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RechtsstaatlichkeitEU entzieht Ungarn Milliarden-Hilfen – doch auch Orban ist zufrieden

Rechtsstaatlichkeit / EU entzieht Ungarn Milliarden-Hilfen – doch auch Orban ist zufrieden
Der ungarische Regierungschef Viktor Orban dürfte zu Hause den Entzug von Milliarden Euro als Erfolg verkaufen Foto: AFP/John Thys

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Die EU macht ernst: Nach monatelangem Zögern werden Ungarn im Streit um den Rechtsstaat und die Korruption milliardenschwere EU-Hilfen entzogen.

Allerdings geht es nur noch um 6,3 Milliarden Euro – und nicht um 7,5 Milliarden, wie die EU-Kommission empfohlen hatte. Die Regierung des Rechtspopulisten Viktor Orban reagierte gelassen – denn im Gegenzug hat sie sich weitere Milliardenhilfen aus dem Corona-Aufbaufonds gesichert.

Die Entscheidung fiel nach einer Sondersitzung der EU-Botschafter in Brüssel. Zuvor hatte sich vor allem Deutschland für Kürzungen nach dem neuen Rechtsstaats-Mechanismus starkgemacht, der nicht zuletzt für Ungarn eingeführt worden war. Europa-Staatsministerin Anna Lührmann sprach von einem „historischen Signal“. Es zeige, dass „Werte wie Rechtsstaatlichkeit nicht verhandelbar sind“. Orban habe sein „Blatt überreizt“.

Der rechtslastige Regierungschef konnte sich lange auf die Unterstützung der Osteuropäer und auf die konservative Europäische Volkspartei (EVP) stützen. Nach Beginn des Ukraine-Kriegs hat er sich jedoch zunehmend isoliert. Orban sprach sich gegen neue Russland-Sanktionen aus und blockierte Ukraine-Hilfen mit einem Veto. Damit verscherzte er es sich sogar mit Polen, das ebenfalls mit dem Rechtsstaat ringt.

Für die Einigung war eine qualifizierte Mehrheit nötig. Das heißt, dass mindestens 15 der 27 EU-Staaten zustimmen müssen, die zudem noch mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen. Um diese Super-Mehrheit mussten die Befürworter einer strengeren Gangart gegenüber Budapest bis zuletzt bangen. Nicht nur Polen galt als Wackelkandidat, auch die neue Rechtsregierung in Italien drückt sich lange um eine Entscheidung. Nur die Beneluxstaaten trugen eine harte Linie mit.

Ein Teil des Deals ist, dass Ungarn auch Milliardenhilfen aus dem Corona-Aufbaufonds erhalten soll. Die Zahlungen von bis zu 5,8 Milliarden Euro sollen allerdings erst dann erfolgen, wenn 27 „Meilensteine“ erfüllt sind. Diese betreffen zum Beispiel die Wirksamkeit der neu eingerichteten „Integritätsbehörde“ zur Überprüfung mutmaßlicher Korruptionsfälle. Ungarn hat mit der Umsetzung dieser Bedingungen begonnen, 2023 soll alles fertig sein.

Rechtsstaatsmechanismus scheint zu greifen

Dies ist wohl auch der Grund dafür, dass sich die Regierung in Budapest zufrieden zeigt. „Wir haben unsere Ziele erreicht“, erklärte der ungarische Chefunterhändler Tibor Navracsics am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Budapest. Bis Jahresende werde man sich über die EU-Fonds einigen, so Navracsics. Im April oder Mai nächsten Jahres würde die Blockade der Mittel beendet sein. „Ungarn wird die EU-Mittel abrufen können“, fügte der Minister hinzu.

Nach Angaben von EU-Diplomaten geht der Deal aber noch weiter. Ungarn habe im Gegenzug zugesagt, sein Veto gegen neue EU-Finanzhilfen für die Ukraine und gegen eine weltweite Mindeststeuer für Unternehmen aufzugeben. „Wir haben eine Paketlösung“, hieß es in Brüssel. Damit könne man auch auf den „Plan B“ für die Ukraine verzichten. Er sah vor, 18 Milliarden Euro an Hilfskrediten durch Garantien aus 26 EU-Ländern (ohne Ungarn) abzusichern – und nicht aus dem EU-Haushalt. Nun sei die Kuh vom Eis.

Eine offizielle Bestätigung steht jedoch noch aus; das „Ungarn-Paket“ muss noch im schriftlichen Verfahren von allen 27 EU-Staaten bestätigt werden. Dies soll am Mittwoch geschehen – gerade noch rechtzeitig vor dem EU-Gipfel, der am Donnerstag beginnt. Damit wäre auch die Gefahr gebannt, dass Orban das Spitzentreffen mit seinen Erpressungsversuchen stört.

Nun sieht es dagegen so aus, als könnten die Staats- und Regierungschefs ihren neuen Rechtsstaats-Mechanismus feiern – in Ungarn scheint er zum ersten Mal Wirkung zu zeigen.

Phil
15. Dezember 2022 - 23.33

Am Fréijoer op Budapest an op de Balaton... do ass d'Welt nach wéi sie soll sin!