Die beiden Ereignisse haben auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun: Während in Ecuador der konservative, eine neoliberale Politik verfolgende Amtsinhaber Daniel Noboa mit etwa 56 Prozent der Wählerstimmen die Präsidentschaftswahl gewonnen hat, ist in Lima der peruanische Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa verstorben.
Noboa hat sich im Wahlkampf vor allem auf die Bekämpfung der Kriminalität und auf die Wiederbelebung der Wirtschaft konzentriert. Seine Gegnerin, die linke, dem im Exil lebenden Ex-Präsidenten Rafael Correa verbundene Luisa González, die auf 44 Prozent kam, wollte das Ergebnis trotz des überraschend deutlichen Rückstandes nicht anerkennen und forderte eine Neuauszählung. Eine Lösung für ein Ende der jüngst eskalierten Gewalt in dem einst als relativ sicher geltenden Land, das zu einem Umschlagplatz für Drogen geworden ist, hatte auch sie nicht. Der noch junge, 37 Jahre „alte“ und neue Präsident versprach eine harte Verbrechensbekämpfung und setzt auf eine „strategische Allianz“ mit dem Gründer und ehemaligen Geschäftsführer des US-Söldnerunternehmens Blackwater, Erik Prince, einem Vertrauten von Donald Trump. Es dürfte klar sein, aus welcher Richtung der Wind in Ecuador weht.
Dagegen scheinen die Zeiten vorbei zu sein, in denen Intellektuelle in Lateinamerika eine größere Rolle spielten und sich in die Politik einmischten. Dafür stand nicht zuletzt Mario Vargas Llosa. Er galt als unermüdlicher Verfechter der Freiheit. Vor allem in seinen frühen Romanen wie „Die Stadt und die Hunde“ (1963), „Das grüne Haus“ (1966) und „Gespräch in der Kathedrale“ (1969) kritisierte er die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse, hielt den Mächtigen einen Spiegel vors Gesicht und zeigte seine Gegnerschaft zu unterdrückerischen Regimen. Seine anfängliche Begeisterung für die kubanische Revolution legte er früh ab. Seine eigene Kandidatur gegen den späteren autokratischen peruanischen Präsidenten Alberto Fujimori 1990 scheiterte. Die auf lateinamerikanische Literatur spezialisierte Suhrkamp-Lektorin Michi Strausfeld warnte davor, ihm den Stempel des magischen Realismus aufzudrücken. Vargas Llosa sei vor allem ein Realist gewesen, sagte sie über den nun im Alter von 89 Jahren Verstorbenen. Obwohl er mitunter Politiker wie den rechtsextremen chilenischen Präsidentschaftskandidaten José Antonio Kast unterstützte, fehlen Geistesgrößen wie Vargas Llosa heute in der lateinamerikanischen Öffentlichkeit. Nachfolger sind dringend gesucht.
		    		
                    De Maart
                
                              
                          
                          
                          
                          
                          
                          
                          
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können