Frankreich und ein Dutzend weitere EU-Staaten hatten ein dauerhaftes Preislimit gefordert. Sie konnten sich jedoch nicht gegen Deutschland durchsetzen. Kanzler Olaf Scholz sprach sich gegen einen „politisch gesetzten Preisdeckel“ aus und warnte vor Versorgungsengpässen. Wenn der Preis zu niedrig wäre, könnten Tanker mit Flüssiggas einen großen Bogen um Europa machen.
Zehn Stunden lang redeten sich die Chefs beim Gipfel in Brüssel die Köpfe heiß, bevor sie den vagen Kompromiss fanden. Demnach wollen sie einen „befristeten dynamischen Preiskorridor für Erdgasgeschäfte“ schaffen. Der Gaspreis würde dabei nur zeitweise gedeckelt und flexibel an die Entwicklung am Weltmarkt angepasst. Wie das in der Praxis funktionieren soll, blieb allerdings unklar.
Die Energieminister sollen es richten
Die Lösung sollen die Energieminister bei ihrem nächsten Treffen am kommenden Dienstag finden. Einfach wird das nicht, denn der Teufel steckt im Detail. Außerdem suchen die Minister schon seit einem Jahr geeignete Maßnahmen gegen die Gaspreiskrise – bisher ohne großen Erfolg. Der Preis ist zuletzt zwar gesunken, aber vor allem wegen milder Temperaturen und voller Gasspeicher.
Belgiens Premier Alexander De Croo sprach dennoch von einem Erfolg. Die Energieminister würden Neuland betreten, die Umsetzung werde nicht leicht. Dennoch könnten die Details „in zwei bis drei Wochen“ ausgearbeitet werden. Ähnlich äußerte sich Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. Die wichtigsten Ziele seien erreicht worden: „Wir bleiben geeint, und wir senken den Gaspreis.“
Vorsichtiger äußerte sich Scholz. Der Kompromiss sei sinnvoll, jedoch nicht leicht umsetzbar. Man müsse noch an schwierigen Details arbeiten, bevor die Maßnahmen wirkten. Immerhin kann er es als Erfolg verbuchen, dass der feste Gaspreisdeckel vom Tisch ist. Auch der nun geplante Deckel „light“ könnte noch an einem deutschen Veto scheitern, wie Scholz auf Nachfrage einräumte.
Das ist nicht ein Unfall oder so was. Die Leute werden umgebracht von einer Moralpolizei.
Eine Niederlage erlitt der Kanzler dagegen bei der Erschließung neuer Gasfelder. Ein Änderungsantrag dazu, den Scholz in letzter Minute eingebracht hatte, wurde abgelehnt. Auch die von Scholz geforderte Midcat-Gaspipeline ist vom Tisch. Die Regierungen von Spanien, Frankreich und Portugal einigten sich auf den Bau einer dritten Pipeline von Barcelona nach Marseille. Der neue „grüne Energie-Korridor“ lässt Deutschland außen vor.
Debatte zu China, Geld für die Ukraine
Weniger kontrovers ging es bei den außenpolitischen Themen zu. Nach einer Videoschalte mit dem Staatschef der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, sicherten die EU-Chefs dem Land weitere politische, militärische und finanzielle Hilfe zu. Aus dem EU-Haushalt könnten künftig jeden Monat rund 1,5 Milliarden Euro nach Kiew fließen, um „die Grundbedürfnisse“ zu finanzieren, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Eine längere Debatte gab es zu China. Während aus Washington und Peking zunehmend schrille Töne kommen, bemühte sich EU-Ratspräsident Charles Michel um Ruhe: „Wir sind nicht naiv, aber wir wollen auch keine Konfrontation“, sagte er. Beim Handel und beim Klimaschutz wolle Europa weiter mit China zusammenarbeiten.
Mit besonderer Sorge verfolgt die EU die Entwicklung im Iran. Der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel kritisierte die iranischen Sicherheitskräfte für ihr hartes Vorgehen gegen Demonstranten, bei dem immer wieder Menschen ums Leben kommen. „Das ist nicht ein Unfall oder so was. Die Leute werden umgebracht von einer Moralpolizei“, sagte Bettel. Bereits am Montag hatte die EU neue Sanktionen verabschiedet, die sich gegen die iranische Sittenpolizei richten.
De Maart
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