Dienstag4. November 2025

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HommageJay Schiltz: Taktgeber mit Posaune und Tinte

Hommage / Jay Schiltz: Taktgeber mit Posaune und Tinte
Die Hommage an Jay Schiltz „Méi wéi Béierdeckels-Gespréicher“ war an beiden Abenden ausverkauft Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Der Titel des Abends war Programm: „Méi wéi Béierdeckels-Gespréicher“. Im Kulturzentrum von Steinfort wurde Jay Schiltz gedacht – dem Journalisten, Autor, Kabarettisten und Musiker. Dessen Stimme fehlt, verstummt aber ist sie nicht. Eine lebendige Hommage an einen wachen Geist.

Es ist eigenartig, berührend eigenartig: Ein paar Worte zur Begrüßung reichen – nach all den Jahren – und da ist er wieder. Diese Stimme. Markant, eindringlich, unvergessen. Jay Schiltz. Plötzlich steht er im Raum, im Kulturzentrum „Al Schmelz“ in Steinfort, seiner Heimatstadt. Er ist mitten im Publikum, bei „seinen“ Musikern, bei den Weggefährten hinter der Bühne und an der Bar. Ein Abend zu seinen Ehren. Kein Denkmal – ein lebendiger, bunter Abend. Wie sollte es auch anders sein? Schiltz – nie nur ernst, nie nur nachdenklich, sondern immer ganz Mensch.

„Méi wéi Béierdeckels-Gespréicher“ heißt der Abend. Und das trifft es. Es sind mehr als Tresengespräche. Es geht um ihn. Um mehr als nur das gesprochene Wort. Es geht um sein Denken mit Empathie. Seinen Humor ohne Zynismus. Seinen Humanismus ohne Pathos. Man kann sich vorstellen, wie er dasteht, mit diesem einnehmenden Lächeln, das fragt: „Meint ihr das wirklich ernst?“ Er ist in den Erinnerungen, im Klang der Musik, in den Zwischentönen.

Kein Pathos

Die Musik des Abends ist Programm: „Wonderful World“, „A Taste of Honey“, „Viva la Vida“, zum Beispiel. Kein Pathos, sondern Melodie, Rhythmus, Leben. Dazwischen Erinnerungsfotos, viele Texte – scharf, klug, wach. Roland Gelhausen, Marcel Heintz, Christiane Kremer, Monique Melsen und Clod Thommes lesen sie, spielen sie, lassen sie wirken. Vieles klingt nach – und manches klingt heute schärfer.

Christiane Kremer lässt die Stimme von Jay Schiltz sich erheben
Christiane Kremer lässt die Stimme von Jay Schiltz sich erheben Foto: Editpress/Didier Sylvestre

In der Einladung steht ein Satz, der bleibt: „Seine Posaune stand stets bereit, um mit großem Einsatz, ‚dicken Backen’, viel Jovialität und Motivation den Ton in der Musikgesellschaft von Steinfort anzugeben. Seine Feder war immer gespitzt, um direkt, pointiert und scharfzüngig auszusprechen, was gesagt werden musste. Nicht immer nuanciert, aber stets begründet. Vieles davon trifft noch immer zu. Und bleibt erschreckend aktuell.“

Das ist mehr als Erinnerung. Das ist Beschreibung einer Haltung, die vermisst wird. Einer Stimme, die sich nie versteckte. Jay Schiltz. Ein Chronist unserer Zeit mit scharfem Blick und großem Herzen. Als Journalist stellte er unbequeme Fragen, als Autor und Kabarettist gab er unbequemen Wahrheiten eine Bühne. Mit feinem Spott und feinsinniger Sprache – nicht, um zu verletzen, sondern um zu wecken. Sein Werk, sei es im Radiostudio oder auf der Theaterbühne, ist nie Distanz, sondern Verantwortung gegenüber und Nähe zur Geschichte, zur Demokratie, zur Menschlichkeit. Er glaubte an die Kraft des Wortes, an die Notwendigkeit der Erinnerung, an den Wert des Widerspruchs. In seinen Werken klingt die Aufgabe mit, weiterzusuchen, weiterzudenken, weiterzufragen, weiterzureden.

Mut zur Meinung

In einer von schrillen Tönen dominierten Zeit, wo Verstand oft zu leise ist oder gar schweigt, ist seine Stimme unverzichtbar. Und bleibt es … in den Zeilen, die er schrieb, in den Gedanken, die er anstieß. In der Tat, es sind „Méi wéi Béierdeckels-Gespréicher“. Wer ihnen zuhört, wird erinnert daran, dass Meinung Haltung braucht, dass Haltung Mut braucht und dass beides nicht gratis zu haben ist.

Jetzt stehen sie da, die Freunde, von denen einige die Idee zu diesem Abend hatten. Sie lassen Erinnerungen sprechen. Und irgendwo im Raum steht er. Nicht sichtbar. Aber spürbar. Jay Schiltz. Als Charakter mit Eigenschaften, die selten sind, als ankreidende Stimme inmitten dieser grassierenden neuen alten Dummheit. Als Stimme, die ins Ohr geht und im Kopf bleibt. Kein Getöse, sondern ein Nachhall. Leise oft – aber mit Gewicht. Auch fünf Jahre nach seinem Tode.

Und jemand sagt es. Leise. Und viele haben es gedacht: Jay, du fehlst.