„Ich bin schockiert.“ „Das ist eine Frechheit.“ Diese scharfen Reaktionen kamen am Freitag von Oppositionspolitikern während der Gemeinderatssitzung in Düdelingen. Hintergrund war der „Sommet économique“ der vergangenen Woche, bei dem sich bedeutende Wirtschaftsvertreter aus Düdelingen mit dem Schöffenrat, dem Wirtschaftsminister, dem Geschäftsverband und dem Citymanager hinter verschlossenen Türen getroffen hatten. Der Gemeinderat war nicht eingeladen. CSV, „déi gréng“, DP und „déi Lénk“ kritisierten dies in einer gemeinsamen Motion. Sie wiesen darauf hin, dass auch sie als gewählte Mandatsträger die Wirtschaftspolitik der Stadt mitgestalten. Die Informationen, die beim „Sommet économique“ ausgetauscht wurden, könnten für die Oppositionsparteien bei Entscheidungen hilfreich sein, sagte Michèle Kayser-Wengler (CSV).
Martine Bodry-Kohn, Gemeinderätin der LSAP, stellte hingegen klar, dass es einen Unterschied zwischen Schöffen- und Gemeinderat gebe. Für Empörung sorgte ihre Aussage zur Vertraulichkeit: „Was die Diskretion betrifft: Dort zweifele ich an der Realität, wie das abläuft […]. Ich glaube, was wir den Kreis größer öffnen, was die Diskretion weniger eingehalten wird“, sagte Bodry-Kohn.
Der grüne Oppositionspolitiker Yves Steffen zeigte sich „schockiert“, während Jean-Paul Gangler (CSV) die Aussage als „Frechheit“ bezeichnete. Die Oppositionsparteien betonten, dass sie bereits regelmäßig im „huis clos“ – also hinter verschlossenen Türen – arbeiten würden und dabei ebenfalls zur Geheimhaltung verpflichtet seien. Bodry-Kohn entgegnete jedoch, dass dies nicht dasselbe sei. Unternehmer seien in kleinerem Kreis offener.
Bürgermeister Biancalana stellte klar, dass während des „Sommet économique“ keine Entscheidungen getroffen wurden, sodass die Kontrollfunktion des Gemeinderats nicht beeinträchtigt sei. Er schlug vor, in Zukunft die Betriebe gemeinsam mit dem Gemeinderat zu besuchen. Dies sei eine sinnvolle Initiative, jedoch kein Ersatz für die „Sommet“-Gespräche, konterte Michèle Kayser-Wengler. Der Einwand der Opposition brachte allerdings nichts. Die eingebrachte Motion, den Gemeinderat in Zukunft zu den Treffen mit den Wirtschaftsvertretern einzuladen, wurde von der LSAP-Mehrheit abgelehnt.

Verdichtung von Neischmelz
Der weitere Verlauf der Gemeinderatssitzung verlief deutlich harmonischer – insbesondere bei der Diskussion über das neue Wohnviertel „Neischmelz“. Das Architekturbüro „Christian Bauer & Associés Architectes S.A.“ präsentierte Anpassungen für den südlichen und zentralen Teil des Bebauungsplans (PAP). Ein zentrales Thema dabei: Verdichtung.
Das Viertel Neischmelz
Das neue Stadtviertel in Düdelingen, zwischen „Quartier Italien“ und Schmelz, ist 36 Hektar groß. Geplant sind 1.575 Wohnungen für rund 3.500 Menschen – momentan zählt die Gemeinde Düdelingen etwa 22.000 Einwohner. Die Hälfte davon ist als soziale Mietwohnungen vorgesehen. 35 Prozent werden staatlich bezuschusste Wohnungen sein. Nur insgesamt zehn Prozent gehen in den freien Verkauf. Neischmelz soll ein CO₂-neutrales Viertel werden. Die Erzeugung von elektrischer Energie erfolgt durch Fotovoltaikanlagen, die teilweise auf dem Dach des Walzwerks installiert werden. Warm- und Kaltwasser sollen die Wohnungen über Geothermie beziehen. Falls dies nicht ausreicht, wird auf Solarthermie zurückgegriffen. Auch die „Diddelenger Baach“ soll aufgewertet und ihr Verlauf größtenteils beibehalten werden. Bauträger ist der „Fonds du logement“.
Im zentralen Viertel soll die Anzahl der Wohnungen von 326 auf 346 steigen. Im südlichen Teil wird die Zahl von 12 auf 58 erhöht. Diese zusätzliche Wohnfläche wird erreicht, indem viele Gebäude um ein oder mehrere Stockwerke aufgestockt werden. Auch die Anzahl der Parkplätze im Süden verdoppelt sich, von 61 auf 122 Stellplätze.
Die Gemeinderäte begrüßten die zusätzlichen Wohnungen einstimmig, insbesondere im Hinblick auf die anhaltende Wohnungskrise. Es handele sich um eine „kontrollierte Verdichtung“, die im geplanten Viertel möglich sei. So können die nötigen Infrastrukturen den steigenden Einwohnerzahlen angepasst werden.
Dazu gehört unter anderem auch das Heizsystem. Eigentlich sollte Geothermie, also das Pumpen von Hitze aus bis zu 1.200 Metern Tiefe, zum Heizen der Gebäude benutzt werden. Allerdings verzögern sich die administrativen Verfahren. Die Straßenbauverwaltung „Ponts et chaussées“ hat noch nicht mit den Probebohrungen begonnen, die laut „Fonds du logement“ in den kommenden Monaten oder Jahren beginnen sollen. Die ersten Wohnungen, die ab 2028 bezugsfertig sein sollen, werden stattdessen über eine zentrale Wärmepumpe beheizt. Fotovoltaikanlagen auf dem Dach des alten Walzwerks sollen die Energie liefern.
Die vorgeschlagenen Änderungen wurden einstimmig angenommen.
Unmut wegen ADEM-Zweigstelle
Unzufriedenheit herrschte hingegen bezüglich der Schließung der ADEM-Zweigstelle in Düdelingen. Arbeitsminister Georges Mischo (CSV) hatte Ende September bekannt gegeben, dass die Niederlassung am 30. November geschlossen wird. Die Gründe: Die Räumlichkeiten seien zu klein, die Personaldecke zu dünn und für so manchen Dienst müssten die Kunden sowieso andere Zweigstellen aufsuchen. Ein neues Gebäude für die ADEM in Düdelingen habe sich laut Mischo nicht gefunden. Das sahen die Schöffen und Gemeinderäte am Freitagmorgen allerdings anders.
Die Gemeinde selbst habe zwar keine passenden Gebäude in ihrem Besitz, man habe aber eine „Vermittlerrolle“ zwischen Staat und Privateigentümern eingenommen und der ADEM andere Räumlichkeiten angeboten, betonte Dan Biancalana noch einmal. Darunter unter anderem ein altes Post-Gebäude im Stadtzentrum und ein ehemaliges Supermarkt-Gelände am Stadtrand. „Was mir sauer aufgestoßen ist, ist, dass wir auf die Briefe, die wir dem Arbeitsministerium geschickt haben, weder Antwort noch Empfangsbestätigung erhalten haben“, sagte Biancalana
Dies kritisierten fast alle Oppositionsparteien. „Von einem Minister, der auch Sportminister ist, hätte man sich mehr Fairplay erwarten können“, sagte Yves Steffen von „déi gréng“. CSV-Rat Claude Martini bedauerte die Schließung der Zweigstelle ebenfalls. Zu der Kommunikation mit dem Minister könne er allerdings keine Position nehmen. Klar sei: Das Gebäude in Düdelingen befinde sich in einem schlechten Zustand. Deswegen könne die CSV-Fraktion „damit leben“, dass die Arbeitssuchenden kurzfristig eine hochwertige Beratung woanders erhalten. Und: Mit dem Umzug würden sich auch die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter der Zweigstelle verbessern.
„Mit einer besseren Kommunikation hätte man sicher eine Lösung finden können“, betonte hingegen DP-Rat Marc Meyer. Die Leidtragenden seien schlussendlich die Menschen, die auf die Zweigstelle angewiesen sind. Carole Thoma (déi Lénk) wies darauf hin, dass Düdelingen für viele Menschen leichter zu erreichen sei als Belval. Auch Martine Bodry-Kohn hob hervor, dass die Erreichbarkeit ein zentrales Problem sei, insbesondere für Bürger aus umliegenden Gemeinden wie Frisingen. Ein verpasster ADEM-Termin aufgrund eines verspäteten Zuges könne für Arbeitssuchende bereits den Verlust des Arbeitslosengeldes bedeuten.
Am Rande
Der Gemeinderat dauerte mehrere Stunden. Unter anderem standen auch folgende Punkte auf der Tagesordnung:
– Alain Clement hat sich als LSAP-Mandatsträger aus dem Gemeinderat zurückgezogen. Ersetzt wird er von Diogo Costa, den der Bürgermeister am Anfang des Gemeinderats vereidigte.
– Die Instandsetzung des linken und rechten Tanks des Trinkwasserreservoirs „Roudebierg“ wird um 100.000 Euro teurer. Der angepasste Kostenvoranschlag beziffert das Projekt nun mit 800.000 Euro.
– Düdelingen hat für 2024 Hundesteuern in der Höhe von 57.890 erhalten.
– Düdelingen unterstützt seine örtlichen Vereine für das Jahr 2023 mit insgesamt 57.970 Euro.

Dass der Schöffenrat zu viel Macht hat steht ja längst ausser Frage. Drei sind leichter zu überzeugen als dreißig. Wenn man sich den Bautenminister zur Pizza einlädt hat man mehr Chancen als Unternehmer zu punkten.