Sonntag26. Oktober 2025

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Fehlende Partizipation bei den „Apéri’tours“?Wie die Menschen in Gasperich Bürgerbeteiligung erkämpfen

Fehlende Partizipation bei den „Apéri’tours“? / Wie die Menschen in Gasperich Bürgerbeteiligung erkämpfen
Im Mai präsentierte der Gaspericher Interessenverein einen lokalen Mobilitätsplan für das Viertel – mit Ideen von rund 60 Anwohnerinnen und Anwohnern Foto: Editpress/Julien Garroy

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Mit den sogenannten „Apéri’tours“ wollen DP und CSV die Bürgerbeteiligung in der Hauptstadt stärken. Die Präsidentin des Gaspericher Interessenvereins erklärt, warum das aus ihrer Sicht beim „Apéri’tour“ in ihrem Viertel nicht gelungen ist – und liefert einen Einblick in das Verständnis von Partizipation der Gemeinde Luxemburg.

„Uns wurde gesagt, dass wir keine Bühne bekommen, um unseren Mobilitätsplan zu präsentieren“, erzählt Mélanie Troian. Sie ist die Präsidentin des „Syndicat des intérêts de Gasperich“ und wollte beim sogenannten „Apéri’tour“ in Gasperich – also bei einer Bürgerveranstaltung der Stadt Luxemburg – einen Mobilitätsplan für das Viertel vorstellen. Das 22 Seiten umfassende Dokument mit Ideen von rund 60 Anwohnerinnen und Anwohnern ist das Ergebnis eines partizipativen Prozesses, den Mélanie Troian beim „Apéri’tour“ vor rund zwei Wochen kurz beschreiben sollte.

„Ich musste meinen kleinen Vortrag vor der Veranstaltung vor einer Gemeindemitarbeiterin üben, damit sie sicherstellen konnte, dass ich nicht zu viel sage“, erzählt Mélanie Troian. In einer Mail an die Gemeinde hatte sie betont, dass man den Ablauf der Veranstaltung nicht stören und sie sich auf drei Sätze zum partizipativen Entstehungsprozess des Plans beschränken wolle. Die Stadt stimmte einer Präsentation zu – unter der Bedingung, dass der Beitrag noch kürzer ausfalle. Am Ende redete Troian etwa eine Minute. Ihre Präsentationsfolien nahmen die kommunalen Angestellten vorab ebenfalls unter die Lupe.

Vor Ort wurde dem Interessenverein laut der Präsidentin kurzfristig untersagt, einen Tisch zur Präsentation von gesammelten Bürgerideen aufzustellen. Die ablehnende Haltung der Gemeinde findet Mélanie Troian „seltsam“, da man eigentlich an einem Strang ziehe. Das Syndikat habe lediglich den „Apéri’tour“ mit dem eigenen Beteiligungsprozess verknüpfen wollen. „Wir wollten das Event nicht kapern, sondern nur unsere Schlussfolgerungen vorstellen. Es sind Vorschläge und keine Kritik“, betont die Präsidentin. Sie steht diesem seit vier Jahren vor und hat dafür ihre Rolle als Co-Präsidentin der „Stater Sozialisten“ aufgegeben.

Verdruss bei Ortsansässigen

Rückblickend spricht Mélanie Troian von einer angespannten Stimmung in der Sporthalle in Gasperich, in der der „Apéri’tour“ stattfand. Bei dieser Veranstaltungsreihe besuchen der blau-schwarze Schöffenrat und Angestellte der Stadt die „Quartiers“, um über Projekte zu informieren. In einer ersten Phase fanden Spaziergänge durch die Orte statt, bei denen Anmerkungen, Ideen und Vorschläge von der Bevölkerung gesammelt wurden. Derzeit werden die Ergebnisse vorgestellt. Ziel ist laut der Stadt die Bürgerbeteiligung – die sich die Gemeinde bislang rund 707.000 Euro kosten lässt

Als Präsidentin des „Syndicat des intérêts de Gasperich“ setzt sich Mélanie Troian dafür ein, dass die Stadt Luxemburg die Bemühungen der Menschen aus Gasperich ernst nimmt
Als Präsidentin des „Syndicat des intérêts de Gasperich“ setzt sich Mélanie Troian dafür ein, dass die Stadt Luxemburg die Bemühungen der Menschen aus Gasperich ernst nimmt Foto: Editpress/Julien Garroy

Beim Gaspericher „Apéri’tour“ wollte der lokale Interessenverein der Bürgermeisterin zudem endlich offiziell seinen Mobilitätsplan überreichen. Bei einer Pressekonferenz im Mai war das nämlich nicht gelungen, da nur ein Oppositionspolitiker der Einladung an den gesamten Gemeinde- und Schöffenrat gefolgt war. Auch auf den per Mail an die politischen Verantwortlichen versandten Plan gab es bislang keine Rückmeldung. Was es allerdings gab, war ein klares Nein von der Stadt zur Idee, das Dokument beim „Apéri’tour“ persönlich zu übergeben. 

Bei den engagierten Bürgerinnen und Bürgern sorgt diese Vorgehensweise für Frust: „Wir fühlen uns vor den Kopf gestoßen und haben beim ‚Apéri’tour‘ auch gesagt, dass wir nicht zufrieden sind. Frau Polfer sagte uns daraufhin, dass wir einen Brief schreiben sollen und sie uns dann im Herbst nach dem Thronwechsel am großherzoglichen Hof empfangen wird – da dieser für die Stadt viel Stress bedeutet“, berichtet Mélanie Troian. Um eben ein solches Gespräch habe der Verein die Gemeinde schon mehrmals gebeten. Aber, so die Präsidentin: „Erst, nachdem wir jetzt in der Öffentlichkeit danach gefragt haben, wurde reagiert.“

Wunsch nach echter Partizipation

Die Einwohnerin aus Gasperich erkennt an, dass die politischen Verantwortlichen bei den „Apéri’tours“ persönlich vor Ort sind: „Unterm Strich ist es natürlich eine gute Gelegenheit für den direkten Kontakt mit der Politik. Denn wann hat man schon die Gelegenheit dazu, Lydie Polfer Fragen zu stellen?“ Allerdings wird die Bürgerbeteiligung Mélanie Troians Ansicht nach nicht konsequent durchgeführt. „Den Menschen muss zugehört werden – das ist nicht passiert. Bei den Spaziergängen waren Fotografen dabei, das hat vom partizipativen Prozess abgelenkt. Es ist ein Showevent und geschicktes Marketing“, zieht sie Bilanz.

Der Gaspericher Mobilitätsplan

Eineinhalb Jahre lang arbeiteten der Gaspericher Interessenverein und die Vereinigung „Eis Stad“ gemeinsam mit rund 60 Leuten aus dem Viertel an einem Mobilitätsplan für Gasperich. Bei einem Rundgang und einem Workshop im Herbst 2023 wurden über 200 Vorschläge gesammelt. In zwei weiteren Workshops im Juli 2024 analysierten die beiden Vereine gemeinsam mit Freiwilligen aus der Nachbarschaft die zusammengetragenen Ideen. Auf 22 Seiten wurden die Hauptanliegen – der Wunsch nach mehr Verkehrsberuhigung, einer besseren Infrastruktur für die sanfte Mobilität und nach mehr Orten zum Zusammenkommen – zusammengefasst. Ende Mai wurde der lokale Mobilitätsplan der Öffentlichkeit präsentiert. Da Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) und die Mitglieder des blau-schwarzen Schöffenrats nicht erschienen, konnte das Dokument der Stadt nicht offiziell überreicht werden.

Für die Zukunft wünscht sich der Interessenverein, dass die hauptstädtischen Syndikate von Beginn an in Projekte eingebunden werden und nicht erst, wenn diese bereits stehen. „Bürgerbeteiligung heißt nicht nur informieren, sondern die Leute von Anfang an einzubinden“, so Troian. Gemeinsam mit den acht Vorstandsmitgliedern und den Menschen aus der Nachbarschaft will sie sich weiter dafür einsetzen, dass die Lokalpolitik die Vorschläge aus der Bevölkerung ernst nimmt. „Wir bleiben am Ball und werden weiter bei der Stadt nachfragen – so wie wir das schon in den Jahren zuvor gemacht haben.“ 


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Michaux Merle
27. Juni 2025 - 19.01

Jidderee 5 Ricard zum Beschten, dann ass d'Bud voll.

JeVi
26. Juni 2025 - 15.10

Wusste nicht dass Ohrenstöpsel für den städtischen Schöffenrat 700000€ kosten. Oder ist das der Preis für das 3-Affen-Prinzip: Augen zu, Ohren zu und Mund halten? Wer hat sich hier eigentlich eine goldene Nase verdient? Wo sind diese 700000€ gelandet. Niemand, auch nicht die Presse, geht dieser Frage nach! Hier werden ganz klar unser aller Steuergelder verschwendet:

Mariannchen
26. Juni 2025 - 11.39

Die Einwohner im Quartier Giorgetti sind keine ursprünglichen Einwohner von Gaasperech. Koennen also in Gasperich nicht alles umkrempeln. Das Komitee vom Interesseverein besteht aus Mitglieder vom Quartier Giorgetti