Fangen wir mit einem kurzen Was-bisher-geschah an: Arbeitsminister Mischo (CSV), der schon genug Arbeit mit der Umsetzung der EU-Direktive zum Kollektivvertragswesen hat (und dadurch mit den Gewerkschaften), muss auch den Gesetzesentwurf zur Mindestlohnanpassung überarbeiten, der ebenfalls aus jener europäischen Richtlinie hervorgeht. Den hat nämlich kürzlich der Staatsrat kassiert. Der Grund: Es fehlt eine konkrete Berechnungsmethode, um einen angemessenen Mindestlohn für Luxemburg festzulegen, so wie in der Direktive gefordert.
Das Arbeitsministerium hat sich nun an die Statistikbehörde Statec gewandt, um bei der Ausarbeitung eines solchen Referenzwertes zu helfen. Dort hat man Erfahrungen, wenn es um Zahlen zum Ein- und Auskommen der Luxemburger geht. Erst kürzlich hat Statec eine Analyse zur Entwicklung der Kaufkraft seit 2019 veröffentlicht. Das Ergebnis: Luxemburg hat sich in den vergangenen Krisenjahren erstaunlich widerstandsfähig gezeigt. Über alle Einkommensschichten hinweg ist die durchschnittliche Kaufkraft von 2019 bis 2023 gestiegen. Vor allem dank Indexierung und verschiedener staatlicher Hilfsmaßnahmen. Diese Hilfsmaßnahmen haben die Mitarbeiter von Statec schon während der Entscheidungsfindung analysiert: „Wir konnten der Politik genau sagen: Eure Maßnahmen haben diese und jene Wirkung, sowohl einzeln als auch als Gesamtpaket“, sagt Tom Haas. Das sei „ein Gamechanger in Luxemburg“ gewesen, so der Direktor von Statec. Ein möglicher Grund dafür, warum die Behörde seitdem immer öfter als Berater in politischen Prozessen herangezogen wird.
Kaufkraft, Armutsrisiko, Referenzbudgets
Doch der Mindestlohn ist nun eine andere Kiste. Statec hat Erfahrung mit der Berechnung von Kaufkraft, von Armutsrisiko, von Referenzbudgets. „Das sind alles Konzepte, bei denen wir von Haushalten sprechen“, sagt Haas. Beim Mindestlohn geht es jedoch nicht um Haushalte, sondern um Einzelpersonen. Und es gibt noch weitere Gründe, warum die Statistiker nicht einfach ihre bekannten Modelle übertragen können. Im Fall der Kaufkraft zum Beispiel: Dort werden nur luxemburgische Haushalte berücksichtigt. „Wir wissen nicht, in welchem Haushalt ein Grenzgänger wohnt, wie die Steuerlandschaft im Nachbarland genau aussieht, welches Einkommen ein Partner verdient.“ Für den Mindestlohn funktioniert dieses Konzept also nicht.
Gleiches gilt für die Referenzbudgets. Hier veröffentlicht Statec regelmäßig, wie viel Geld bestimmte luxemburgische Haushalte monatlich für alle Aspekte des Lebens ausgeben müssen. „Das ist etwas Untypisches, das macht nicht jedes statistische Institut“, sagt Haas. Um diese Budgets zu erstellen, hat Statec Interviews mit Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen geführt und einen Warenkorb zusammengestellt – ganz ähnlich dem, der zur Berechnung der Preisentwicklung bei der Inflation dient. Dort fließt alles ein: von Auto- oder Handykosten über Nahrungsmittel bis hin zu Ausgaben des Soziallebens. Von ihrer Methodologie her sind diese Referenzbudgets jedoch auch nicht wirklich gut für die Umsetzung der EU-Direktive geeignet, weil neben der Preise auch der gesamte Warenkorb regelmäßig aktualisiert werden müsste. Ein immenser Aufwand. „Der Warenkorb sieht sicher heute anders aus als noch vor der Pandemie“, sagt Haas. Mehr Home Office bedeutet andere Ausgaben.
In der Statistik passt nicht jedes Konzept auf jede Frage. Viel hängt an der Fragestellung, sie muss präzise formuliert sein. Das ist Aufgabe der Politik. Was die Statistiker dann liefern können, sind verschiedene Konzepte, um herauszufinden, welches die beste Antwort auf diese Frage findet. Für den Mindestlohn bedeutet das: Zunächst einmal ist zu klären, von welchem Gegenstand man eigentlich ausgeht. Was nimmt man als Grundlage, wenn man von Lohn spricht? Die Arbeitsstunden? Mit oder ohne Überstunden? Das Jahresgehalt? Mit oder ohne 13. Monatsgehalt?
Spielraum bei der Gewichtung
Die EU-Direktive lässt der nationalen Politik dabei viel Spielraum, sie formuliert jedoch auch Bedingungen. So heißt es zum Beispiel in Artikel fünf der Richtlinie zum Verfahren, mit dem angemessene gesetzliche Mindestlöhne festgelegt werden sollen: „Diese Festlegung und Aktualisierung erfolgt anhand von Kriterien, die zu ihrer Angemessenheit beitragen sollen, mit dem Ziel, einen angemessenen Lebensstandard zu erreichen, die Armut trotz Erwerbstätigkeit zu verringern, den sozialen Zusammenhalt und die soziale Konvergenz nach oben zu fördern und das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu verringern.“
Es geht bei der Mindestlohn-Direktive nicht darum, einen europaweiten Mindestlohn festzulegen. Die Mitgliedstaaten werden dazu aufgerufen, klare Kriterien zur Bemessung eines Mindestlohns zu definieren und diese in nationales Gesetz zu gießen – übrigens in enger Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern, wie es in Artikel sieben der Direktive steht. Wie genau diese Kriterien auszusehen haben, das sagt auch die EU-Richtlinie nicht. Jedoch formuliert sie im Text Anforderungen. Bei der Berechnung des Mindestlohns seien mindestens diese vier Kriterien zu berücksichtigen: die Kaufkraft der gesetzlichen Mindestlöhne unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten, die allgemeine Höhe der Löhne und ihre Verteilung, die Wachstumsrate der Löhne sowie langfristige nationale Produktivitätsniveaus und -entwicklungen.
Wenn man sich diese Voraussetzungen anschaut, wird deutlich: In der ein oder anderen Form wird die Arbeit von Statec zu Kaufkraft und Referenzbudgets in die Modelle zum Mindestlohn wohl einfließen. Welche Bedeutung ihnen zukommt, welcher Schwerpunkt dort gelegt wird, ist jedoch eine politische Entscheidung, keine statistische. Die EU-Direktive billigt den Mitgliedstaaten das Recht zu, bei „relativen Gewicht“ dieser Faktoren frei zu entscheiden anhand ihrer eigenen „sozioökonomischen Umstände“. In welchem Kräfteverhältnis Kaufkraft und Lebenshaltungskosten des Einzelnen am Ende zur Produktivität der Wirtschaft stehen werden, liegt in den Händen des Arbeitsministers.
Brutto-Medianlohn vs. Brutto-Durchschnittslohn
Die EU-Direktive schreibt den Mitgliedstaaten außerdem vor, international gebräuchliche indikative Referenzwerte zu benutzen, um die Angemessenheit der gesetzlichen Mindestlöhne zu beurteilen. Das könnten laut Richtlinie zum Beispiel 60 Prozent des Brutto-Medianlohns oder 50 Prozent des Brutto-Durchschnittslohns sein. Für Luxemburg würde dies bedeuten: 2.906 Euro pro Monat (bei einem Brutto-Medianlohn im Jahr von 58.126 Euro auf 12 Monate) oder 3.163 Euro (bei einem Brutto-Durchschnittslohn im Jahr von 75.919 Euro auf 12 Monate). Für unqualifizierte Arbeitnehmer liegt der Mindestlohn derzeit bei 2.637,79 Euro im Monat, für qualifizierte Arbeitnehmer bei 3.165,35 Euro.
De Maart

Mindestlohn, wo ist denn da das Problem,
einfach anpassen und nicht lange diskutieren oder herum
fummeln, bei "Staatsdienern" ist immer eine sofortige Lösung
vorhanden,trotz negativer Leistung, somit wird Handel und
Handwerk immer mehr in den Abgrund gedrängt.
Totale Zweiklassengesellschaft.
Also jemand der 8 Stunden am Tag arbeitet müsste meiner Meinung nach doppelt soviel verdienen wie jemand der gar nicht arbeitet. Und trotzdem sollte man Nichtstun nicht verdammen, deswegen bin ich auch für ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Wie kommt die Statec eigentlich auf die Daten? Die waren mal vor der Pandemie so in etwa gültig. Jawoll, bei der Ernährung könnten wir mal zurückschalten, Porchetta nur noch an Feiertagen, Kabeljau com natas am Karfreitag, eventuell auch bei der Hygiene, Instandhaltung der Wohnung stimmt, Saugen und Wäsche waschen von nun an nur noch am ersten des Monats, Mutti hat sowieso immer übertrieben, nur bei Multimedia könnten wir noch etwas zulegen, ab März 1 Giga Internet, aber einsparen beim Klopapier, Tageblatt und Luxemburger Wort in Streifen schneiden, wie damals Ommi.
Ach ja, die " Taxes Communales" , mal fragen ob die Gemeinde überhaupt dazu berechtigt ist!