Mittwoch22. Oktober 2025

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„Wir sind in der Frage gespalten“Außenminister Bettel spricht in Zypern über Rolle der EU im Nahostkonflikt

„Wir sind in der Frage gespalten“ / Außenminister Bettel spricht in Zypern über Rolle der EU im Nahostkonflikt
Außenminister Xavier Bettel und sein zyprischer Homologe Konstantinos Kombos waren sich in zahlreichen Punkten einig Foto: Sidney Wiltgen/Tageblatt

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Die EU ist im Nahostkonflikt zerstritten und könnte mehr tun. Zu diesem gemeinsamen Fazit kommen Außenminister Xavier Bettel und sein zyprischer Homologe Konstantinos Kombos bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstag. Der eigentliche Grund der Luxemburger Visite geriet dabei schnell in den Hintergrund. Aus Nikosia berichtet Sidney Wiltgen.

West Bank, Libanon und Gaza – Schlagwörter, die Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel derzeit rund um den Globus begleiten. So auch bei seinem Zwischenstopp in Zypern, bei dem es eigentlich um das 20-jährige Jubiläum von Zyperns EU-Beitritt gehen sollte. Die EU war aber nur dann Thema, wenn es um deren Rolle in Israel und Palästina ging. Bei der Frage eines zyprischen Journalisten setzte Luxemburgs Chefdiplomat zum politischen Essay an.

Welche Initiativen unternimmt die EU als Länderblock in der Region Nahost, um zum Friedensprozess beizutragen? So lautete, nach freier Übersetzung, die Frage eines zyprischen Journalisten an die beiden Außenminister. „Es gibt keinen einheitlichen Block in der EU“, antwortete Xavier Bettel. Die Außenpolitik der EU sei eine Frage der Einstimmigkeit, was bedeute, dass nur jeweils der kleinste gemeinsame Nenner der Mitgliedstaaten für eine Entscheidung tauge. „Wir sind in der Frage gespalten.“

Auch deswegen, weil immer noch verschiedene Staaten die Zwei-Staaten-Lösung ablehnen würden. Das Resultat: „Der europäische Einfluss in der Region ist klein“, sagte Bettel. Auch deswegen sei er auf der Suche nach einer Dynamik, um Palästina nicht nur symbolisch anzuerkennen, sondern etwas in der Region zu bewirken. Bettel befinde sich demnach auch in Gesprächen mit beispielsweise Japan und Südkorea. „Der Palästinenserin, die ihr Kind zu Grabe trägt, ist es nämlich egal, ob Luxemburg Palästina anerkennt oder nicht“, so Bettel. Und: „Wir versuchen immer wieder Feuer zu löschen, anstatt sie von vorneherein zu verhindern.“ Derweil brauche es Anstrengungen von palästinensischer und israelischer Seite, um Frieden in die Region zu bringen. „Frieden in Palästina bringt Frieden nach Israel.“

Institutionelle Kakophonie

Ein Fazit, das Zustimmung seitens des zyprischen Außenministers fand. „Die EU scheitert daran, die Rolle auszufüllen, die sie eigentlich in der Region spielen könnte“, sagte Kompos, der der EU eine institutionelle Kakophonie bescheinigte. „Das müssen wir klar ansprechen.“ Auf bilateraler Ebene sei man sich zwischen Luxemburg und Zypern jedenfalls einig und jeder versuche, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um Fortschritte zu erzielen. „Letzten Endes aber zählt vor allem das Resultat“, sagte Kompos. Und das sieht nach Ansicht des zyprischen Außenministers eher ernüchternd aus. „Wir haben weder humanitäre Hilfe in dem Ausmaße, wie wir es benötigen würden, noch sind die israelischen Geiseln frei“, so Kompos. „Eine Aufgabe, die jeden Tag komplizierter wird.“

Dementsprechend scharf kritisierten die beiden Außenminister dann auch die Entscheidung der israelischen Knesset, das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA ab kommendem Jahr verbieten zu wollen. „Das ist eine einseitige Entscheidung Israels, die ich in meiner Unterredung mit dem Knesset-Sprecher ebenfalls ansprechen werde“, sagte Bettel. Sein zyprischer Gegenüber hatte die Arbeit der UNRWA kurz vorher als „obligatorisch und unverzichtbar“ bezeichnet.

Wirtschaftlich ausbaufähig

Die bilateralen Beziehungen zwischen Luxemburg und Zypern bezeichneten beide Chefdiplomaten auf politischer Ebene als exzellent. Die wirtschaftlichen Zahlen würden demnach nur die halbe Wahrheit ausdrücken. „Ich werde in dem Rahmen bei der Luxemburger Handelskammer nachfragen, ob sie Interesse an einer Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen hat“, erklärte Bettel. Kombos sah seinerseits durchaus Möglichkeiten für weitere Investitionen.

Kombos dankte Bettel zudem für die jahrelange Unterstützung im schwelenden Zypern-Konflikt. 1974 hatte das türkische Militär den Norden der Insel besetzt, nachdem griechische Zyprer den Anschluss Zyperns an Griechenland durchsetzen wollten. Seitdem ist die Mittelmeerinsel zweigeteilt: Der Norden der Insel wird von der international nicht anerkannten türkischen Republik Nordzypern regiert. Gespräche zur Beilegung des Konfliktes sind immer wieder gescheitert.

Dabei zeigt das Projekt des „Committee on missing persons of Cyprus“, das Außenminister Xavier Bettel am Dienstagnachmittag besuchte, dass griechisch-türkische Kooperation durchaus möglich ist. Das Komitee widmet sich dem Wiederauffinden und der Identifikation von insgesamt 2.002 Personen, die während der Unruhen von 1963 und 1964 sowie im Zuge der türkischen Besetzung 1974 verschollen waren. 1.051 Personen konnten in langwierigen Prozessen mittlerweile identifiziert und ihren Familien zugeführt werden.

goelff jean-pierre
29. Oktober 2024 - 17.16

Die derzeitige EU:ein immens kostenspieliges Trauerspiel!