Donnerstag27. November 2025

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Reaktionen auf US-Signal-Skandal„Grob fahrlässig“: Bericht über Gruppenchat von Trump-Ministern schlägt hohe Wellen

Reaktionen auf US-Signal-Skandal / „Grob fahrlässig“: Bericht über Gruppenchat von Trump-Ministern schlägt hohe Wellen
Trump soll nichts von dem Gruppenchat gewusst haben, behauptet er Foto: Zacharie Scheurer/dpa-tmn/dpa

Vertraute des US-Präsidenten beraten via Handy-App über einen Militärangriff und ein Journalist kann all das live mitverfolgen – so schildert es ein renommiertes Magazin. Die Demokraten sowie Rechts- und Sicherheitsberater sind empört.

Die Opposition im US-Parlament will eine mutmaßliche Kommunikationspanne der Regierung untersuchen lassen, durch die ein Journalist anscheinend einen Gruppenchat zu einem geplanten Militärangriff im Jemen mitverfolgen konnte. Der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, sprach auf der Plattform X von „amateurhaftem Verhalten“ und forderte eine umfassende Aufarbeitung. Die Zeitung The Hill und der Sender ABC zitierten ihn mit den Worten, es handele sich um „eine der unglaublichsten Verletzungen“ militärischer Geheimnisse, die ihm je untergekommen sei.

Bei der Gruppenunterhaltung führender Regierungsvertreter über die Messenger-App Signal soll es um den – da noch bevorstehenden – Angriff auf die Huthi-Miliz im Jemen gegangen sein. Der Chefredakteur des renommierten US-Magazins The Atlantic, Jeffrey Goldberg, war nach eigenen Angaben versehentlich in die Gruppe aufgenommen worden und machte den Vorgang später publik. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Brian Hughes, bestätigte, dass der Chatverlauf höchstwahrscheinlich authentisch sei. Er kündigte eine interne Prüfung an.

Kritik von Demokraten, aber nicht nur

Der demokratische Senator und Militärexperte Jack Reed erklärte, „wenn diese Geschichte wahr ist, stellt sie eines der ungeheuerlichsten Versäumnisse in Bezug auf die operative Sicherheit und den gesunden Menschenverstand dar, die ich je gesehen habe“. Militäroperationen müssten mit äußerster Diskretion und über genehmigte, sichere Kommunikationswege abgewickelt werden, denn es gehe um das Leben von Amerikanern. „Die Nachlässigkeit, die das Kabinett von Präsident Trump zeigt, ist erstaunlich und gefährlich. Ich werde sofort Antworten von der Regierung einfordern.“

Die frühere demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton postete den Atlantic-Artikel auf X und schrieb dazu: „Das soll wohl ein Scherz sein.“ Der damalige Präsidentschaftskandidat – und heutige Präsident – Donald Trump hatte ihr im Wahlkampf 2016 immer wieder vorgeworfen, E-Mails über einen privaten Account verschickt und damit Sicherheitsregeln missachtet zu haben.

Üblicherweise gibt es strenge Regularien dazu, wie die US-Regierung mit vertraulichen und streng geheimen Informationen umzugehen hat, die die nationale Sicherheit betreffen. Das gilt umso mehr für konkrete Pläne zu Militäreinsätzen im Ausland. Die Signal-App ist laut Atlantic von der US-Regierung generell überhaupt nicht für den Austausch vertraulicher Informationen zugelassen.

Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, sprach nach übereinstimmenden Medienberichten von einem „Fehler“, den das Weiße Haus zugegeben habe. 

Militärische Einsatzpläne und Flammen-Emojis

Goldberg beschreibt in seinem Artikel detailliert den Austausch zwischen den Beteiligten im Chat – mit exakten Uhrzeiten und Originalzitaten. Diskutiert wurden demnach sowohl die militärische Taktik als auch die politische Kommunikation rund um den geplanten Schlag gegen die Huthi-Miliz im Jemen. Als Gruppenmitglieder führte Goldberg unter anderem Vizepräsident J.D. Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth, Außenminister Marco Rubio sowie weitere Kabinettsmitglieder und hochrangige Regierungsbeamte auf.

In Goldbergs Artikel fällt auch der teils informelle Ton der Chat-Protagonisten im militärischen Kontext auf. Der Journalist schrieb, Trumps Nationaler Sicherheitsberater Michael Waltz, der ihn in die Gruppe aufgenommen haben soll, habe etwa Emojis eingesetzt, um Zustimmung und Kampfgeist zu signalisieren: eine geballte Faust, eine US-Flagge und ein Flammen-Symbol.

Besonders brisant: Zwei Stunden vor Beginn der Attacken am 15. März soll Hegseth selbst im Chat detaillierte Angaben zu Zielen, Waffensystemen und dem zeitlichen Ablauf der Operation gemacht haben. Kurz darauf begannen tatsächlich Luftangriffe gegen Stellungen der Huthi-Miliz im Jemen, die von den USA kurz zuvor wieder als ausländische Terrororganisation eingestuft worden waren.

Spätestens an diesem Punkt kam Goldberg, der zunächst sehr skeptisch gewesen sein will, nach eigenen Angaben zu dem Schluss, dass es sich bei dem Gruppenchat nicht um einen aufwendig inszenierten Fake handelte.

„Niemand hat Kriegspläne getextet“

Hegseth bestritt den Atlantic-Bericht später vehement. „Niemand hat Kriegspläne getextet“, antwortete er am Flughafen in Hawaii auf eine Reporter-Frage nach seiner Landung. Der frühere TV-Moderator des rechtskonservativen Sender Fox News verunglimpfte Goldberg als „betrügerischen und diskreditierten sogenannten Journalisten“, der es sich zum Beruf gemacht habe, eine Kampagne gegen die Regierung zu fahren und immer wieder Falschmeldungen zu verbreiten.

Hegseths Schmähungen widersprachen den Äußerungen des Sicherheitsrats-Sprechers Hughes, der den Chatverlauf als höchstwahrscheinlich authentisch bezeichnet hatte. Trump selbst hatte zuvor erklärt, er habe von dem Gruppenchat noch nicht gehört, sei aber ohnehin „kein großer Fan“ des Atlantic-Magazins. Er teilte auch einen Tweet seines Vertrauten Elon Musk, indem der regelmäßig gegen kritisch berichtende Medien austeilende Tech-Milliardär lästerte, der beste Ort zum Verstecken einer Leiche sei die Seite zwei des Atlantic – weil dort nie jemand hinschaue.

Politico zitiert einen hochrangigen Regierungsmitarbeiter damit, dass auch über die Zukunft des Nationalen Sicherheitsberaters Waltz diskutiert werde. Trumps Sprecherin Karoline Leavitt machte nach Politico-Angaben allerdings in einem Statement klar: „Präsident Trump hat weiterhin größtes Vertrauen in sein nationales Sicherheitsteam, einschließlich des Nationalen Sicherheitsberaters Mike Waltz“. 

Sicherheitsbedenken wegen der Verwendung von Signal

Sicherheits- und Rechtsexperten üben unter anderem an Kritik der Verwendung von Signal. John Bolton, dritter nationaler Sicherheitsberater während Trumps erster Amtszeit, erklärte im Wall Street Journal, es gebe keine Rechtfertigung für die Nutzung eines nichtstaatlichen Systems. „Das ist entsetzlich.“

Matt Blaze, ein Professor für Informatik und Recht an der Georgetown University, sagte der Washington Post, die Verschlüsselung sei bei Signal ziemlich stark, die Plattform jedoch nicht für hochsensible, geheime Gespräche geeignet.

Er begründete dies unter anderem damit, dass Signal auf „grundsätzlich unsicheren Geräten“ laufe: Smartphones und Laptops, die mit dem Internet verbunden seien und „allen möglichen Angriffen auf die Geräte ausgesetzt sein können, die nichts mit der Sicherheit der Software zu tun haben“. Wenn das Gerät kompromittiert sei, sei alles, was das Gerät nutzt, kompromittiert.

Üblicherweise gibt es strenge Regularien dazu, wie die US-Regierung mit vertraulichen und streng geheimen Informationen umzugehen hat, die die nationale Sicherheit betreffen. Das gilt umso mehr für konkrete Pläne zu Militäreinsätzen im Ausland. Die Signal-App ist laut Atlantic von der US-Regierung generell überhaupt nicht für den Austausch vertraulicher Informationen zugelassen. 

Ryan Goodman, ein ehemaliger Rechtsberater des US -Verteidigungsministeriums, ordnete das Vorgehen im Sender CNN als „grob fahrlässig“ ein. Grobe Fahrlässigkeit im Umgang mit Verschlusssachen sei per Gesetz strafbar, wenn diese an unautorisierte Personen weitergegeben würden. „Und es war ein Journalist mit in der Leitung. Das heißt, dass es wirklich eine Weitergabe gegeben hat.“