Montag3. November 2025

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AdventszirkusDas Spiel mit dem Feuer: Jongleur Tony Garcia erzählt von seinem außergewöhnlichen Alltag

Adventszirkus / Das Spiel mit dem Feuer: Jongleur Tony Garcia erzählt von seinem außergewöhnlichen Alltag
The dark side of juggling: Tony Garcia ist für seine extremen Darbietungen bekannt

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Feuer spuckender Jongleur, Rekordträger, Kind einer Zirkus-Artisten-Familie: Tony Garcia hat viele Facetten. Wenn er, umgeben von Flammen, mit bis zu zehn Kunststoffbällen jongliert, hält das Publikum im Cirque de Lux den Atem an. Doch wie wächst man quasi als Kind auf der Bühne auf? Kann es beim Feuerspucken nicht zu Verletzungen kommen? Das Tageblatt ist in die Welt des Ausnahmekünstlers eingetaucht.

Tageblatt: Herr Garcia, wenn Sie die Begriffe Zirkus, Shows und Jonglieren hören, kann man als Außenstehender Ihre Begeisterung förmlich spüren. Man hat den Eindruck, als seien Sie in den Zirkus hineingeboren. Ist dem so?

Tony Garcia: Ja, natürlich. Sowohl mein Vater als auch meine Mutter, ja, unsere ganze Familie, wir alle sind Zirkusmenschen. Seit meiner Geburt bin ich mit meinen Eltern um die Welt gereist. Meine Mutter, die irischer Abstimmung ist, begeisterte das Publikum mit ihren waghalsigen Darbietungen am Trapez. Mein Vater, spanischer Abstammung, weiß, wie man Menschen mit humorvollen Einlagen als Clown zum Lachen bringt. Ich bin also mitten in dieser Welt aufgewachsen, und das bereits in der neunten Generation.

Wie kamen Sie eigentlich zum Jonglieren? Ihre Eltern haben ja beide grundverschiedene Shows im Zirkus.

Das war mit sechs Jahren. Damals liebte ich es als Kind, mit Jonglierkeulen, mexikanischen Jonglierhüten und Ringen zu jonglieren. Eines Tages meinte mein Vater, ich solle mich mal an Jonglierbälle wagen, ich hätte ein wahnsinniges Talent dafür. Anfangs fand ich das langweilig, doch als mich das Fieber für diese Bälle richtig packte, hatte ich kaum noch Interesse an anderen Gegenständen. Nach und nach wurde ich schneller, es kamen immer mehr Bälle hinzu. Meine ersten Auftritte fanden am Boden statt, dann kamen Tische hinzu, später fügte ich Wasser, dann Feuer hinzu. Und nun halt die Kombination mit Feuer und einem Vehikel.

Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Job im Zirkus?

Das ist ein unvergesslicher Moment. Meine Eltern waren auf Tournee. Ich jonglierte immer wieder mit den Bällen. Dann sprach mich der Zirkusdirektor an: „Ich habe einen Job für dich. Eine unserer Akrobatinnen ist schwanger. Du musst einspringen.“ Anfangs zögerte ich, doch der Zirkusdirektor blieb hartnäckig. „Tue es und du wirst es nie bereuen“, ermahnte er mich. Der Mann hatte recht, ich habe es nie bereut.

Was fasziniert Sie eigentlich am Jonglieren?

Beim Jonglieren ist jeder Tag eine persönliche Herausforderung, es ist ein Challenge in vielerlei Hinsicht. Kann ich schneller, länger, mit noch mehr Bällen? Kann ich die Bedingungen um mich herum noch extremer gestalten, etwa mit Feuer? Das ist meine Faszination, sich jeden Tag weiterzuentwickeln.

Als Kind schließt du Freundschaften mit anderen Zirkuskindern. Wenn eine Saison zu Ende geht, reisen alle ab. Die folgende Saison lernt man wieder neue Freunde kennen. Ich habe auf der ganzen Welt jede Menge Freunde.

Tony Garcias, Jongleur

Sie spucken ja gerne Feuer. Ist das nicht gefährlich?

Sehen Sie, ich bin Spanier, habe einen dunkelfarbigen Bart. Auf den ersten Blick fällt es nicht auf, wenn die Haare etwa verbrannt sind (lacht). Nein, im Ernst, die Haare wachsen wieder nach. Natürlich ist es gefährlich. Wenn man einen Schluck Spiritus nimmt, muss man sich das Gesicht gründlich abwischen, sodass keine Spiritusreste im Bart bleiben. Beim „Herausspucken“ des Spiritus muss man die zündende Flamme weit genug vom Körper halten. Dann ist es nur noch ein Zusammenspiel zwischen Schnelligkeit und Distanz.

Welche Gedanken schießen Ihnen durch den Kopf, wenn auf der Bühne etwas schiefläuft?

Das ist eine schreckliche Situation. Du kannst deinen Körper überhaupt nicht mehr kontrollieren. Deine Muskeln versteifen, du zitterst. Das Wichtigste ist, die Ruhe zu bewahren, durchzuatmen, dein positives Mindset abzurufen. Dann klappt es wieder mit der Show. Das Mindset ist das A und O.

Haben Sie sich nie an andere Zirkuskünste gewagt?

Wenn ich ehrlich bin, Jonglieren ist das, was ich am besten kann. Etwas anderes interessiert mich kaum. Jonglieren ist meine Leidenschaft.

Sie sind als Kind im Zirkusalltag aufgewachsen. Wie schaut es eigentlich mit Schulkameraden aus, wenn man ständig reist?

Es ist etwas außergewöhnlich. Du schließt Freundschaften mit anderen Zirkuskindern. Wenn eine Saison zu Ende geht, reisen alle ab. Die folgende Saison lernt man wieder neue Freunde kennen. Ich habe auf der ganzen Welt jede Menge Freunde. Leider bleibt aber keine Zeit, um diese Freundschaften zu vertiefen.

Sie treten quasi auf der ganzen Welt auf. Treten Sie vor allem auf Zirkusshows auf?

Keineswegs, ich stand auf vielen Bühnen in Europa, Amerika, in der Karibik, quasi überall. Auftreten tue ich, wo ich gebucht werde. Das können Theaterbühnen sein, Variété-Shows, Kreuzfahrten, Abend- und Dinnershows. Da gibt es keine Grenzen. Die Vermittlung erfolgt über eine Künstleragentur.

Wie lange sind Sie schon im Adventscircus tätig?

Ich arbeite seit vier Jahren im Cirque du Lux, also immer im Winter zur Advents- und Weihnachtszeit. Während der Sommermonate arbeiten wir auf internationaler Ebene mit anderen Zirkussen zusammen. Im Sommer dieses Jahres war das beispielsweise der Fall, mit einem Zirkus in Großbritannien.

Wie verläuft Ihr Alltag?

Der Zirkusjob ist ein 24-Stunden-Job. Auf der Bühne sieht der Zuschauer nur einen kleinen Teil des Zirkusalltags. Hinter den Kulissen arbeiten wir gemeinsam im Team. Das sind Unterhalts- und Reinigungsarbeiten, Reparaturen, das Vorbereiten der Spektakel, aber auch unsere individuellen Proben und Übungsläufe. Das Wichtigste sind dann die eigentlichen Shows und die täglichen Vorbereitungen. Alle Utensilien, Seilzüge, Trapeze, die Beleuchtung, alles wird täglich und vor Showbeginn geprüft. Jeder im Team beteiligt sich an den anfallenden Arbeiten, jeder packt mit an. Da hat ein präziser Stundenplan halt keinen Platz. Jeder Tag ist anders. Man erlebt eine schöne Zeit im Zirkus. Wir essen gemeinsam, feiern alle zusammen, die vielen Nationen, Familien und Kulturen, die sich im Zirkus austauschen. Jeder ist anders und trotzdem haben wir viele Gemeinsamkeiten.

Würden Sie sich einen geregelten Alltag wünschen?

Hmm, das ist schwer zu beantworten. Einerseits kann ich mir nicht vorstellen, einem geregelten Arbeitsalltag von 8 bis 17 Uhr nachzugehen. Andererseits ist es ohne Stundenplan schwierig, im Voraus zu planen, es ist stressig. Wenn wir dann zu Hause sind und keine Auftritte haben, vermisse ich schon nach ein paar Tagen das richtige Zirkusleben. Dann fehlt mir auch der Wohnwagen, obwohl es über mehrere Wochen zu zweit im Wohnwagen eng werden kann und man nur wenig Privatsphäre hat.

Wie kriegt man das Familienleben unter einen Hut?

Gemeinsam, ich habe letztes Jahr geheiratet, mit Bianca Renz. Wir leben im Wohnwagen, sind immer zusammen. Und wenn wir Nachwuchs bekommen, kriegen wir das auch auf die Reihe.

Unterscheidet sich das Publikum in Luxemburg vom Publikum aus anderen Ländern?

Das Publikum in Luxemburg unterscheidet sich wesentlich von dem in Spanien. Luxemburgisches Publikum ist ruhiger, die Menschen sind konzentrierter, verfolgen jedes Detail, sie genießen die Darbietungen und wertschätzen die Zirkuskunst. In Spanien ist das anders. Dort schreit das Publikum häufig auf, es ist selten Ruhe im Zelt. In Luxemburg gibt es umso mehr Applaus nach den Shows.

Hat das Publikum heute andere Anforderungen an den Zirkus als vor 20 bis 30 Jahren?

Ich denke, ja. Früher waren die Menschen nicht der Medienflut wie heute ausgesetzt. Früher konnte man Menschen mit einem Handstand beeindrucken. Heute tut fast jeder das in einem Fitnessstudio. In Internetvideos kann man alles sehen, was es auf der Welt gibt. Heute muss man viel mehr mit Effekten arbeiten, mit Lichtern, Feuer … Wir müssen uns jeden Tag infrage stellen, Shows neu überdenken und sich anpassen.

Was tun Sie nach dem 8. Januar, wenn der Cirque de Lux wieder abreist?

Zu Hause werden wir uns dann etwas ausruhen. Aber nur für kurze Zeit. Danach geht es weiter zu anderen Shows. Das nächste Reiseziel ist London.