Donnerstag23. Oktober 2025

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Tour de FranceArensman und Wellens Etappensieger: Pogacar bleibt vorne – Evenepoel steigt aus

Tour de France / Arensman und Wellens Etappensieger: Pogacar bleibt vorne – Evenepoel steigt aus
Thymen Arensman jubelte am Samstag im Hochgebirge von Luchon-Superbagnères Foto: AFP/Marco Bertorello

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Thymen Arensman und Tim Wellens heißen die Etappensieger vom Wochenende bei der Tour de France. Während Tadej Pogacar seine Führung in der Gesamtwertung souverän behalt, steigt Remco Evenepoel aus.  

Im Nebel der Pyrenäen strahlte am Samstag nur einer: Thymen Arensman. Der Niederländer gewann in Superbagnères die 14. Etappe der Tour de France – an einem Tag, an dem Remco Evenepoel unter Tränen aufgab.

Das Wetter hatte umgeschlagen zur dritten Pyrenäen-Etappe, einer wahren Mammutprüfung mit vier Pässen. Doch Regen und Nebel konnten den Glanz der Tour nicht trüben – ein strahlender Fixstern der Radsportwelt, wie Arensman eindrucksvoll bewies.

Mit 25 Jahren ist der Kletterer aus den Niederlanden alles andere als ein Unbekannter im Peloton – er ist ein solider Rundfahrer mit zwei sechsten Plätzen beim Giro und einem fünften Rang bei der Vuelta. Aber all das wiegt wenig gegen einen Etappensieg bei der Tour de France – einen Moment, der Karrieren für immer verändert.

Pogacar kontrolliert – ohne Angriff

„Ich bin schon oft den Giro und die Vuelta gefahren, mit guten Platzierungen. Aber noch nie die Tour. Das ist etwas ganz anderes – das größte Rennen der Welt. Hier zu gewinnen, ist einfach verrückt“, sagte der Ineos-Profi, der sich nach der Zieldurchfahrt lange die Hände vors Gesicht schlug – mit über einer Minute Vorsprung auf das Duo Pogacar-Vingegaard. „Zweiter am Mont-Dore zu werden, war schon großartig, aber das hier ist unglaublich – vor allem, wenn man bedenkt, wie ich gewonnen habe“, so Arensman über seinen 37 Kilometer langen Solo-Ritt zum Etappensieg. Zunächst hatte er in einer Verfolgergruppe aufgeschlossen und Lenny Martinez eingeholt, der sowohl den Tourmalet als auch den Aspin als Solist überquert hatte, um Punkte für das Bergtrikot zu sammeln.

Am Col de Peyresourde setzte sich Arensman ab und holte sich den Sieg in Superbagnères – zugleich der erste Etappensieg fürs Team Ineos seit dem Triumph von Carlos Rodriguez in Morzine 2023.

Dahinter hielt Tadej Pogacar mit seiner UAE-Mannschaft ein hohes Tempo, verzichtete aber auf einen eigenen Angriff. Er hätte die Etappe wohl gewinnen können, entschied sich aber für Kontrolle statt Risiko. „Das Ziel war, das Gelbe Trikot zu verteidigen und die Etappe zu kontrollieren. Hätten wir die Chance gehabt, zu gewinnen, hätten wir sie genutzt – aber es gab keinen Druck“, erklärte Pogacars Teamkollege Pavel Sivakov. Der amtierende Weltmeister Pogacar konterte zwei ernsthafte Angriffe von Jonas Vingegaard mühelos. Auf den letzten Metern spielte er seine Puncher-Qualitäten aus und ließ dem Dänen im Sprint keine Chance – und sicherte sich ein paar weitere Sekunden im Gesamtklassement. Dort liegt er jetzt 4:13 Minuten vor Vingegaard. In der gefährlichen Abfahrt vom Tourmalet – „man sah kaum 20 Meter weit“ – fuhr der Slowene mit Bedacht.

Evenepoel – am Ende seiner Kräfte

Remco Evenepoel war da schon längst aus dem Rennen. Der Belgier stieg gleich am Fuß des Tourmalet – der ersten Schwierigkeit des Tages – aus. Schon bei der Vuelta 2023 war er dort eingebrochen.

„Er ist nicht er selbst, man merkt, dass etwas nicht stimmt. Vielleicht wird er in den nächsten Tagen krank“, sagte Teamchef Tom Steels, der den Ausstieg als „weise Entscheidung“ bezeichnete. „Es geht darum, seine Saison nicht zu gefährden. Er hat noch große Ziele – er will Weltmeister werden“, so Steels mit Blick auf die WM im September in Ruanda. Trotzdem war der Rückzug eine große Enttäuschung für den Zeitfahr-Olympiasieger, der nach einem schweren Unfall im Winter hart für seine Form gearbeitet hatte.

Nach dem Sieg im Zeitfahren in Caen war Evenepoel realistisch: Gegen Vingegaard – und erst recht gegen Pogacar – würde es nicht reichen. Ein Platz auf dem Podium, wie 2024, war sein Ziel. Doch die drei Tage in den Pyrenäen wurden zum Albtraum – und warfen erneut Fragen zu seiner Hochgebirgstauglichkeit auf.

Platz fünf ging an den Deutschen Florian Lipowitz, der Tag für Tag sein Potenzial bestätigt und nun auf das Podium der Gesamtwertung klettert – mit rund acht Minuten Rückstand auf das Gelbe Trikot.

Auch Kevin Vauquelin, Etappenzehnter, bleibt im Rennen um die Topplatzierungen. Der Franzose liegt jetzt auf Rang fünf der Gesamtwertung – und nutzt jede Gelegenheit, seinem Team Arkéa–B&B Hotels zu danken, das einen hervorragenden Tourverlauf zeigt, obwohl seine Zukunft wegen fehlender Sponsoren ungewiss ist.

„Ich denke in solchen Momenten nur an meine Teamkollegen, wenn ich mich im letzten Kilometer völlig verausgabe“, sagte Vauquelin. „Wir ziehen uns alle gegenseitig mit – ein positiver Kreislauf. Vor der Tour hätte niemand das von uns erwartet.“

Sonntag: Wellens Hauptfigur

Der Hauptdarsteller am chaotischen Sonntag war Pogacar-Helfer Tim Wellens. Der belgische Meister attackierte aus einer Fluchtgruppe am letzten Anstieg Pas du Sant und fuhr eine größere Lücke auf die Rivalen heraus. Im Ziel hatte Wellens als Etappensieger 1:28 Minuten Vorsprung auf Landsmann Victor Campenaerts. Mit seinem ersten Tour-Tageserfolg hat Wellens nun bei allen großen Landesrundfahrten mindestens einen Tageserfolg erzielt. 

Nach zuletzt drei intensiven Bergetappen in den Pyrenäen hatten die Klassementfahrer um das Top-Trio Pogacar, Vingegaard und Lipowitz auf eine eher ruhige Überführungsetappe gehofft – und wurden schnell von der Realität eingeholt. Das galt insbesondere für Lipowitz.

Der Ulmer war nach nur 17 km in einen Massensturz verwickelt, blieb dabei aber offenbar von Verletzungen verschont und setzte die Fahrt umgehend fort. Lipowitz schloss mit Teamunterstützung und dank eines Pogacar-Machtworts zum Peloton auf. Der Weltmeister hatte seine Kollegen zu einer Tempoentschärfung aufgefordert.

Die Hatz durch das Pyrenäen-Vorland blieb auch nach dem Zusammenschluss chaotisch. Windkanten zerteilten das Feld und verlangten auch von Lipowitz höchste Wachsamkeit. Erst spät beruhigte sich die Dynamik im Hauptfeld.

Während Lipowitz und Co. im Verbund dem Ziel entgegenrollten, kämpften die Ausreißer um den Tageserfolg. Wellens, der zuvor nur für Pogacars Gelb-Traum geschuftet hatte, nutzte die seltenen Freiheiten im UAE-Team. 43,5 km vor dem Ziel nahm der 34-Jährige Reißaus und spielte dann seine Qualitäten im Zeitfahren aus. Auf den letzten Metern klatschte Wellens gelöst mit den Fans am Streckenrand ab. (AFP/SID)

Der belgische Landesmeister Tim Wellens siegte am Sonntag
Der belgische Landesmeister Tim Wellens siegte am Sonntag Foto: Anne-Christine Poujoulat/AFP

Im Überblick

112. Tour de France, 14. Etappe: Pau – Luchon-Superbagnères (182,6 km):
1. Thymen Arensman (Niederlande/Ineos Grenadiers) 4:53:35 Stunden, 2. Tadej Pogacar (Slowenien/UAE Emirates-XRG) 1:08 Minuten zurück, 3. Jonas Vingegaard (Dänemark/Visma – Lease a Bike) 1:12, 4. Felix Gall (Österreich/Decathlon Ag2r La Mondiale) 1:19, 5. Florian Lipowitz (Deutschland/Red Bull-Bora-hansgrohe) 1:25, 6. Oscar Onley (Großbritannien/Picnic PostNL) 2:09, 7. Ben Healy (Irland/EF Education-EasyPost) 2,46, 8. Primoz Roglic (Slowenien/Red Bull-Bora-hansgrohe) gleiche Zeit, 9. Tobias Halland Johannessen (Norwegen/Uno-X Mobility) 2:59, 10. Kévin Vauquelin (Frankreich/Arkea-B&B Hotels) 3:08, 11. Carlos Rodríguez (Spanien/Ineos Grenadiers) 3:15, 12. Harold Tejada (Kolumbien/XDS-Astana) 3:45, 13. Jordan Jegat (Frankreich/TotalEnergies) 3:49, 14. Adam Yates (Großbritannien/UAE Emirates-XRG)) 4:36, 15. Einer Rubio (Kolumbien/Movistar) 4:43

15. Etappe: Muret – Carcassonne (169,3 km):
1. Tim Wellens (Belgien/UAE Emirates-XRG) 3:34:09 Stunden, 2. Victor Campenaerts (Belgien/Visma – Lease a Bike) 1:28, 3. Julian Alaphilippe (Frankreich/Tudor Pro Cycling Team) 1:36, 4. Wout van Aert (Belgien/Visma – Lease a Bike), 5. Axel Laurance (Frankreich/Ineos Grenadiers), 6. Aleksander Wlasow (Red Bull-Bora-hansgrohe), 7. Jasper Stuyven (Belgien/Lidl-Trek), 8. Jordan Jegat (Frankreich/TotalEnergies), 9. Michael Valgren (Dänemark/EF Education-EasyPost), 10. Valentin Madouas (Frankreich/Groupama-FDJ), 11. Harold Tejada (Kolumbien/XDS Astana), 12. Thibau Nys (Belgien/Lidl-Trek), 13. Pascal Eenkhoorn (Niederlande/Soudal Quick-Step), 14. Iván Romeo (Spanien/Movistar), 15. Santiago Buitrago (Kolumbien/Bahrain Victorious) alle gleiche Zeit

Stand in der Gesamtwertung nach 15 von 21 Etappen:
1. Pogacar 54:20:44 Stunden, 2. Vingegaard 44:13 Minuten zurück, 3. Lipowitz 7:53, 4. Onley 9:18, 5. Vauquelin 10:21, 6. Roglic 10:34, 7. Gall 12:00, 8. Halland Johannessen 12:33, 9. Rodríguez 18:26, 10. Healy 18:41, 11. Jegat 19:47, 12. Ben O’Connor (Australien/Jayco AIUIa) 25:44, 13. Guillaume Martin (Frankreich/Groupama-FDJ) 27:03, 14. Jhonatan Narvaez (Ecuador/UAE Emirates-XRG) 31:55, 15. Matteo Jorgenson (USA/Visma – Lease a Bike) 32:09