Lebt man längere Zeit im Ausland, sind es oft die kleinen Annehmlichkeiten des Alltags, die man aus seiner Heimat vermisst. Luxemburger tun sich zum Beispiel anderswo mit dem dortigen Senf schwer. Andere Nationalitäten kennen das gleiche Problem; italienische, portugiesische oder chinesische Lebensmittelgeschäfte zeugen davon. Der kleine Laden „Home from Home“ in Strassen hat dies Marktlücke für die englischsprachige Gemeinschaft genutzt. Seit 2017 werden dort Produkte aus Großbritannien, Irland, Schottland, Australien, Südafrika und den USA angeboten. Die Inhaber wollen die Verfügbarkeit von Produkten gewährleisten, „die wir alle von zu Hause vermissen“, heißt es auf ihrer Website. Der Brexit hatte vor allem Folgen für ihre britische Kundschaft. Zu dem Zeitpunkt lebten rund 5.800 Briten in Luxemburg. „Was sich seit dem Datum geändert hat, wollen Sie wissen? Nun, es wurde wesentlich komplizierter für uns, Warten aus Großbritannien zu bestellen“, sagt Sarah Smith, Mitinhaberin des Geschäfts. „Vor allem gibt es jetzt viel mehr Papierkram“, seufzt sie.

Vor dem Brexit erhielten wir die in England bestellte Ware innerhalb weniger Tage, jetzt dauert es manchmal Wochen oder Monate
Nach einem typischen Produkt schlechthin gefragt, das jetzt sehr schwer zu importieren sei, sagt sie spontan „tea pots“ – Teekannen. Kann man nicht europäische nehmen? Die Engländerin schaut mich mitleidig an: Nein, sagt sie, europäische seien nicht geeignet. Die „richtigen“ Teekannen kämen natürlich aus Stoke-on-Trent. Die Stadt in den englischen Midlands, die mir bis dahin kein Begriff war, ist vor allem für ihre Teekannenprodutkion bekannt.
Geschäftsführer Calum Heffernan erinnert sich noch an die ersten Tage nach dem Brexit: „Wir waren in Panik, wir hatten fast keinen Vorrat.“ Merklich länger geworden seien die Lieferzeiten, bei vielen Produkten seien die Wartezeiten schon extrem. „Vor dem Brexit erhielten wir die in England bestellte Ware innerhalb weniger Tage, jetzt dauert es manchmal Wochen oder Monate.“ Besonders tragisch seien die ersten Weihnachten nach dem Brexit gewesen, erinnert er sich. Er musste 175 Kunden anrufen und ihnen sagen, dass ihre bestellten und zum Teil bezahlten Truthähne nicht rechtzeitig zur Weihnachtsfeier ankommen würden.
Schwierig zu bekommen seien jetzt auch Keramikwaren, ergänzt seine Mutter Sonya. Waren, die als Weihnachtsgeschenkideen gedacht waren, kamen damals auch erst nach dem Fest an.
Irisches statt britisches Fleisch
Ein unter Engländern beliebtes Produkt habe man komplett aus dem Angebot streichen müssen: echte englische Schweinefleisch-Pastete („pork pie“). „Einer unserer Fleischlieferanten, ein 150-jähriges Unternehmen, musste wegen des Brexits Konkurs anmelden“, erzählt Calum. Englisches Fleisch habe man jetzt zum Teil durch irisches ersetzt, was allerdings nicht zum Nachteil sei: „Unsere Kunden sind damit sehr zufrieden, denn das irische Fleisch ist von besserer Qualität.“
Vor 2020 fuhren wir einmal die Woche nach England und kauften dort Waren, vor allem Fleisch, ein und brachten sie selbst im Kleintransporter nach Luxemburg. Das ist heute nicht mehr möglich.
Früher sei er auch noch selbst auf die Insel gefahren, um Ware vor Ort abzuholen: „Vor 2020 fuhren wir einmal die Woche nach England und kauften dort Waren, vor allem Fleisch, ein und brachten sie selbst im Kleintransporter nach Luxemburg. Das ist heute nicht mehr möglich.“

Etliche britische Produkte würden nun aus Nordirland via Irland eingeführt, was die Sache aber auch nicht vereinfacht. Doch es sei nicht nur schwieriger geworden, überhaupt englische Produkte einzuführen, auch seien die Preise nach dem Brexit gestiegen. „Allerdings kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ob es einen direkten Zusammenhang gibt und der Preisanstieg ausschließlich dem Brexit geschuldet ist“, räumt Calum ein.
Doch Brexit brachte dem kleinen Unternehmen nicht nur Unannehmlichkeiten: „Wir haben jetzt mehr Kunden als vorher“, sagt Calums Mutter. Wie oben erwähnt hat „Home from Home“ nicht ausschließlich britische Kunden: Auch Iren, Australier, Amerikaner und Südafrikaner finden in Strassen Produkte aus der Heimat: „Mit dem Import von Produkten aus anderen englischsprachigen Ländern gibt es keine Probleme; außer bei solchen aus Südafrika: Einer der größten Importeure südafrikanischer Produkte für den europäischen Markt befindet sich in England.“
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Die Briten täten gut daran wieder in die EU zu kommen. Die Separatisten sterben aus und die Mehrheit ist dafür.Also...welcome again.