Allein die Ankündigung des Papiers war ein Politikum. Tagelang mutmaßten Diplomaten und Außenpolitikexperten, was China wohl in seine Positionen zum Ukrainekrieg einbinden würde – und was nicht. In zwölf Punkten hat Peking nun zu Gesprächen aufgerufen zwischen der Ukraine und dem Angreifer Russland. Doch die Reaktionen fallen skeptisch bis ablehnend aus. Ein Überblick über die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was sind die wichtigsten Botschaften des Papiers – und was fehlt? Zunächst fordert das Papier Bemühungen für einen Waffenstillstand. „Alle Parteien sollten Russland und die Ukraine unterstützen, in die gleiche Richtung zu arbeiten und letztendlich einen umfassenden Waffenstillstand zu erreichen“, heißt es darin. Zu Beginn des Papiers fordert China außerdem, dass „die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität aller Länder“ wirksam aufrechterhalten werden müsse. Dass sich Russland dafür zurückziehen müsste oder was mit russisch besetzten Gebieten geschehen soll, wurde nicht thematisiert. Das Dokument bekräftigt, dass die „legitimen Sicherheitsinteressen aller Länder ernst genommen“ werden müssten. Dahinter sehen Diplomaten einen Hinweis auf Russlands Argumentation, sich gegen die USA und die NATO verteidigen zu müssen. Entschieden fordert China zudem ein Ende der Sanktionen gegen Russland, „die nur neue Probleme schaffen“.
Kritisiert China seinen Partner Russland? Die Volksrepublik verteilt im Zwölf-Punkte-Plan keine eindeutigen Schuldzuweisungen. China macht aber indirekt deutlich, dass die Expansion westlicher Militärbündnisse die Sicherheitsinteressen Russlands gefährden und deshalb kontraproduktiv sind. Das Gleiche gilt für die „einseitigen“ Sanktionen des Westens. Klar spricht sich Peking aber gegen atomare Drohungen und den Einsatz nuklearer Waffen aus. Das ist gegen Moskau gerichtet.
Welche Interessen verfolgt China? Die Großmacht China tritt mit diesem Plan zum ersten Mal als Friedensmacht für Europa auf. Sonst musste sich die Volksrepublik eher die Vorwürfe der Europäer und Amerikaner im Hinblick auf die Einhaltung der Menschenrechte und des Fehlens rechtsstaatlicher Verhältnisse gefallen lassen. China bringt im Zwölf-Punkte-Plan seine Mitwirkung an konfliktmindernden Maßnahmen offensiv nach vorn, bei der Vermittlung von Friedensgesprächen, dem Austausch von Kriegsgefangenen und dem Wiederaufbau nach dem Krieg. Das klingt uneigennützig, ist aber eine Machtdemonstration. Die Volksrepublik betrachtet den eurasischen Kontinent als regionalpolitisches Feld wie Afrika oder Lateinamerika. Der Anspruch ist, neben oder langfristig sogar vor den Vereinigten Staaten wieder die Weltmacht zu werden, die China Jahrhunderte war.
Plan bedient chinesische Interessen
Kann der Plan den Krieg verkürzen? Das ist eher unwahrscheinlich, weil ein Abnutzungskrieg zwischen der vom Westen unterstützten Ukraine und Russland im Interesse Chinas liegt. Der schwächt die einstige Supermacht Russland, aber auch die Vereinigten Staaten und Europa. Ein schneller Friedensschluss ist für China nicht vorrangig, aber der Zwölf-Punkte-Plan unterstreicht die Ambitionen der Volksrepublik. Außerdem unterstützt China seinen Nachbarn Russland wirtschaftlich und möglicherweise bald militärisch, was eher für eine Verlängerung des Konflikts spricht.
Welche wirtschaftlichen Interessen sind im Spiel? Im Papier wird deutlich, dass sich das Reich der Mitte um die Stabilität der Weltwirtschaft Sorgen macht. Hier schadet eine Eskalation des Krieges chinesischen Wirtschaftsinteressen. Deshalb will China das Ausmaß dieses globalen Konflikts mindern. Dazu dient auch die Hervorhebung der Getreide-Initiative der Schwarzmeer-Anrainer Ukraine, Russland und Türkei. Denn die soll die Versorgung der Welt mit Nahrungsmitteln sicherstellen.
Und wie reagierte die Ukraine? Kiew lehnte das Papier ab. „Jeder Friedensplan“, der nur einen „Waffenstillstand“ und infolge dessen eine neue Trennlinie und die Besetzung von Gebieten vorsieht, „handelt nicht von Frieden“, schrieb der Berater im Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak, am Freitag auf Twitter. Der Leiter des Auswärtigen Ausschusses im Parlament, Olexander Mereschko, bezeichnete das Dokument gar als „Propaganda-Aktion“. Es sei eine Ansammlung „leerer Losungen“.
De Maart
Kein Wort darüber, dass Zelenskiy selbst den Plan als nicht schlecht bezeichnet hat und dass der erste Punkt ganz klar gegen Annexion und für den Respekt von Unabhängigkeit ist? Könnte man schon meinen, das wäre Absicht...
Habt ihr die 12 Punkte komplett veröffentlicht?