„Herr Kuleba hat andere Verpflichtungen“, erklärte der schwedische EU-Vorsitz. Der Überraschungsbesuch von US-Präsident Joe Biden in Kiew hat der EU die Show gestohlen. Und so mussten Chefdiplomat Josep Borrell und die 27 Minister allein über den Krieg in der Ukraine diskutieren, der sich am Freitag zum ersten Mal jährt. Nach einem Frühstück mit dem russischen Dissidenten Garry Kasparow und vor einem Mittagessen mit der moldawischen Europaministerin Nicu Popescu ging es wieder einmal um die russische Aggression und Möglichkeiten, ihr zu begegnen.
Viel Neues ist der EU dabei nicht eingefallen. Pünktlich zum Jahrestag der russischen Invasion soll das zehnte Sanktionspaket in Kraft treten. Es sieht unter anderem Handelsbeschränkungen für Elektronik, Spezialfahrzeuge und Maschinenteile vor, aber auch ein Exportverbot für Toiletten und sanitäre Anlagen. Insgesamt gehe es um einen Wert von elf Milliarden Euro, heißt es in Brüssel.
Doch trotz der ansehnlichen Summe wirkt der Vorschlag, den die EU-Kommission vorgelegt hat, wie eine Sammlung von der Resterampe. Seit dem sechsten Sanktionspaket, das das Ölembargo enthielt, ist der EU kein großer Wurf mehr gelungen. Auf dem Tisch liegen zwar noch einige Ideen – ein Embargo gegen russische Diamanten oder ein Verbot russischer Atomexporte. Doch dafür gibt es keine Mehrheit. Nicht nur Ungarn, sondern auch Belgien, Frankreich oder Finnland stehen auf der Bremse, da sie massive Nachteile für die heimische Wirtschaft fürchten. Schon jetzt schlagen Krieg und Sanktionen schwer zu Buche.
Die Kosten dürften weiter steigen – denn nun will die EU auch noch in die gemeinsame Beschaffung von Waffen und Munition für die Ukraine einsteigen. Borrell hatte sich schon am Sonntag bei der Sicherheitskonferenz in München für diese Idee ausgesprochen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte, die europäische Beschaffung von Impfstoffen in der Corona-Krise könne als Vorbild dienen.
China
Bei den Außenministern stieß der „dringende“ Vorstoß (so Borrell) auf Sympathie. Zustimmung erntete Europas Chefdiplomat auch bei einem anderen Thema – China. Wenn Peking beginnen sollte, Waffen nach Russland zu liefern, wäre „eine rote Linie“ überschritten, sagte der Spanier. Dies habe er auch dem chinesischen Außenpolitiker Wang Yi klargemacht. Dieser habe ihm versichert, China habe „keine Absicht, dies zu tun“.
Doch in Brüssel ist man auf der Hut. US-Außenminister Antony Blinken habe vor chinesischen Waffenlieferungen gewarnt, also müsse es auch entsprechende „Anzeichen“ geben, sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Waffen aus China wären eine „Steigerung des Konfliktes“ und würden „Konsequenzen“ haben, so Asselborn: Dann müsse man über Sanktionen gegen China reden. Für die Wirtschaft in China und Europa wäre es ein neuer, harter Schlag.
De Maart
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