Donnerstag23. Oktober 2025

Demaart De Maart

ChamberWo auch weiterhin Fragen bleiben: Caritas-Kommissionssitzung bringt wenig neue Erkenntnisse

Chamber / Wo auch weiterhin Fragen bleiben: Caritas-Kommissionssitzung bringt wenig neue Erkenntnisse
Volles Haus in der Chamber: Im Plenarsaal blieben bei der Caritas-Ausschusssitzung fast keine Plätze leer Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Ganz Luxemburg hat mehr Fragen als Antworten zum Caritas-Skandal. Fragen, auf die es am Montag in einer Sitzung von gleich sechs Parlamentsausschüssen auch nur sehr begrenzt Antworten gab.

Sechs Parlamentsausschüsse und fünf Minister sind am Montagmittag im Plenarsaal der Chamber zusammengekommen. Premierminister Luc Frieden, Finanzminister Gilles Roth, Ministerin für soziale Sicherheit Martine Deprez (alle CSV), Familienminister Max Hahn und Bildungsminister Claude Meisch (beide DP) waren in der Kommission zugegen, um auf etwaige Fragen der Abgeordneten zu antworten. Gründe dafür gab es reichlich. 61 Millionen, um genau zu sein. Fast auf den Tag genau zwei Monate, nachdem die Affäre publik geworden ist, wartet die Chamber, wie der Rest der Öffentlichkeit auch, auf Antworten auf dringende Fragen. Eine von den Oppositionsparteien vorgeschlagene Spezial-Kommission in der Chamber wird es wohl nicht geben. Das ließ CSV-Fraktionspräsident Marc Spautz im Anschluss an die Sitzung durchblicken.

Während Luc Frieden in der Verantwortungsfrage des Skandals auf das Subsidiaritätsprinzip setzt – „Caritas ist nicht der Staat“ –, hat er die Aufarbeitung des Vorfalls hingegen direkt zur Chefsache erklärt. Ein aufgrund des Ausmaßes des Skandals und der Implikation staatlicher Gelder richtiger Schritt. Aus politischer Sicht ist die Entscheidung Friedens ebenso gewagt wie verständlich: Die Verbindungen der Caritas zur CSV und umgekehrt reichen Jahrzehnte zurück. Zuletzt war niemand anders als die langjährige CSV-Ministerin Marie-Josée Jacobs Vorsitzende des Verwaltungsrates. Dementsprechend auffällig war dann auch der Umstand, dass Frieden nach der Kommissionssitzung mit Nachdruck mehrmals darauf verwiesen hat, dass die neue Entität eine eigenständige ASBL sei, die eigene Entscheidungen treffe.

CSV mittendrin

Es ist jedoch genau diese Verbindung, die für das Innenleben der CSV derzeit reichlich Zündstoff birgt. Wenn Frieden die Aufarbeitung zur Chefsache erklärt, muss man davon ausgehen, dass er in engem Austausch mit dem Vorsitzenden des Krisenkomitees Christian Billon steht. Demzufolge dürfte auch keine größere Entscheidung des Krisenkomitees ohne den Segen des CSV-Chefs getroffen werden.

Dass mit der neuen Entität „HUT – Hëllef um Terrain“ eine de facto Entlassung der politischen „Plaidoirie“ der Caritas eine der stärksten sozialkritischen Stimmen des Landes verloren geht, dürfte auch keine leichtfertige Entscheidung gewesen sein. Zwei Szenarien: Entweder Luc Frieden hat diese Entscheidung abgesegnet – was selbst einige CSV-Politiker des sozialen Flügels der Partei schockiert und überrascht hat und somit reichlich Zündstoff für den innerparteilichen Frieden birgt. Oder Premier Frieden hat nichts von der Entscheidung gewusst – infolgedessen man die Seriosität seiner Aussage, die Aufarbeitung des Finanzskandals bei der Caritas sei Chefsache, infrage stellen muss. Eine entscheidende Frage bleibt also: Inwiefern ist Luxemburgs Premierminister tatsächlich in die Aufarbeitung des Finanzskandals eingebunden? Aus der Zusammenstellung des Vorstandes von HUT lässt sich zumindest herauslesen, dass Frieden doch das eine oder andere Wörtchen mitzureden hat.

Die Lösung für die Caritas ist demnach ein Abklatsch dessen, was die Probleme einst verursacht hatte: Vertraute auf Verantwortungspositionen unterbringen. Mit dem Unterschied, dass nicht mehr Parteikollegen, sondern Freunde und Bekannte aus der Privatwirtschaft mit der Aufsichtspflicht im Vorstand beauftragt werden. Was aber passiert mit dem Vorstand der Caritas-Entitäten? Derzeit scheint es so, als könnte zumindest Caritas Jeunes et Famille so wie bisher weiter funktionieren. Sicher ist nur, dass die sozialpolitische Ebene des neuen Dienstleisters keine Priorität mehr darstellt – und womöglich sogar ganz verstummt. Ob ein solcher Skandal nämlich erneut vermieden werden kann, ist nicht nur eine Frage des Aufsichtsrates, sondern auch der Direktionsebene. Und auch in dem Punkt herrscht noch keine Klarheit. Wer wird die künftige HUT-Entität im Alltag führen? Wie sieht die neue Gouvernance aus? Eine Frage des DP-Abgeordneten Gérard Schockmel, welche neuen Kontrollmechanismen für die HUT vorgesehen sind, blieb in der Parlamentssitzung unbeantwortet. Es sei an den Untersuchungen der CSSF und der Staatsanwaltschaft, entsprechende Schwachstellen offenzulegen, damit die HUT Schlüsse daraus ziehen könne. Warum die Staatsanwaltschaft gleich zu Beginn der Affäre relativ offen kommunizierte und dies anschließend komplett einstellte, ist ebenfalls ein Mysterium. In der bisher letzten Pressemitteilung hatte die Staatsanwaltschaft von einem möglichen Präsidentenbetrug gesprochen. Indizien aber deuten klar in eine andere Richtung. Seitdem herrscht seitens der Justiz Stille – mit mehr Fragen als Antworten, die das Vertrauen in die Staatsanwaltschaft erodieren lassen.

Sozialpolitischer Schaden

Zum finanziellen Schaden – noch immer ist nicht öffentlich bekannt, was mit dem Geld der Caritas passiert ist und wie es überhaupt dazu kommen konnte – gesellt sich demnach auch ein gesellschaftspolitischer Schaden. Wie schwer dieser tatsächlich wiegt, kann derzeit wohl niemand genau abwägen, geschweige denn in Euros beziffern. Der LSAP-Abgeordnete Franz Fayot meinte, es sei nur sehr schwer zu akzeptieren, dass die „politische Plaidoirie“ verschwinde.

Für die Mitarbeiter der Caritas gibt es dennoch einige Lichtblicke: Die Gehälter für den Monat September sind gesichert. Ein Großteil soll auch in der neuen Entität unterkommen. Es bleibt jedoch die Frage: Zu welchen Bedingungen? 100 Mitarbeiter der Caritas haben hingegen künftig keinen Job mehr. 30 davon arbeiten in Luxemburg in der Verwaltung internationaler Projekte; 70 Mitarbeiter aus dem Sudan und Laos werden sich ebenfalls eine neue Stelle suchen müssen. Wie beeinträchtigt das Ende der Caritas demnach die Luxemburger Entwicklungspolitik? Die Caritas war nämlich nicht nur ein Akteur der Luxemburger Sozial-, sondern auch der Luxemburger Entwicklungspolitik. Erst Anfang des Jahres war Außenminister Xavier Bettel zu Besuch im Laos und besuchte anlässlich dessen auch Projekte der Caritas. Was mit diesen Projekten passiert, ist ungewiss. Es hat sich jedenfalls niemand anders gefunden, der die Mitarbeiter der Caritas weiterbeschäftigt hätte. Außen- und Kooperationsminister Xavier Bettel (DP) war bei der Sitzung im Parlament nicht anwesend – obwohl die Entlassungen in seinen politischen Verantwortungsbereich fallen. Gründe für sein Fehlen wurden keine genannt.

Abschließend bleibt noch die Frage nach dem C? Das Luxemburger Bistum hat sich bisher auffallend zurückgehalten. Selbst CSV-Fraktionschef Marc Spautz meinte, dass das bedauerlich sei, da mithilfe des kirchlichen Netzwerkes womöglich für die Mitarbeiter im Ausland eine Lösung hätte gefunden werden können. So bleibt aber nach dem unrühmlichen Verkauf des Luxemburger Wort und der Caritas-Affäre der Eindruck, dass das Luxemburger Bistum weniger dem C als dem € die Treue hält.

Tatsächlich meldete sich das Bistum erst am Montagnachmittag in einer Pressemitteilung zu Wort – und das auffallend profan. „Mit Dankbarkeit hat das Erzbistum die konsequenten Bemühungen aller beteiligten Parteien und insbesondere von Herrn Christian Billon zur Kenntnis genommen, um den Fortbestand eines Großteils der Aktivitäten der ehemaligen Caritas und die Beibehaltung der meisten damit verbundenen Stellen zu gewährleisten“, steht in dem Schreiben. „Da die Erzdiözese die Unabhängigkeit der neuen Struktur HUT – Hëllef um Terrain vollständig respektiert, wird sie dort nicht vertreten sein.“ Die jüngsten Machenschaften sollten den Dienst, den die Caritas geleistet habe, nicht schmälern.

Miette
17. September 2024 - 22.26

Das wird weiterhin ein Mysterium bleiben, hochfloriger Teppich; alte Tradition hier im Marienland.
Weder das Bistum noch Vatikan Fränz werden ihre Geldbeutel öffnen.

Grober J-P.
17. September 2024 - 9.52

"ist ebenfalls ein Mysterium." Aber, aber, Herr Wiltgen, unter Vettern wird man sich doch nicht auf den Schlips treten.
Hat Franziskus den Beutel doch nicht im Reisegepäck? Schade, er sollte seinen Schäfchen doch besser beistehen, "nondikass"! Was für ein Trauerspiel. Wenn Mutti das wüsste, hat immer gespendet von ihrer Minirente.