Vor einer Woche war der Bekanntheitsgrad von Michael E. begrenzt. Seit der Nacht zum vergangenen Freitag hat sich das allerdings geändert. Seitdem ist seine Person plötzlich landesweit in aller Munde, auch wenn der Name des 42-Jährigen wahrscheinlich immer noch den wenigstens außerhalb von Trier ein Begriff sein dürfte. Michael E. hat es innerhalb weniger Minuten in die Schlagzeilen geschafft – wo er, wenn man den Schilderungen des Mannes Glauben schenken darf, aber weder hin wollte noch hingehört.
Am Freitagmorgen sorgte eine Polizeimeldung bundesweit für Aufsehen, nach der ein etwa 40-köpfiger Mob eine Gruppe Polizisten gewaltsam attackiert habe – mit Glasflaschen, Holzstöcken und Schaufeln. Zunächst war sogar von Eisenstangen die Rede, die im Spiel gewesen seien. Doch das wurde Stunden später von einem Polizeisprecher wieder dementiert.
Michael E. war in jener Nacht einer von zwei Männern, die die wegen eines Streits zur Diskothek Secret Club gerufenen Polizisten festgenommen haben. Der andere Festgenommene war sein 21-jähriger Verwandter. Beide sollen die Polizei in jener Nacht angegriffen haben, gegen sie wird jetzt wegen Körperverletzung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und schweren Landfriedensbruchs ermittelt. Beide kamen nach der Festnahme vorübergehend in eine Zelle der Polizei, bevor sie gegen Morgen wieder entlassen wurden.
Hilferuf des Sohnes
Wenn Michael E. sich an die Nacht zurückerinnert, klingen die Schilderungen über seine Person ein wenig anders als die der Polizei. Der 42-Jährige war mit Kumpels in der Stadt unterwegs, als ihn sein 18-jähriger Sohn wegen eines Streits in der Diskothek anrief und um Hilfe bat. „Ich bin zusammengeschlagen worden“, soll der Sohn nach eigenen Angaben dem Vater gesagt haben.
Michael E. will nach dem Hilferuf des Sohnes nicht lange gezögert haben. Das Angebot von Freunden, ihn zur Diskothek zu begleiten, habe er abgelehnt. „Ich bin zu Fuß da hin“, sagt er, „nach etwa zehn Minuten war ich da.“ Michael E. wollte nach eigenen Angaben mit dem Security-Mitarbeiter reden, der mit seinem im Gesicht blutenden Sohn zuvor eine handfeste Auseinandersetzung gehabt habe. „Aber die Polizei stand da vor der Diskothek wie eine Mauer“, sagt der Trierer. Er sei dann auf die Mauer zugegangen; „ich wollte da durch“, sagt Michael E., der von der Statur her eher aussieht wie ein Footballspieler als ein Golfspieler. „Ich hatte nichts in der Hand und habe davor auch nichts geworfen“, sagt er, will aber nicht ausschließen, „dass ich auch um mich gehauen habe“. Erinnern könne er sich daran aber nicht.
Auf einem Video, das im Internet kursiert und von seinem Anwalt Thomas Roggenfelder gezeigt wird, ist zu sehen, wie mehrere Polizisten einen Menschen zu Boden bringen und ein Beamter einmal mit dem Schlagstock zuschlägt. Dies sei die Szene, sagen der Anwalt und sein Mandant, wo Michael E. außer Gefecht gesetzt worden sei. „Ich hatte Pfefferspray in den Augen, lag auf dem Boden und hatte Handschellen an“, erinnert sich Michael E. Von den Umstehenden hat er nach eigenen Angaben niemand gekannt, der bisweilen erhobene Rädelsführer-Vorwurf sei daher völlig abwegig.
„Ich war schockiert“
An alle Details dessen, was in jener Nacht geschah, kann sich der 42-Jährige allerdings nicht mehr erinnern, was auch daran gelegen haben könnte, dass er vorher mit Freunden kräftig gefeiert habe, wie er selbst einräumt. Immerhin 1,92 Promille Alkoholkonzentration im Blut habe man später bei ihm festgestellt, sagt er.
Erst in der Zelle der Trierer Polizeiinspektion will Michael E. davon erfahren haben, dass er angeblich fünf Beamte verletzt habe. „Ich war schockiert, als ich die Beschuldigungen und später auch die Statements der Politiker gehört habe“, sagt der 42-Jährige. „Eine solche Vorverurteilung ist nicht in Ordnung“, sagt auch der Trierer Rechtsanwalt Pierre Wolff, der den Sohn von Michael E. vertritt. Dem 18-Jährigen werden nach seinen Angaben ähnliche Vorwürfe gemacht wie dem Vater. Er habe sich seinem Vater angeschlossen, als dieser den Polizeiriegel durchbrechen wollte, sagt er. An viel mehr kann sich der junge Mann nach eigenen Angaben nicht erinnern – „wegen des Pfeffersprays in meinen Augen und der Schmerzen“.
Glaubt man den beiden, wollen sie jetzt nicht die Polizei an den Pranger stellen, sondern unvoreingenommene Ermittlungen, bei denen nicht von Anfang an der vermeintliche Schuldige schon feststehe. Auch die beiden Trierer Anwälte stört, dass so viele Landes- und Kommunalpolitiker ihre Mandanten vorverurteilt hätten. Mit ein Grund, warum sie jetzt mit ihrer Sicht der Dinge auch offensiv in die Medien gingen. „Wir sind dazu doch gezwungen, weil Michael E. quasi zum Anführer des Mobs gemacht wurde“, sagt Jurist Thomas Roggenfelder.
Eine Bürde bringt sein Mandant freilich noch mit: Er steht wegen Körperverletzung unter Bewährung, wie Michael E. auf Nachfrage selbst einräumt.
Dieser Artikel erschien zuerst im Trierischen Volksfreund.
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