Einer Vertrauensfrage im Parlament kommt oft eine historische Bedeutung zu. Schließlich weht der Wind des politischen Macht- und Gezeitenwechsels im Hintergrund. Die Vertrauensfrage, die Bundeskanzler Olaf Scholz am Montag im Bundestag stellte, wies bereits die Merkmale des Wahlkampfes auf. Historisch war daran wenig. Eine Sternstunde sieht anders aus.
Die Vertrauensfrage hat Scholz nun im Spätherbst seiner Amtszeit verloren, das Vertrauen in den Wählerumfragen schon vor längerer Zeit. Immerhin blieb ihm das Selbstvertrauen für eine Wahlkampfrede, bei der er noch mal austeilte, indem er etwa den Liberalen die „sittliche Reife“ absprach. Es war mehr ein Nachtreten als ein Blick nach vorn. So sahen es viele Beobachter des Geschehens. Und ein kräftiges Austeilen: Mehr Mindestlohn sowie weniger Steuern für die „arbeitende Mitte“ kündigte der Kanzler an.
Dagegen setzt Oppositionsführer Friedrich Merz, für den die Chancen auf die Scholz-Nachfolge gut aussehen, auf die „Wettbewerbsfähigkeit“. Sie ziehen mit einem „Wohlstandsversprechen“ und dem Versprechen, die Steuern zu senken, in den Wahlkampf – CDU und CSU haben ihr Programm „Politikwechsel für Deutschland“ genannt. Dazu gehören auch ein scharfer Kurs in der Migrationspolitik und die Wiederabschaffung des Bürgergeldes. Nicht zu vergessen: die Beibehaltung der „Schuldenbremse“, Fetisch der deutschen Christdemokraten. Auf Details zur Finanzierung wird nicht näher eingegangen. Zwar bekennt sich die Union zum Pariser Klimaabkommen, will aber auch an der „Option Kernenergie“ festhalten. Allgemein gibt es deutliche Parallelen zum Kurs der hiesigen CSV-DP-Regierung. In Merz steckt viel Frieden.
Nur der Vizekanzler, amtierende Wirtschafts- und Klimaschutzminister und grüne Spitzenkandidat Robert Habeck ließ kurz Nachdenklichkeit walten, als er auf die Krise der Demokratie anspielte. Seine Bündnis-Grünen hatten sich in der Vertrauensfrage enthalten. Dass nach der Bundestagswahl im Frühjahr die SPD der Koalitionspartner von Merz werden dürfte, heißt noch lange nicht, dass die Grünen die Hoffnung aufgegeben haben. In der Spätphase der kurzen Scholz-Ära klingt schon der „Vormerz“ an. Der ähnlich klingende Vormärz, der die Epoche vor der Märzrevolution 1848 bezeichnet, wird häufig mit restaurativer Politik und Biedermeier in Verbindung gebracht. Kein gutes Omen.
De Maart

Die Srernstunde werden die "Ampels" nach den Wahlen erleben.
"Politikwechsel für Deutschland"... Ja absolut!
Dass die Ampel raus muss sollte mittlerweile jeder verstanden haben. Aber wenn einer glaubt, dass mit einer Merz rein Bewegung der deutsche Scherbenhaufen bereinigt wird, wird herb enttäuscht werden. Der außenpolitische (!) Schaden könnte für Deutschland und Europa verheerende Folgen haben. Es gibt noch Alternativen!