Sonntag19. Oktober 2025

Demaart De Maart

Gemeinde BiwerVon der Geisterstadt zum Vorzeigeviertel: Aus der Cité Syrdall wird die Wohnsiedlung „An der Schmëtt“

Gemeinde Biwer / Von der Geisterstadt zum Vorzeigeviertel: Aus der Cité Syrdall wird die Wohnsiedlung „An der Schmëtt“
Projekt „An der Schmëtt“: In das neue Viertel der Gemeinde Biwer sollen links und rechts der Syr ab 2026 die ersten Bewohner einziehen  Foto: Gemeinde Biwer

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Einst für Parapsychologie-Studenten geplant, entsteht nun in der Gemeinde Biwer ein nachhaltiges Viertel mit 164 Wohnungen. Aus der Cité Syrdall wird die Wohnsiedlung „An der Schmëtt“. Die Bauarbeiten haben begonnen. Die ersten von 500 neuen Einwohnern sind ab 2026 vorgesehen. Ein Vorzeigeprojekt solle es werden – und bezahlbar, so Bürgermeister Marc Lentz.

Für die Gemeinde Biwer hat ein neues Kapitel begonnen. Auf beiden Seiten der Syr in Wecker nimmt ein ambitioniertes Wohnbauprojekt Gestalt an. Der „Fonds du logement“ verwirklicht in Zusammenarbeit mit der Gemeinde das Wohnviertel „An der Schmëtt“.

Die ehemalige Cité Syrdall, lange eine Geisterstadt, wird umgestaltet, mit einem klaren Fokus auf bezahlbares Wohnen, Nachhaltigkeit und sanfte Mobilität. Seit November 2024 laufen die Arbeiten für die 164 Wohneinheiten. Bürgermeister Marc Lentz gibt im Gespräch einen Einblick in die Zukunft des Viertels. Doch bevor wir nach vorne blicken, lohnt ein Blick zurück. Das Gelände hat nämlich eine bewegte Geschichte.

Universität für Parapsychologie

Auf dem heutigen Baugebiet befindet sich einst ein Hüttenwerk, angeblich auch eine Druckerei. Der etwas zweifelhafte Ruf der Cité Syrdall geht auf das Jahr 1969 zurück. Damals soll das „Syrdall Schlass“ in der Gemeinde Manternach zum Sitz einer internationalen Privatuniversität für Parapsychologie werden. Die Studierenden sollen in einer eigens dafür erbauten Wohnsiedlung untergebracht werden. Geplant ist, die Wohnungen in den Sommermonaten an Feriengäste zu vermieten. Doch das Projekt scheitert und der Staat übernimmt das Schloss, um dort ein Therapiezentrum für suchtkranke Menschen einzurichten.

Der damalige Bauträger „Norabo S.A.“ versucht daraufhin, die bereits errichteten Gebäude in eine Ferienanlage mit Hotel, Golf- und Tennisplatz umzuwandeln. Doch auch dieser Plan misslingt. 1986 geht das Unternehmen in Insolvenz. Die Wohnungen werden an Privatpersonen verkauft, doch die Situation bleibt problematisch: Da die Siedlung im Bebauungsplan als Freizeiteinrichtung ausgewiesen ist, können sich die Bewohner nicht offiziell in der Gemeinde anmelden. Dienstleistungen wie die Müllabfuhr sind nicht geregelt. Zudem liegt die Siedlung ursprünglich in zwei Gemeinden: Rechts des Bachs gehört sie zur Sektion Wecker der Gemeinde Biwer, links davon zu Manternach. Erst mit der Flurbereinigung von 1998 wird das gesamte Areal Biwer zugeordnet.

Langer Weg zur Neugestaltung

Mit dem Ziel, das Gelände zu sanieren und in ein Wohnviertel zu verwandeln, wird 1998 der „Fonds d’assainissement de la Cité Syrdall“ gegründet. Doch auch dieses Vorhaben verläuft im Sand. Erst 2017, mit der Wahl von Marc Lentz zum Bürgermeister, nimmt das Projekt Fahrt auf. 2019 beschließt der Gemeinderat einen neuen Bebauungsplan, 2021 wird der „Fonds Syrdall“ per Regierungsbeschluss in den „Fonds du logement“ überführt. Als öffentliche Einrichtung und erfahrener Bauträger habe dieser die Ressourcen, um das Projekt zu realisieren, heißt es. Von der Planung und dem Bau bis hin zur Vermietung und Betreuung der künftigen Bewohner solle er sich um alles kümmern.

Als nachhaltig angedachtes Wohnviertel setzt „An der Schmëtt“ auf eine Mischung aus Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern, die sich harmonisch in das ländliche Umfeld einfügen. 164 Wohneinheiten sind geplant: 97 Einfamilienhäuser, 23 Wohnungen und 13 Zweifamilienhäuser. Besondere Schwerpunkte liegen auf Lebensqualität und der Schaffung von Begegnungsräumen.

2020 wird mit der Bodensanierung begonnen. Der Fluss Syr, der das Gebiet durchquert, wird renaturiert. Die ersten Wohneinheiten sollen 2026 fertiggestellt werden, die gesamte Siedlung voraussichtlich bis 2028. Die geschätzten Gesamtkosten belaufen sich auf rund 135 Millionen Euro.

Kommunale Herausforderung

„Der Zuwachs stellt die Gemeinde Biwer, mit heute knapp 2.000 Einwohnern, vor Herausforderungen“, so der Bürgermeister. Marc Lentz rechnet damit, dass die Bevölkerungszahl innerhalb weniger Jahre um ein Viertel steigen wird. „Das bedeutet mehr Schulklassen und mehr Maison-Relais-Strukturen.“ Heute besuchen etwa 180 Kinder die Schule in Biwer, „in den kommenden Jahren werden es voraussichtlich 120 bis 150 mehr sein“. Auch die Kläranlage müsse ausgebaut werden. Allein muss die Gemeinde das nicht stemmen. Der Bedarf an Infrastruktur wird stärker unterstützt, wenn im Rahmen des „Pacte logement“ gebaut wird.

Ein Herzstück des Projekts ist die nachhaltige Gestaltung des Viertels. Parkplätze werden am südlichen und nördlichen Rand zusammengefasst, sodass das Zentrum autofrei bleibt und Fußgängern und Radfahrern vorbehalten ist. Die neue Brücke, welche den nördlichen und südlichen Teil verbindet, ist 78 Meter lang und 1,20 Meter breit.

Von Beginn an sei auf eine umweltfreundliche Bauweise geachtet worden, auf hohe Energieeffizienz und nachhaltige Materialien, ein Regenwassermanagement über natürliche Rückhaltebecken und eine umfassende Photovoltaik-Infrastruktur, heißt es. Alle Gebäude, inklusive der überdachten Abstellplätze, würden mit Solarmodulen ausgestattet, sodass das Viertel mehr Strom erzeuge, als es verbrauche. Geheizt werde mit Wärmepumpen.

Vorzeigeprojekt

Bürgermeister Lentz spricht von einem Vorzeigeprojekt für nachhaltige Stadtentwicklung und bezahlbares Wohnen. Das neue Viertel der ehemaligen Cité Syrdall soll in eine attraktive, Umwelt- und gemeinschaftsfreundliche Wohngegend verwandelt werden. Mehrere öffentliche Plätze sowie ein Spielbereich sind vorgesehen und sollen Zusammenhalt und Zusammenleben fördern. „An der Schmëtt“ solle nicht nur den neuen Bewohnern zugutekommen, sondern die gesamte Gemeinde aufwerten.

Übrigens: Der Name „An der Schmëtt“ kommt nicht von ungefähr. Tatsächlich gab es hier einst eine Schmiede: die „Berbuerger Schmëtt“ oder „Berbuerger Schmelz“, die bereits 1755 nahe der Syr entstand. Ein passender Name für ein Viertel, an dem lange geschmiedet wurde.