Mittwoch5. November 2025

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FlughafenKein neuer Kontrollturm für Findel: Ministerin setzt auf „Remote Tower“ – Fluglotsen stellen sich dagegen

Flughafen / Kein neuer Kontrollturm für Findel: Ministerin setzt auf „Remote Tower“ – Fluglotsen stellen sich dagegen
Der aktuelle Kontrollturm, im Jahr 1993 erstmals in Betrieb gegangen, muss erneuert werden Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Kein neuer Kontrollturm für den Flughafen: Weil die Gemeinde Sandweiler interveniert, will die Regierung nun einen virtuellen Tower einrichten. Mobilitätsministerin Backes hält die neue Technologie für sicherer und effizienter. Die Gewerkschaft der Fluglotsen widerspricht.

Auf dem Flughafen Findel wird kein neuer Kontrollturm gebaut werden. Das geht aus der Antwort auf eine parlamentarische Frage hervor, die Ministerin Yuriko Backes (DP) am Montag beantwortet hat. Der Regierungsrat habe beschlossen, „das Projekt zum Bau eines sogenannten ‚klassischen‘ Kontrollturms (…) aufzugeben“, heißt es in dem Text. Ursprünglich hatten der Regierungsrat der Vorgängerregierung und die Chamber 2018 Investitionen in einen neuen Tower bewilligt. In den vergangenen sieben Jahren konnte jedoch kein geeigneter Standort für einen neuen Turm auf dem Flughafengelände gefunden werden, so die Begründung zur Absage des Projekts aus dem Mobilitätsministerium. Der einzig infrage kommende Standort sei südlich der Piste, östlich des Cargolux-Hangars, auf dem Teil des Flughafengeländes, das an die Gemeinde Sandweiler grenzt.

Sieht keine Möglichkeit für einen neuen Kontrollturm: Mobilitätsministerin Yuriko Backes
Sieht keine Möglichkeit für einen neuen Kontrollturm: Mobilitätsministerin Yuriko Backes Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Einen Ort, den auch die Gewerkschaft der Fluglotsen (GLCCA) favorisiert. Ministerin Backes führt in ihrer Antwort an die Parlamentarier aus, warum an diesem Ort kein neuer Kontrollturm gebaut werden kann: „Der schließlich ausgewählte Standort, der sich etwa 15 m unterhalb des höchsten Punktes der Piste befindet, erfordert einen Turm von beträchtlicher Höhe, was von der Gemeindeverwaltung von Sandweiler nicht genehmigt wurde.“ Die Gewerkschaft zeigt sich enttäuscht über diese Entscheidung. „Sollte diese Stelle nun tatsächlich aufgegeben werden“, sagt GLCCA-Präsident Christian Seidel, „liegt das wohl auch daran, dass die Gemeinde Sandweiler nie umfassend über die Folgen informiert wurde.“ Dazu zähle etwa die Verlegung des „Trainingscircuits“ der Sportflieger von Sandweiler weg in den Norden des Flughafens. Laut Ministerin Backes hätte es zehn Jahre gedauert, bis man den Anforderungen der Gemeinde hätte gerecht werden können und an diesem Standort einen neuen Kontrollturm in Betrieb hätte nehmen können. Zeit, die man nicht hat. Aus dem aktuellen Tower wird seit 1993 gelotst, er muss renoviert werden. Deshalb braucht es eine Alternative.

Digitalisierung der Flugsicherung

Statt eines neuen Turms soll der Flughafen nun einen sogenannten „virtuellen Tower“ bekommen. Backes hat dem Regierungsrat vorgeschlagen, „ein temporäres Flugkontrollzentrum einzurichten, das digitale Technologien nutzt und zunächst als ergänzende Infrastruktur zum derzeitigen Kontrollturm dienen soll“. Dieser „virtuelle Tower“ soll nicht ausgelagert, sondern auf dem Flughafengelände eingerichtet werden und „zu einem noch festzulegenden Zeitpunkt schrittweise die Aufgaben des klassischen Kontrollturms“ übernehmen. Der aktuelle Kontrollturm soll bestehen bleiben und zu einer „hybriden oder dualen Einrichtung“ umgebaut werden.

„Die Digitalisierung der Flugsicherung ist die unverzichtbare Technologie der Zukunft in diesem Bereich“, schreibt Ministerin Backes. Die aktuelle Regierung wolle bei dieser Entwicklung eine Vorreiterrolle einnehmen. Backes beruft sich dabei auf die Initiative „Digital European Sky“ (s. Infobox), um die Effizienz und Sicherheit des Flugverkehrsmanagements zu steigern. Die Gewerkschaft der Fluglotsen sieht die zwingende inhaltliche Verknüpfung von Digitalisierung und einem „virtuellen“ Tower jedoch sehr kritisch. „Virtuelle oder Remote Towers sind nur eine von vielen optionalen Technologien und stellen kein verpflichtendes oder zentrales Element dar“, sagt Vorstandsmitglied Max Fischbach. Ein Flughafen könne vollständig am digitalen Luftraum teilnehmen, ohne einen virtuellen Tower zu betreiben. „Remote Tower sind keine Voraussetzung für die Digitalisierung oder zur Erhöhung der Kapazität am Boden“, so Fischbach. Er zieht zum Vergleich den Flughafen Zürich heran: Dort hat man sich kürzlich gegen die Einführung eines virtuellen Kontrollturms entschieden. „Sie nutzen jedoch umfassende digitale Systeme und behalten weiterhin physische Türme bei wegen ihrer betrieblichen Anforderungen.“

Was ist „Digital European Sky“?

Weil der Luftverkehr in Europa sowohl am Boden als auch in der Luft an die Grenzen seiner Kapazität stößt, hat SESAR Joint Undertaking (eine europäische Partnerschaft zwischen Akteuren des privatwirtschaftlichen und des öffentlichen Sektors mit dem Ziel, das Flugverkehrsmanagement zu modernisieren) die Initiative „Digital European Sky“ ins Leben gerufen. Dieser digitale europäische Luftraum soll die neuesten digitalen Technologien nutzen, um die europäische Luftfahrtinfrastruktur so umzugestalten, dass sie das künftige Wachstum und die Vielfalt des Luftverkehrs sicher und effizient bewältigen kann und gleichzeitig die Auswirkungen auf die Umwelt minimiert werden. Dabei will man auf Automatisierung, sicheren Datenaustausch und eine stärkere grenzüberschreitende Integration setzen.

Haben Bedenken: Gewerkschafter Max Fischbach (l.) und Christian Seidel
Haben Bedenken: Gewerkschafter Max Fischbach (l.) und Christian Seidel Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Im Gespräch mit dem Tageblatt hatten Seidel und Fischbach bereits vergangene Woche große Bedenken an der Umsetzung und Sicherheit eines virtuellen Kontrollturms für den Luxemburger Flughafen geäußert. Findel sei zu groß und die Wege zu komplex, um den Verkehr über einen rein virtuellen Tower zu kontrollieren. In ihrer Antwort auf die parlamentarische Frage bringt die Ministerin einige Gegenbeispiele: Der belgische Flughafen Charleroi werde bald aus der Nähe von Namur ferngesteuert und sei hinsichtlich der registrierten Flugbewegungen mit dem Flughafen Luxemburg vergleichbar (91.673 im Jahr 2024 gegenüber 91.283 in Luxemburg). Für GLCCA-Präsident Seidel funktioniert dieser Vergleich nicht. „Charleroi wird fast ausschließlich von Billigfluggesellschaften wie Ryanair und Wizz Air genutzt, die gezielt kostengünstige Flughäfen ansteuern, was ein möglicher Grund für die Entscheidung zugunsten eines virtuellen Towers sein könnte“, sagt Seidel. Zudem spiele Frachtverkehr am Flughafen Charleroi kaum eine Rolle. Mögliche Ausfälle hätten also weniger gesamtwirtschaftliche Auswirkungen als an stärker integrierten Standorten wie Luxemburg.

Die Luftfahrt ist kein Bereich, in dem Kosteneinsparungen vor Sicherheitsüberlegungen stehen dürfen. Eine adäquat ausgestattete Flugsicherung ist unverzichtbar.

Max Fischbach, Vorstandsmitglied der Fluglotsengewerkschaft

Streitfrage Sicherheit

Für die Ministerin sprechen neben den geringeren Kosten vor allem erhöhte Effizienz und Sicherheit für einen virtuellen Kontrollturm. „Die visuelle Zuverlässigkeit wird durch hochauflösende Kameras entlang der gesamten Landebahn verbessert, während die Sichtkontrolle von einem herkömmlichen Tower aus bei widrigen Wetterbedingungen (wie dem berühmten Nebel am Findel) erheblich beeinträchtigt ist“, so Backes. Die Fluglotsen sehen das anders. Backes äußert sich in diesem Zusammenhang auch zu Cyberangriffen und dem Netzausfall der vergangenen Woche. Laut Ministerin sei die „Betriebssicherheit“ von herkömmlichen und virtuellen Kontrollzentren vergleichbar, „sofern robuste Backup-Systeme vorhanden“ seien. Der Flughafen Luxemburg verfüge über Multi-Provider-Verbindungen und geschlossene Netzwerke, die kritische Infrastrukturen vor Cyberangriffen schützen, so die Ministerin. Während des Angriffs in der vergangenen Woche seien „sowohl der Flughafen als auch die Flugsicherung aufgrund einer Trennung der kritischen Betriebssysteme voll funktionsfähig“ geblieben. „Die Luftfahrt ist kein Bereich, in dem Kosteneinsparungen vor Sicherheitsüberlegungen stehen dürfen. Eine adäquat ausgestattete Flugsicherung ist unverzichtbar“, sagt Fischbach. Neue Technologien und digitale Werkzeuge seien willkommen, doch sollten sie bewährte Infrastrukturen ergänzen, nicht ersetzen.

Finanziert werden könnte der neue virtuelle Tower teilweise auch aus dem Budget des Verteidigungsministeriums. Zwar gehöre die Air Trafic Control zur regulären Infrastruktur eines zivilen Flughafens, einige Anschaffungen, wie beispielsweise Kommunikationsanlagen, die auch militärisch genutzt werden können, ließen sich jedoch auch unter den 3,5 Prozent der direkten Verteidigungsausgaben verbuchen, so die Ministerin. Lösungen, die zur Absicherung der Flugverkehrskontrolle führen, könnten bei den 1,5 Prozent für Sicherheit angerechnet werden, schreibt Backes, „allein schon, weil sie die Resilienz des Flughafens verbessern“.

Wir haben bereits mehrfach Umbauten im bestehenden Tower begleitet, von neuen Konsolen bis zum Bodenradar, und sind bereit, auch weitere Anpassungen mitzutragen, um den Anforderungen des Digital Sky gerecht zu werden

Christian Seidel, GLCCA-Präsident

Für die Gewerkschaft der Fluglotsen bleibt ein virtueller Tower ein No-Go. „Wir lehnen einen Wechsel in einen Remote Tower ab, solange nicht klar ist, dass dies keine dauerhafte Verlagerung ohne Rückkehrmöglichkeit bedeutet. Die Befürchtung, nicht mehr an einen konventionellen Tower als Arbeitsplatz zurückkehren zu können, ist für uns entscheidend.“ Das Vertrauen der Lotsen in das Ministerium ist angeschlagen. Von einem ranghohen Ministeriumsvertreter habe man erfahren, so die Gewerkschafter, dass der aktuelle Tower in etwa zehn Jahren abgerissen werden solle – im Widerspruch zu den Informationen über eine geplante Sanierung.

Im Streit um den Tower scheinen sich die Fronten zu verhärten. Könnte es zum ersten Mal seit mehr als 35 Jahren zum Streik der Fluglotsen auf dem Findel kommen? Man sei bereit, „konstruktiv an alternativen Lösungen mitzuwirken“, sagt GLCCA-Präsident Seidel – etwa bei der Prüfung eines neuen, zukunftsfähigen Tower-Standorts auf dem Flughafengelände. „Wir haben bereits mehrfach Umbauten im bestehenden Tower begleitet, von neuen Konsolen bis zum Bodenradar, und sind bereit, auch weitere Anpassungen mitzutragen, um den Anforderungen des Digital Sky gerecht zu werden“, so Seidel. Falls notwendig auch noch für weitere zehn Jahre im alten Tower.

Pin Mac
1. August 2025 - 7.05

Emmer drun denken......du bass vum Vollek gewiehlt........du ges vum Vollek bezuehlt.....an du solls dem Vollek dengen.

Boing
29. Juli 2025 - 19.57

Déi iwerhiéfléch Madame do gehéiert an d'Spillschoul.

canis-lupus
29. Juli 2025 - 18.23

jo, wann Een esou vu sëch selwer agehol ass, da kënnt ët zu esou engem Resultat..

dën Monni "KI" houët geschwënn d'Soën op der ganzer Welt..
flott, an dann drëckt hiën iirgendwann eng Kéier op dee berühmte Knäppchen..

Nomi
29. Juli 2025 - 10.15

ATC.lu GLCCA
26. Juli 2025 - 19.01
Dieser "interessante" Satz steht auch im Wort Artikel:
"Dies bedeutet, dass die Piste im Einklang mit dem Single European Sky und den Digital European Sky-Vorgaben auf Panoramaschirmen visualisiert wird. Das führt gleichzeitig zu einer optimaleren Steuerung des Flugverkehrsaufkommens und einer digitalen Leitung von Funktionen, die bislang von Hand getätigt wurden."

Dies ist aber so nicht richtig, eine Erklärung, was Digital European Sky eigentlich bedeutet und was es mit Panoramaschirmen auf sich hat, haben wir auf unsere Website mal genau erklärt ;). https://atc.lu/what-is-digital-european-sky/

Wierklech interssanten Link, D'Yuriko huet Naischt verstaan !

Grober J-P.
29. Juli 2025 - 9.36

Achtung Yuriko, bald werden sie auch remoted, der CEO setzt nur noch auf KI!

Reinertz Barriera Manfred
29. Juli 2025 - 6.21

Die Sturheit dieser Ministerin ist bemerkenswert sie setzt sich einfach über die Sicherheitsbedenken der Fluglotsen hinweg...genau wie Luc ,Mischo und Deprez will sie
nicht mit Arbeitnehmern oder deren Vertretern verhandeln....weil sie es besser weiss....und sie entscheidet wo es lang geht!