Premierminister Luc Frieden (CSV) hat in seiner Rede zur Lage der Nation erste Details für die Reform des Rentensystems bekanntgegeben. Erstmals wurde auch ein klares Ziel genannt. „Mir wëllen de System op 15 Joer finanziell ofsécheren“, gab Frieden bekannt. Als erster klarer Reformhorizont wurde vom Luxemburger Premier das Jahr 2040 angegeben.
Frieden hat neben einem klaren Zeitrahmen auch erste Details zur Reform preisgegeben. Dass die Rentenreform den öffentlichen Dienst betreffen wird, wurde zwar im „Etat de la nation“ nicht explizit erwähnt. Jedoch hatte Frieden das bereits in einem Tageblatt-Interview im vergangenen November klargestellt und in den Tagen nach seiner Rede im Parlament noch einmal bestätigt. Des Weiteren will die Regierung an der Reform von 2012 festhalten und anhand einer Erhöhung der Beitragsjahre das tatsächliche Renteneintrittsalter an das legale Renteneintrittsalter von 65 Jahren heranführen. Einnahmen aus bereits bestehenden Konsumsteuern (als Beispiel nannte Frieden die CO2-Steuer) sollen zur weiteren Absicherung dienen. An der Rentenreserve wolle die Regierung „festhalten“, was sich wohl dahingehend interpretieren lässt, dass diese nicht dazu dienen soll, mögliche Defizite zu decken. Auch Baby- und Studienjahre sollen weiterhin angerechnet werden können. Für von Altersarmut bedrohte Rentner will Frieden Sozialhilfen einführen, und für all jene, „déi e Su spuere kënnen, maache mir privat Pensiounen am drëtte Pilier méi attraktiv“.
Damit hat Luc Frieden die Grundpfeiler für die kommende Reform abgesteckt. Offene Fragen gibt es noch einige: Ab wann wird die Erhöhung der Beitragsjahre angesetzt? Wird es für körperlich belastende Arbeiten Ausnahmeregelungen geben? Beispiele seitens Frieden – „diejenigen, die heute 45 Jahre haben, werden zweieinhalb bis drei Jahre länger arbeiten“ – liefern aufgrund fehlender Details nur bedingt Erkenntnisse.
Maßnahmen-Potpourri
Dass das Gespann Frieden-Deprez bei der Ausarbeitung der Rentenreform auf eine breite gesellschaftliche Debatte setzt, war ein löblicher Ansatz. Mittlerweile aber steht fest, dass die monatelange Befragung der Öffentlichkeit wohl mehr Makulatur als ernsthafte Richtungsbefragung war. Die „schwätzmat.lu“-Kampagne hat zwar großes öffentliches Interesse am Thema generiert. Eine breite Sensibilisierung könnte sich bei den nächsten Wahlen aber bereits wieder rächen. Vor allem dann, wenn Reformvorschläge durchgesetzt werden sollten, gegen die sich eine große Mehrheit in den Befragungs- und Expertenrunden klar positioniert hatte.
Und danach sieht es derzeit aus, weswegen Luc Friedens Aussagen auch auf politischer Ebene stark polarisieren. Die Debatte zum „Etat de la nation“, die sich fast ausschließlich um die Rentenreform drehte, verdeutlicht das. Die DP ist in Person von Wirtschaftsminister Lex Delles am Freitag bereits etwas zurückgerudert. Die Aussage Friedens mit der CO2-Steuer sei nicht wortwörtlich zu verstehen. Man müsse sich auf die Suche machen nach Möglichkeiten, die Finanzierung des Rentensystems vom Wachstum zu entkoppeln, so die Aussage von Delles. Ungetrübter Rückhalt innerhalb einer Regierungskoalition sieht anders aus.
Rhetorische Haarspalterei
Einziger Trumpf der augenscheinlich bröckelnden konservativ-liberalen Regierungseinheit ist der Umstand, dass die LSAP als größte Oppositionspartei in der Rentenfrage vor allem mit sich selbst beschäftigt ist. Die Sozialisten waren unter der Ägide des damaligen Sozialministers Mars Di Bartolomeo federführend an der Reform von 2012 beteiligt. Diese brachte Rentenkürzungen mit sich und führte das Aussetzen des „Ajustement“ ein, falls die Rentenausgaben die Einnahmen übersteigen würden. Das Aufbäumen gegen das jetzige Reformvorhaben der Regierung wirkt demnach leicht gekünstelt und intellektuell unehrlich. Vor allem dann, wenn der jetzige Abgeordnete Mars Di Bartolomeo die Reform von 2012 im Parlament verteidigt und gleichzeitig die politische Verantwortung für die gesetzlich festgeschriebene Anpassung des „Renten-Ajustement“ komplett auf die CSV-DP-Mehrheit abwälzen will.
Im Umkehrschluss hat Luc Frieden die politische Verantwortung für die Maßnahmen der Reform von 2012, die seine Regierung umsetzen muss, anhand eines rhetorischen Kniffs von sich gewiesen. „Mir wäerte keng Ännerunge maache fir Leit, déi an der Pensioun sinn oder kuerz virdru sinn“, sagt Frieden und spricht wenig später vom „Bäibehale vun der Reform, déi dës Chamber 2012 gestëmmt huet“. Dabei hätte die geplante Reform durchaus die Möglichkeit geboten, die Stellschrauben der 2012er-Reform (Anpassung oder Aussetzen des Renten-Ajustement, Aussetzen der Jahresendzulage) auszusetzen. Eine politische Entscheidung, für die auch die CSV-DP-Regierung Verantwortung übernehmen muss.
Wirksamkeit umstritten
Dabei bieten die bisher vorgestellten Maßnahmen nicht nur hinsichtlich der politischen Stoßrichtung, sondern auch auf Basis der vorliegenden Faktenlage genügend Angriffsfläche. Wenn Luc Frieden nämlich von einer „finanziellen Absicherung des Systems für die kommenden 15 Jahre“ spricht, ist nicht klar, was damit gemeint ist. Dürfen die Ausgaben die Einnahmen in dem Zeitrahmen nicht überschreiten? Darf das legale Mindestniveau der Rentenkasse nicht unterschritten werden? Oder setzt sich die Regierung ambitionierte Ziele? Fragen, auf die die Regierung noch Antworten liefern muss.
Die Erhöhung des Renteneintrittsalters ist die wohl weitreichendste Maßnahme – und laut dem Rentenbericht der „Inspection générale de la sécurité sociale“ (IGSS) aus dem Jahr 2022 kein Instrument, um das Rentensystem auf lange Sicht finanziell zu stabilisieren. „Bien qu’une augmentation des âges légaux de départ à la retraite conduise à une diminution du temps moyen passé en retraite et ainsi à une réduction du coût des pensions de vieillesse, cet effet est contrebalancé par une prolongation des carrières d’assurance qui, à son tour, provoque un accroissement des montants moyens de pension“, schreibt die IGSS in ihrem Bericht auf Seite 63. Es sei denn, CSV und DP wollen die obligatorischen Beitragsjahre verlängern, während die Auszahlungsobergrenze auf der Basis von den heute geltenden 40 beitragspflichtigen Jahren errechnet wird, wird diese Maßnahme kaum zu signifikanten Einsparungen führen. Vor allem dann nicht, wenn die Lebenserwartung nach Luc Friedens Vorstellung in den kommenden Jahren ebenfalls weiter ansteigen wird.
Fehlende Details
In den Rechenbeispielen der IGSS von 2022, die zur Prämisse die Absicherung des Systems bis 2070 zu Grunde legt, wird diese Maßnahme alleine nicht den gewünschten Effekt haben. Und das, obwohl das Szenario das Ajustement auf 0,25 festlegt und eine direkte Erhöhung des Renteneintrittsalters um drei Jahre vorsieht. Trotzdem müssen die Beitragszahlungen auf ungefähr 30 Prozent (derzeit bei 24 Prozent) angehoben werden. Eine Maßnahme, die von der OECD vorgeschlagen wurde, die Regierung Frieden jedoch kategorisch ausschließt. Und da auch die Erhöhung des Renteneintrittsalters, die bisher nur phasenweise geplant ist, keine signifikante Auswirkung auf den Zeithorizont von 2040 haben dürfte, stellt sich die Frage, was die Maßnahmen bewirken sollen. Das Renten-Ajustement hat laut IGSS keine größeren Auswirkungen auf den von der Regierung anvisierten Zeitrahmen. Unter der Voraussetzung, dass dieser erst zum Ende der 2020er-Jahre ausgesetzt oder angepasst wird, kommt die IGSS zu einer klaren Schlussfolgerung: „Les dates des événements critiques du régime général n’évoluent donc guère avec une adaptation du modérateur de réajustement.“
Dass die Gewerkschaftsseite mit den Vorschlägen der CSV-DP-Regierung nicht einverstanden ist, dürfte angesichts des auf Eis liegenden Sozialdialoges kaum verwundern. Die Vorschläge werden aber auch auf Patronatsseite nicht jedem gefallen. Der der Handelskammer nahestehende Think-Tank IDEA hatte auf einer Pressekonferenz gefordert, dass im Namen der Generationengerechtigkeit nicht nur die Pensionen künftiger Generationen belangt werden dürfen. Auch hatte IDEA ein Konzept für Beitragszahlungen vorgelegt, das für all jene greifen könnte, deren Gehalt über der derzeitigen Grenze des fünffachen Mindestlohnes liegt. Alles Vorschläge, die keine Berücksichtigung gefunden haben.
Erste Details wird Sozialministerin Martine Deprez nicht wie angekündigt erst im Juli liefern, sondern bereits am Mittwoch auf einer Pressekonferenz.
Die Reform à la Luc eben und seinem Sprachrohr Deprez, alles auf Kosten der Jugend und nicht einmal sicher dass es hinhauen tut!!!
@Hummel
Bezieht man ihren Kommentar auf unsere Nachbarn jenseits der Mosel, bräuchte man nur CSV-DP durch CDU-SPD zu ersetzen.
Luc ist wie Friedrich, nur 20cm kürzer gewachsen.
CSV-DP Regierung bis jetzt zusammen gefasst,
kompletter Wahlbetrug am Bürger, alles mut und konzeptlos.