Ein Video ging vor fast zwei Jahren um die Welt: Ein Mann mit Löwenmähne und markanten Koteletten reißt verschiedene Zettel, auf denen die Namen von Ministerien stehen, von einem Flipchart und schreit dabei jedes Mal „afuera“, was so viel wie „weg damit!“ heißt: „Ministerium für Umwelt und nachhaltige Entwicklung – ‚afuera‘; Ministerium für Frauen, Gender und Diversität – ‚afuera‘; Ministerium für Gesundheit – ‚afuera‘; Ministerium für Bildung – ‚afuera‘!“ Und so weiter.
Nachdem Javier Milei kurz darauf die argentinischen Präsidentschaftswahlen gewann und am 10. Dezember 2023 sein Amt als Staatschef des südamerikanischen Landes antrat, hat er zumindest eines seiner Versprechen gehalten und die Zahl der Ministerien seines Landes halbiert. Der libertäre Politiker und selbsternannte Anarchokapitalist hat den argentinischen Staat umgekrempelt. Sein Erkennungszeichen im Wahlkampf war die Kettensäge – sie ist zum Symbol der Disruption geworden und Milei deren Vorreiter. Sein Motto: „Der Staat ist nicht die Lösung, der Staat ist das Problem.“
Der Begriff der Disruption wird oft als Synonym für eine radikale Transformation verwendet, „für die Sehnsucht nach dem großen Knall“, wie es der deutsche Journalist und Autor Lukas Franke in seinem taz-Artikel „Lustvolle Zerstörung“ nennt. Und für eine schockartige Veränderung. Die „professionellen Disruptoren“ zählten zu den Wirten, die am Ende die Rechnung machen, schreibt Frankes Kollege Arno Frank in der Zeitschrift Futurzwei. Früher habe man „radikal“ oder „out of the box“ gedacht, heute „disruptiv“ – im Sinne von „brutal, aber nötig“ sei das Wort mit positiver Konnotation in den allgemeinen Sprachgebrauch eingesickert. „Verwendet wird es für Ehescheidungen, die Verwendung neuer Gewürze, einen frischen Haarschnitt oder die Vernichtung der weltweiten Sicherheitsarchitektur.“
Der Staat ist nicht die Lösung, der Staat ist das Problem
Heute sei die Zerstörung bestehender Ordnungen ein Geschäftsprinzip. Die Rede sei von einer „Low-End Disruption“, wenn ein bestehender Markt von hinten aufgerollt wird. Vorbei sei es mit der altkapitalistischen Gönnerhaftigkeit und mafiösen Gemütlichkeit von „Leben und leben lassen“ oder „Der Kuchen ist groß genug für alle von uns“. Innovation als das evolutionäre Verständnis von einer schrittweisen Erneuerung habe zugunsten der Disruption abgedankt, die eine Umwälzung um jeden Preis bedeute.
„Schöpferische Zerstörung“
Der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter (1883-1950), der in den 1930er Jahren in die USA auswanderte und an der Harvard University unterrichtete, beschrieb mit dem Begriff der „schöpferischen Zerstörung“, wie diese in der kapitalistischen Gesellschaft Wachstum und technischen Fortschritt ermögliche und in einem Zusammenspiel von Erfindergeist und den Kräften des Marktes das Alte vom Neuen verdrängt werde. Schumpeter betrachtete diese Form der Tabula rasa als Motor der wirtschaftlichen Entwicklung. Denn er befürchtete, dass andererseits der innovative Prozess vor allem durch Bürokratisierung und eine verstärkte Rolle des Staates erlahme.
Bereits Karl Marx und Friedrich Engels hatten erklärt, dass der Kapitalismus seinen eigenen Gesetzen folge, die zerstörerisch, aber auch erfinderisch und erfolgreich sein können. Lukas Franke weist darauf hin, dass die Disruption mit diesem Prinzip der Marktwirtschaft nur auf den ersten Blick verwandt sei – und die Innovation nur eine vorgeschobene Rechtfertigung für die gezielte und „lustvolle“ Zerstörung des Bestehenden durch einzelne Unternehmer sei. Nach Frankes Worten haben es Firmen wie Uber und Airbnb verstanden, „die miesen Arbeitsbedingungen ihrer Fahrer:innen oder die Zerstörung lokaler Wohnungsmärkte als begrüßungswerte Erneuerung zu verkaufen“. Dabei würden die Profite kleiner Unternehmer auf zentrale digitale Plattformen umgelenkt. Diese stünden für eine „irgendwie lockere Spielart des Kapitalismus“. Lukas Franke spricht sogar von einer radikalen „Egodizee“, der Rechtfertigung eines absolut gesetzten Egoismus und des Rechts des Stärkeren als dem einzig universalen Prinzip.
Absolut gesetzter Egoismus
In diesem Zusammenhang ist Murray Rothbard (1926-1995) zu nennen. Der US-Ökonom, selbst von der „Old Right“-Bewegung beeinflusst, prägte das Denken von Milei maßgeblich und gilt zudem als Vordenker des politischen Umfelds von Donald Trump. Im Zentrum seines Denkens steht die durch nichts eingeschränkte Freiheit des Individuums und seines Willens zur Nutzenmaximierung. Allerdings lehnt Rothbard auch die Freihandelspolitik ab. Brutalität gilt ihm als Stärke, Empathie und Solidarität sind für ihn Schwäche. Er lehnt den Staat sowie alles Gesellschaftliche und Politische radikal ab. Nur der Wille des Einzelnen zählt.
Ziel sei die Zerstörung alles Gesellschaftlichen und nach den Worten des rechtslibertären Unternehmers und PayPal-Gründers Peter Thiel der „Abschied von aller Politik“. Staatliche Strukturen sollen privatisiert oder abgeschafft werden, Städte keine politischen Spitzen mehr haben, sondern CEOs, die ihre Unternehmensphilosophie auf die Politik übertragen und die Kommunen wie Unternehmen und quasi diktatorisch regieren. Aus Staatsbürgern werden Kunden, die Anteile an dem Unternehmen kaufen können, wenn sie die finanziellen Mittel dafür haben. „The machine“ oder „deep state“ gehörten eliminiert, fordert Thiel, der schon 2009 „Freiheit als das Recht des Stärkeren“ bezeichnete und verkündete, dass er nicht länger daran glaube, dass Demokratie und Freiheit miteinander kompatibel seien.

Mittlerweile wird Disruption inflationär benutzt. Der Ideologie scheint mehr und mehr der ursprüngliche Sinn verloren gegangen zu sein. Statt angeblicher Innovationskraft zählt nur noch die Zerstörung an sich. Die Harvard-Historikerin Jill Lepore hält die Theorie angeblich disruptiver Geschäftsmodelle für überbewertet. Die Theorie sei „gegründet auf Panik, Angst und wackeliger Beweiskraft“. Statistiken untermauern diese Skepsis. Nach einer Studie der Harvard Business Review schaffen es weniger als 30 Prozent der Unternehmen, disruptive Innovation langfristig profitabel zu etablieren. Oftmals brächten vermeintlich „langweilige“ kontinuierliche Verbesserungen nachhaltigeren Erfolg.
Disruption ist demnach weniger eine Zauberformel als ein Risiko und Balanceakt. Der zerstörerische Impuls könne ohne klare Richtung und gesellschaftliche Verantwortung schnell zum Bumerang werden. Zerstörung ist keine Strategie. Wer Disruption allein um ihrer selbst willen betreibe, weiß Adrian Daub, betreibe ein riskantes Spiel. Zerstören sei einfach, Aufbauen dagegen schwer – und ohne belastbare Vision, ohne gesellschaftlichen Mehrwert bleibe am Ende nur verbrannte Erde. Heute gilt es daher, Joseph Schumpeter gegen seine falschen Propheten zu verteidigen. „Manchmal ist das Kaputtmachen selbst das einzig wahre Geschäftsmodell“, schreibt der Publizist Georg Seeßlen in seinem Buch „Trump & Co.“ (2025) und fügt hinzu: „Demokratische Staaten, die Disruption als politische Ökonomie betreiben, unterschreiben ihr eigenes Todesurteil.“ Seeßlen beobachtet bei einigen Trump-Anhängern „eine eigentümliche Lust, eine Art Rausch, eine Vorfreude auf ein Fest der Zerstörung“.
„The Great Disruptor“
Doch die Disruptoren und Systemsprenger haben dazu gelernt. Sie hegen mehr als pubertäre Allmachtsphantasien, wie es bei dem mittlerweile verkrachten Duo Musk und Trump eine Zeit lang erschien. Sowohl der Tech-Milliardär, bis vor Kurzem an der Spitze des Department of Government Efficiency (DOGE), als auch „The Great Disruptor“, wie der Medienwissenschaftler Lars Koch den US-Präsidenten nennt, folgen einem Plan.
Für Musk sind die ökologischen Grundlagen nicht mehr interessant, sondern vielmehr die Überwindung des Menschen durch Technologie und die Besiedlung des Weltalls. Und für Trumps zweite Machtübernahme liegt im Gegensatz zu seiner ersten Amtszeit ein langfristig angelegtes Drehbuch vor. Das „Project 2025“ der Heritage Foundation ist ein politischer Plan zur Konsolidierung der Exekutivgewalt zugunsten einer rechtsgerichteten Politik. Um die Demokratie dagegen zu verteidigen, muss eine breite Allianz gebildet werden.
De Maart

Kennedy.Das ist doch der mit dem Wurm im Kopf.
Im selben Jahr (1937) in dem Herr BECH die Maulkorbaffäre abwickelte gründete Herr Wickliffe DRAPER den rassistischen "PIONEER Fund" in den USA. Daraus ist heute die "HERITAGE Foundation" geworden. Ihr Emblem ist die im Internet abgebildete "rassenhygienische Glockenkurve" (Bell Curve). Das Ziel der HERITAGE-Trumpisten: Rassenverbesserung. Der Wissenschaftsjournalist Claus Peter SESIN beschreibt diese amerikanischen langlebigen Bestrebungen gut verständlich und für mich augen- und erkenntnisöffnend in seinem Artikel "Sind Weiße klüger als Schwarze?" - Von GALTON zu SARRAZIN, in der Zeitschrift GEO Ausgabe 8 / 1996. Der "Spiegel-Artikel von Herrn Christian STÖCKER: "Intelligenzmessung - Rückkehr der Rassenlehre" vom 4. Mai 2005 behandelt dieses Thema ebenfalls. MfG, Robert Hottua
Milei ist weder vom Himmel gefallen , noch der Hoelle entstiegen . Das Privatvermoegen der Peronisten Nestor und Cristina de Kirchner soll waerend ihrer Amtszeit als Praesidenten Argentiniens um 570 % gestiegen sein . Hier kann man wirklich von einem Angriff auf den Staat reden .