn auch konfliktgeladen, der richtige Weg ist, gemeinsame Lösungen zu finden.“
„déi Lénk“ solidarisierte sich auf Tageblatt-Nachfrage mit der Gewerkschaftsunion. „Die Regierung ist kein verantwortungsvoller und verlässlicher Vermittler mehr“, so „déi Lénk“. Eigentlich habe die Regierung mit ihrer bisherigen Haltung bereits Farbe bekannt und dränge zusammen mit dem Patronat auf Flexibilisierungen auf Kosten der Arbeitnehmer. „Diese Entscheidung wird ohnehin den Wünschen der Arbeitgeberseite und den Vorstellungen des CEO Luc Frieden entsprechen.“
Der Piraten-Abgeordnete Sven Clement sieht die Reaktion der Gewerkschaften als „logische Konsequenz auf das Diktat der Regierung“. Der Mehrwert des CPTE sei somit nicht mehr gegeben, wenn keine Arbeitnehmervertreter teilnehmen würden. „Der einzige Weg aus dieser Krise wäre ein ‚richtiger Sozialdialog‘“, meinte Clement. „Und zwar so lange, bis wir Kompromisse zustande bringen.“ Das sei aber nicht die Art des CEO Luc Friedens.
Sowohl Luc Frieden als auch dessen Arbeitsminister Georges Mischo waren am Donnerstagnachmittag nicht für eine Reaktion auf die Ankündigungen der Gewerkschaftsunion zu erreichen. Der Regierungsrat wird am Freitag zusammentreten.

De Maart

Das ist ein Schuss vor dem Bug des Regierungsschiffes, hoffen wir, dass der CEO das begriffen hat und das Regierungsschiff in ruhigerer Gewässer hinsteuern tut.
"Sowohl Luc Frieden als auch dessen Arbeitsminister Georges Mischo waren am Donnerstagnachmittag nicht für eine Reaktion auf die Ankündigungen der Gewerkschaftsunion zu erreichen."
Damit waere wohl so gut wie Alles gesagt...
Auf jeden Fall hier, die einzig richtige u. logische Entscheidung seitens der Gewerkschaften um eine weitere Instrumentalisierung durch die Regierung zu vermeiden. Wenn der CEO so weiter macht haben wir bald franzoesische Verhaeltnisse.