Montag10. November 2025

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SpanienMadrid senkt mit einem „Gasdeckel“ den Strompreis

Spanien / Madrid senkt mit einem „Gasdeckel“ den Strompreis
Spaniens Premierminister Pedro Sánchez hat gut lachen: Seiner Regierung ist es gelungen, den Strompreis für die Verbraucher um 15 Prozent zu senken Foto: AFP/Joe Klamar

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„Wir waren Pioniere in Europa“, sagt Spaniens sozialdemokratischer Premier Pedro Sánchez. Mit der Preisdeckelung für jenes Erdgas, das für die Stromerzeugung benutzt wird, seien die Rechnungen der spanischen Verbraucher um 15 Prozent gesunken.

Seit Einführung dieses Limits Mitte Juni haben die Haushalte im Durchschnitt 17 Euro pro Monat sparen können, rechnet die Regierung vor. Die Nation werde durch diese Entkoppelung von Gas- und Strompreis um Milliarden entlastet. Sánchez sieht dieses Deckelmodell, das auch vom iberischen Nachbarn Portugal übernommen wurde, als einen Weg für die EU, um die immer höheren Stromkosten von Familien und Betrieben zu verringern. „Viele europäische Regierungen fordern, dies auch in ihren Ländern einzuführen“, erklärte er dieser Tage. Sánchez, der mit seiner Minderheitsregierung im eigenen Land unter starkem Druck steht, sieht sich in seiner Energiepolitik bestätigt.

Brüssel hatte lange Zeit gezögert, Spanien und Portugal, die einen gemeinsamen Strommarkt unterhalten, grünes Licht für die sogenannte „iberische Ausnahme“ zu erteilen. Doch die steigenden Energiepreise im Zuge des russischen Kriegs gegen die Ukraine haben in Europa ein Umdenken bewirkt.

Wird die „iberische Ausnahme“ bald zur europäischen Regel? Auf dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel wollen die Staats- und Regierungschefs darüber beraten, wie die Energiepreise auf dem Kontinent wirkungsvoll gebremst werden können.

Doch wie genau funktioniert der spanisch-portugiesische Preisdeckel, der am 15. Juni auf der iberischen Halbinsel in Kraft trat? Der Mechanismus sieht vor, dass der Großmarktpreis für jenes Gas, das von den Kraftwerksbetreibern zur Stromerzeugung benutzt wird, per Gesetz gedeckelt wird. Und zwar auf durchschnittlich 48,8 Euro pro Megawattstunde (MWh). In den letzten Monaten hatte dieser Gaspreis vorübergehend sogar mehr als 300 Euro pro MWh erreicht.

Die Kosten des zur Stromerzeugung benutzten Gases haben einen entscheidenden Einfluss auf den Strompreis. Denn nach den Marktregeln der Strombörsen richtet sich der Preis für elektrische Energie nach der jeweils teuersten zur Stromproduktion benutzten Energiequelle – und das ist derzeit das Erdgas. Das gilt selbst, wenn ein Teil des Stroms aus billigeren und sauberen Energiequellen stammt, wie etwa Sonnen- oder Windenergie ­– eine wenig verbraucherfreundliche Marktregel, auf deren Änderung nicht nur Spanien und Portugal drängen.

Entschädigung für Kraftwerksbetreiber

Wird, wie auf der iberischen Halbinsel, der Preis des für die Stromproduktion benutzten Gases gedeckelt, verringert sich entsprechend auch der Preis, der am Großmarkt für den Stromeinkauf bezahlt werden muss. Das kommt dann den Endverbrauchern zugute. Die Deckelung freut naturgemäß die Verbraucher, die Geld sparen. Aber der Mechanismus ärgert die Stromproduzenten, deren Einnahmen durch das Preislimit zunächst etwas kleiner werden. Allerdings nur vorübergehend. Denn die Gaskraftwerksbetreiber werden für die Differenz zwischen dem tatsächlichen und dem gedeckelten Gaspreis entschädigt.

Die Entschädigung wird über zwei Wege finanziert: Mit Einnahmen, die Spanien und Portugal durch grenzüberschreitenden Stromexport, etwa nach Frankreich, erzielen. Und durch eine neue „Deckelabgabe“, die bei den Verbrauchern neuerdings auf den Stromrechnungen erscheint. Dass ein Teil der Deckelungskosten auf die Verbraucher abgewälzt wird, nutzt die konservative Opposition in Spanien, um der Mitte-links-Regierung in Madrid Etikettenschwindel vorzuwerfen. Die viel gepriesene „iberische Ausnahme“ sei in Wirklichkeit ein „iberischer Betrug“, sagen die spanischen Konservativen.

Trotzdem urteilen unabhängige Experten, dass sich das staatliche Gaspreislimit immer noch positiv auf die Stromrechnung auswirkt. „Die Maßnahme funktioniert“, erklärt Spaniens Verbraucherorganisation OCU. Unter dem Strich: Das „iberische Modell“ ist keine Revolution, bringt aber immerhin eine kleine Entlastung für die Stromkunden.