Der ungehinderte Zugang zu Smartphone und Internet während der Schulzeit hat laut der Unesco schwerwiegende Folgen: Konstante Ablenkung, schlechteres Zeitmanagement, eine niedrigere Aufmerksamkeitsspanne und ein schlechteres Gedächtnis, das sind die direkten Auswirkungen auf die schulischen Leistungen der Schüler. Der allgegenwärtige Vergleichsdruck, der durch die Social-Media-Trends entsteht, füttert Ängste und Unsicherheiten. Auch Cybermobbing, soziale Abstumpfung und ein Mangel an Bewegung sind ein immer größeres Thema, auch an luxemburgischen Schulen. Für die Petenten der Petition Nr. 3176 ist die Lösung einfach: ein generelles Verbot von Smartphones an allen Schulen des Landes. Das Handyverbot an Grundschulen reicht ihnen nicht aus.
Die neuen Regeln des Bildungsministeriums sehen für die Sekundarstufe lediglich eine „physische Trennung“ von Schüler und Gerät während der Unterrichtszeiten vor. Die Nutzung während der Pausen bleibt zunächst erlaubt, allerdings können die Schulen eigene Konzepte entwickeln und weitere Beschränkungen einführen. Zusätzlich läuft seit Beginn des neuen Schuljahres eine Sensibilisierungskampagne, um die Eltern miteinzubeziehen. Laut Premierminister Luc Frieden sei das Ziel, „den Überkonsum unter Jugendlichen zu bremsen“.
Die Maßnahmen sind Teil des Aktionsplans „sécher.digital“, der für einen modernen Umgang mit digitalen Medien in den Schulen sorgen soll. Weitere Schwerpunkte sind ein verantwortungsvoller Umgang mit künstlicher Intelligenz, eine Optimierung der Verwaltung im Bildungsbereich sowie die Stärkung digitaler Kompetenzen in der Schule. In diesem Rahmen will Bildungsminister Claude Meisch (DP) auch die Nutzung von Tablet-Computern ausweiten.
Meisch verteidigt „Basisregelung“
Dass damit das Ziel einer besseren „Screen-Life-Balance“ unterlaufen wird, fürchtet das Syndikat Erziehung und Wissenschaft des OGBL (SEW/OGBL). In einem Statement vom September warnt die Gewerkschaft, dass ein konzeptloser und flächendeckender Einsatz von Tablets die „Screentime“ nur verlängere, statt sie zu verkürzen. Minister Meisch habe die Chance, Konzepte für einen konkreten pädagogisch-didaktischen Einsatz des Tablets im Unterricht zu erarbeiten. Die „Screen-Life-Balance“ dürfe sich nicht nur auf Handybildschirme beschränken.
Für weiterführende Schulen ändere das Konzept des Ministers nichts. Dort darf das Handy bereits jetzt nur mit Erlaubnis der Lehrkraft genutzt werden. Die Verantwortung für darüber hinausgehende Regelungen könne nicht auf die Schulen abgewälzt werden. Lehrkräfte brauchen rechtliche Sicherheit, die nur national einheitliche Prozeduren bieten können, so das SEW/OGBL.
Im Petitionsausschuss verteidigt Meisch sein Konzept. Es solle eine einheitliche „Basisregelung“ schaffen, die konkrete Situation in den Schulen sei jedoch unterschiedlich. Deshalb sollen diese sich zunächst ein internes Reglement für die Handynutzung außerhalb der Unterrichtszeiten geben.
Ein Aspekt, der ihm bei dem Thema bislang zu kurz komme, so Meisch, sei die Frage, was die Kinder mit ihrer Zeit stattdessen anfangen sollen. Man müsse auch ein gutes Angebot an analogen Alternativen bieten. Nur so könne eine Förderung sozialer und sportlicher Aktivität jenseits des Handybildschirms gelingen. Meisch kündigte an, ein Förderprogramm für diese Alternativen auszuarbeiten.
Opposition für mehr Differenzierung
Die Abgeordneten im Petitionsausschuss stehen der Petition differenziert gegenüber. Ein generelles Handyverbot überzeugt sie jedoch nicht. Marc Goergen (Piraten) sprach sich gegen eine Verteufelung digitaler Medien aus. „Es muss Stunden geben, wo man den Gebrauch von digitalen Medien im Unterricht aktiv begleitet“, stellte er klar. Ähnlich äußerte sich Djuna Bernard („déi gréng“): „Wenn man das Handy tabuisiert, hat man das Problem nicht gelöst.“ Viele Jugendliche seien gegen ein Verbot, weil damit stark in ihr Leben eingegriffen werde, das zum Teil im Internet abläuft.
David Wagner („déi Lénk“) erinnerte daran, dass auch die Abgeordneten der Chamber des Öfteren auf ihrem Handy scrollen. Es handele sich offensichtlich um ein gesellschaftliches Problem. Die Schulen durch Verbotspolitik künstlich von der Gesellschaft abzugrenzen, sei keine gute Idee. Schließlich könnten Schüler bereits jetzt das Verbot umgehen, indem sie ein Ersatzhandy abgeben und ihr primäres Smartphone während der Unterrichtszeit behalten.
De Maart
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