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MoldauEU-Rückschlag statt Befreiungsschlag: Präsidentin Sandu muss um ihre Wiederwahl bangen

Moldau / EU-Rückschlag statt Befreiungsschlag: Präsidentin Sandu muss um ihre Wiederwahl bangen
Die proeuropäische Präsidentin Maia Sandu könnte bei der Stichwahl im November ihrem prorussischen Gegenkandidaten Alexandru Stoianoglo unterliegen Foto: AFP/Daniel Mihailescu

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Beim EU-Anwärter Moldau verspüren die russophilen Kräfte nach dem unerwartet knappen Ausgang des EU-Referendums wieder Oberwasser. Die proeuropäische Präsidentin Maia Sandu muss trotz ihres Siegs im ersten Wahlgang hingegen um ihre Wiederwahl bangen: Sie wirft Moskau massive Wahlmanipulationen vor.

Der Vorfeierfreude folgte ein tiefer Schock. Nur vor der Bekanntgabe der ersten Ergebnisse der historischen Doppelwahl in der Republik Moldau wurde im Hauptquartier der proeuropäischen Regierungspartei PAS in Chisinau noch eifrig mit Europas Sternenbanner gewedelt.

Als sich statt des erwarteten klaren Siegs der EU-Befürworter bei dem Referendum über die Aufnahme des anvisierten EU-Beitritts in die Verfassung zunächst gar ein Sieg der russophilen EU-Gegner abzuzeichnen schien, pflasterten die achtlos zurückgelassenen Papierfähnchen bald den Boden und die Stühle im sich rasch leerenden Festsaal: In Scharen und restlos bedient verließen die enttäuschten Regierungsanhänger die frühzeitig geplatzte Wahlparty.

Über massive Manipulationen, den Kauf von 300.000 Stimmen und einen „beispiellosen Angriff auf die Demokratie“ klagte in der Wahlnacht zu Montag die aufgebrachte Staatschefin Maia Sandu nach der gleichzeitig angesetzten ersten Wahlrunde der Präsidentenkür. Gemeinsam mit einer ausländischen Macht hätten „kriminelle Gruppen“ versucht, die Lage zu destabilisieren, so der Vorwurf der proeuropäischen Präsidentin in Richtung Moskau: Millionen von Euros seien ausgegeben worden, „um Lügen und Propaganda zu verbreiten“.

Erst am Montagmorgen verhalf die Auszählung der Stimmen der in der ausländischen Diaspora lebenden Exil-Moldauer den proeuropäischen Kräften doch noch zu einem späten und hauchdünnen Referendumssieg: Laut vorläufigen Ergebnissen (Stand 11.30 Uhr Montag) stimmten 50,27 Prozent der Moldauer mit „Ja“ und 49,73 Prozent mit „Nein“ zum EU-Beitritt als Verfassungsziel.

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Mindestens 15 Millionen Euro wurden offenbar über eine russische Bank zum Stimmenkauf an zehntausende Moldauer überwiesen

Ein überzeugendes Wählervotum sieht anders aus. Der Urnengang werde „für Jahrzehnte“ die Zukunft des EU-Anwärters bestimmen, hatte Sandu vor der Doppelwahl noch hoffnungsfroh orakelt. Doch der unerwartet knappe und mühsame Sieg beim EU-Referendum dürfte vor der am 3. November anstehenden Stichwahl der Präsidentenkür eher ihre russophile Konkurrenz beflügeln.

Obwohl die Amtsinhaberin den ersten Wahlgang mit 42,07 Prozent wie erwartet gewonnen hat, verspürt der von den oppositionellen Sozialisten (PSRM) ins Rennen geschickte Ex-Generalstaatsanwalt Alexandru Stoianoglo als Zweitplatzierter mit 26,27 Prozent neuen Aufwind: Der Großteil der Stimmen der ausgeschiedenen russophilen Kandidaten dürfte ihm zufallen. Sandu könnte hingegen Mühe haben, sich zusätzliche Stimmenreservoirs zu erschließen.

Fraglich ist auch, ob sich für die Umsetzung des Referendumssiegs im Parlament die für Verfassungsänderungen nötige Zweidrittelmehrheit überhaupt finden lässt. Im nächsten Jahr stehen in dem zwischen Rumänien und der Ukraine liegenden Binnenstaat Parlamentswahlen an: Eine erneute Mehrheit für die PAS scheint keineswegs sicher, im Gegenteil.

Zerrissen zwischen Ost und West

Moskau weist die Manipulationsvorwürfe aus Chisinau zwar zurück. Doch der Verdacht des massenhaften Stimmenkaufs wird nicht nur durch Augenzeugenberichte am Wahltag genährt, sondern auch durch die Enthüllung auffälliger Transaktionen schon vor dem Urnengang: Allein von der russischen Promswjasbank (PSB) sollen in den letzten Wochen 15 Millionen Dollar auf die Konten zehntausender Moldauer geflossen sein.

Eine Schlüsselrolle bei der Finanzierung des Stimmenkaufs und der bei dem EU-Anwärter lancierten Desinformationskampagnen der letzten Wochen soll laut Sicherheitsbehörden der Justizflüchtling und sich nach Moskau abgesetzte Oligarch Ilan Shor gespielt haben. „Ich gratuliere Ihnen, Maia: Sie haben den Referendumskampf verloren“, höhnte Shor in der Wahlnacht in einer Videobotschaft, in der er sich selbst zum „Sieger der Schlacht“ erklärte.

Doch Sandus schwierige Ausgangslage vor der Stichwahl ist nicht nur dem millionenschweren Störfeuer aus Moskau zuzuschreiben. Offenbar hatte ihr siegessicherer Wahlstab angesichts der Umfragen, die einen klaren Sieg für die Amtsinhaberin prophezeiten, deren Aussichten falsch eingeschätzt: Unverständlich bleibt, warum Sandu das TV-Duell mit ihren zwei aussichtsreichsten Konkurrenten kurz vor dessen Beginn platzen ließ.

Unterschätzt hat das proeuropäische Regierungslager offensichtlich auch den Leidensdruck vieler Landsleute in dem verarmten und von den Folgen des Ukrainekriegs hart gebeutelten Land. Der bei Sandus erstmaliger Wahl 2020 angekündigte Aufschwung ist ebenso ausgeblieben wie sichtbare Ergebnisse im gelobten Kampf gegen die Korruption. Statt der Republik Moldau den erhofften EU-Aufbruch und dem endgültigen Bruch mit Moskau zu bescheren hat das EU-Referendum vor allem das Bild eines Landes bekräftigt, das zwischen Ost und West ebenso hoffnungslos wie dauerhaft zerrissen scheint.

Wahl in Moldau: EU wirft Russland „beispiellose Einflussnahme“ vor

Die Europäische Union hat Russland eine „beispiellose Einflussnahme“ auf die Präsidentschaftswahl in Moldau sowie auf das Referendum zum angestrebten EU-Beitritt des Landes vorgeworfen. Der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, Peter Stano, sprach am Montag in Brüssel von einer gezielten russischen Kampagne zur „Einschüchterung“ und „Einmischung“ in dem südosteuropäischen Land.
Bereits Monate vor der Volksabstimmung und der Präsidentschaftswahl in dem Nachbarland der Ukraine seien Moldaus Wähler nach EU-Informationen „massiver Propaganda aus Russland und von russischen Stellvertretern“ ausgesetzt gewesen, sagte Stano. So habe es in der Vergangenheit Vorwürfe des versuchten Stimmenkaufs gegeben. Eine abschließende Bewertung wolle die EU später vorlegen. (AFP)

porcedda daniel m
21. Oktober 2024 - 20.55

Europa hat es versäumt, Moldau nötige Hilfe gegen die russische Einflussnahme zukommen zu lassen. Es ist seit Jahren bekannt, dass Russland massiv die Politik Moldaus unterwandert. Und selbstverständlich wird in großem Ausmaß russische Propaganda in Moldau verbreitet.

Und so, wie auch in der Ukraine, wurden und werden russische Bürger ins Land eingeschleust um Stimmung gegen eine prowestliche Orientierung zu machen. Und um die Basis zu schaffen für eine Annexion des Landes. Dann wird Putin, wie in der Ukraine, mit eigenen russischen Bürgern einen Aufstand anzetteln, den er der Welt dann wieder als Bürgerkrieg verkaufen wird, obwohl es seine eigenen Leute sind, die zu Unruhen aufstacheln. Anschließend muss Putin wieder seine Landsleute „befreien“, mit militärischer Macht selbstverständlich. Das Szenario ist bekannt da in der Ukraine genau so exerziert.

Nach knapp zwei Wochen Krieg in der Ukraine war ich mehrere Tage in der moldauischen Hauptstadt Chişinău. Habe dort mit einigen Menschen sprechen können. „Wir sind als nächstes dran“, sagten dort viele. Die Befürchtung ist berechtigt. Die Menschen leben seit Jahren unter der permanenten Bedrohung Russlands. Die kremlschen Machenschaften in Moldau setzen den Menschen dort zu.

Wer hier bei uns meint, Moldau könne man getrost Russland überlassen, sollte mal einige Tage in Chişinău verbringen und mit den Menschen reden. Und dann mal durch die Straßen der Stadt flanieren und sich die jungen Menschen anschauen, die hoffen, eines Tages in Frieden und Freiheit leben zu können. Wenn man die jungen Leute dort beobachtet, sieht man kaum einen Unterschied zu jungen Menschen bei uns in der EU. Die Vorstellung schmerzt, diese Menschen in den Klauen eines Autokraten zu sehen, der sie ihrer glücklichen Zukunft berauben wird.

Luxmann
21. Oktober 2024 - 18.43

Hauptsache dieses land bleibt draussen...sowas braucht niemand in der EU und es wurde schon genug geld im osten europas verbrannt.