Das Bahnhofsviertel, wie wir es heute kennen, war bis zur Eingemeindung im Jahre 1920 Teil der ehemaligen Gemeinde Hollerich. Auch die Avenue de la Gare war Teil von Hollerich. Die Grenze zur Stadt Luxemburg verlief in Höhe der rue du Fort Bourbon.
Mit dem Anschluss Luxemburgs an das Eisenbahnnetz und der Eröffnung des ersten Bahnhofs im Jahr 1859 entwickelte sich das Viertel sehr rasch. Kleineren und größeren Unternehmen waren die Anbindung Luxemburgs an das internationale Eisenbahnnetz von Wichtigkeit. Sie ließen sich in unmittelbarer Bahnhofsnähe nieder, und zwar an jenen Stellen, die einst riesige Grünflächen waren.
Mit der industriellen Entwicklung wuchs der Bedarf an Übernachtungsmöglichkeiten für Geschäftsleute schlagartig an. Erste Hotels bestanden aus Holzbauten, sie wurden recht schnell durch modernere Hotels ersetzt.


Auf zahlreichen Ansichtskarten um 1900 sind, um nur einige zu nennen, das Hotel International (1904), das Hotel Clesse (1896) und das Hotel Staar (1906, zuvor Hotel des Voyageurs, Hotel de la Gare) zu sehen. Das Hotel Central, später in Hotel Terminus umbenannt, ist ebenfalls auf Ansichtskarten um 1900 und später abgebildet. Das Hotel Alfa entstand viel später, und zwar 1923. Am Bahnhofsplatz sowie in unmittelbarer Nähe der „Al Avenue“ und der Avenue de la Liberté befanden sich 14 Hotels.

Viehverkauf, Industrie und Champagner
Die Hotels verfügten über große Stallungen für den Verkauf von Vieh. Ebenfalls dort untergebracht war das Depot der Straßenbahn. Die Abfahrt der Vizinalbahnen in Richtung Remich (1882) und Echternach (1904) vor dem heutigen Bahnhof sicherte dem Ort den Charakter eines Hauptbahnhofs.
1873 ließ sich die „Société anonyme des Forges et Laminoirs de Luxembourg“ gegenüber dem Bahnhof (dem heutigen Sitz der Post) nieder. Im Jahr 1887 wurde das Gelände an die Champagnerfabrik E. Mercier & Cie verkauft. Der aus Frankreich stammende Champagnerhersteller ließ sich bewusst in Luxemburg nieder. Sicherlich spielte die Eisenbahn eine wichtige Rolle in der Entscheidung für den Standort. Viel wichtiger war Luxemburgs Zugehörigkeit zum deutschen Zollverein. Der Champagnerproduzent hatte somit eine Möglichkeit, seine Ware von Frankreich über Luxemburg nach Deutschland zu vermarkten. Der Architekt Pierre Kemp hatte 1892 die historisierende Fassade zur Avenue de la Gare hin entworfen.


Das Unternehmen spielte eine wichtige gesellschaftliche Rolle durch seine Musikkapelle, den Verein der „Cyclistes de l’Etablissement E. Mercier & Cie“, seine eigene Feuerwehr und seinen Turnverein.


Mit dem Austritt Luxemburgs aus der deutschen Zollunion verringerte sich Merciers Umsatz schlagartig. Die Schließung der Produktionsanlagen von Mercier kündigte sich ab 1936 schrittweise an. Die verschiedenen Gebäude wurden als Autogaragen, Wein- und Spirituosengeschäfte, Cafés und Friseursalons neu genutzt.


Text und Fotos: André Feller
Postkarten: Privatsammlung Martine Feller
De Maart








Interessanter Artikel mit tollen Postkarten!
Gibt es kein Foto als es noch die großen Leuchtreklamen - ich glaube, es war Martini und Campari - gab (3. Foto von oben)?