Weltraumsonde „Rosetta“ erreicht Kometen

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Rund sechs Milliarden Kilometer hat die Weltraumsonde "Rosetta" schon zurückgelegt. Ihrem Zielkometen sollen Informationen über die Anfänge des Sonnensystems entlockt werden. Zunächst wird "Rosetta" um den Brocken kreisen.

Das Rendezvous beginnt: Nach gut zehn Jahren Flug erreicht die Weltraumsonde „Rosetta“ ihr Ziel, den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko. Am 6. August kann die Sonde auf eine Umlaufbahn um „Tschuri“ gebracht werden, hat die europäische Raumfahrtagentur Esa berechnet. Dann beginnt die Suche nach einem Landeplatz für „Philae“, die Landeeinheit der einzigartigen Mission. Im November schließlich soll das Minilabor auf dem Kometen aufsetzen. „So etwas hat noch niemand gemacht“, sagt Esa-Flugdirektor Paolo Ferri.

Das gut eine Milliarde Euro teure Projekt steckt voller Premieren und Superlative: Nie zuvor wurde die Energie einer Raumsonde in so großer Sonnenentfernung von Solarzellen geliefert. Noch nie zuvor schwenkte eine Sonde auf eine Umlaufbahn um einen Kometen ein. Und noch nie wurde ein Forschungsmodul darauf abgesetzt.

Die ältesten Reste

Ziel der Mission ist es, einen der ursprünglichsten Himmelskörper überhaupt zu erkunden: Kometen sind die wahrscheinlich ältesten weitgehend unveränderten Reste der gigantischen Staubscheibe, aus der vor 4,6 Milliarden Jahren unser Sonnensystem entstand. Sie sind zu kalt und zu klein, ihre Schwerkraft ist zu gering, als dass chemische oder geologische Prozesse sie veränderten.

Die „schmutzigen Schneebälle“ bestehen aus Gestein, Eis und Staub – zu welchen Teilen, ist bei „Tschuri“ noch unklar. Der Komet kann weich sein wie Pulverschnee oder hart wie Gletschereis. Die vielen Ungewissheiten lassen die Landung von „Philae“ zur heikelsten Phase der Mission werden. „Vieles von dem Kometen wissen wir noch nicht“, sagt Stephan Ulamec, der „Philae“-Projektleiter beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). „Das ist gerade die größte Herausforderung, dass wir auf einem Kometen landen wollen, den wir noch nicht kennen.“

Eine andere Form als erwartet

Zur Erde geschickte Bilder des Kamerasystems an Bord zeigten kürzlich, dass der Komet nicht wie erwartet einer Kartoffel ähnelt, sondern eher einer schnabellosen Gummi-Ente. „Das hat uns wahrscheinlich alle überrascht“, sagt Ulamec. „Wir wussten immer, dass wir uns ins Unbekannte vorwagen“, betont der Esa-Kometenexperte Detlef Koschny im niederländischen Noordwijk.

Die Landeeinheit und wesentliche Instrumente entstanden unter der Leitung deutscher Institute, insgesamt sind 17 Nationen an der „Rosetta“-Mission beteiligt. „Philae“ wird aus dem Lander-Kontrollzentrum des DLR in Köln gesteuert. Möglichst viel Sicherheit sollen etliche Testläufe bringen – wie kürzlich ein Harpunentest beim DLR in Oberpfaffenhofen bei München.

Landung mit Harpunen

Damit die Landeeinheit trotz geringer Anziehungskraft auf dem rund fünf mal drei Kilometer großen Himmelskörper stehen bleibt, sollen nach dem ersten Bodenkontakt zwei Harpunen in den Boden geschossen werden. Mit einer Art Katzenstreu in einem selbst zusammengezimmerten Holzkasten wurde nun der Kometenboden simuliert, mit dem die Wissenschaftler das Ankerwerfen übten. Demnach ist es wohl ganz gut, dass noch einige Monate Zeit zum Nachjustieren bleiben: Der Test klappte keineswegs reibungslos, die Harpune durchbohrte das Sperrholz der Kiste.

Gestartet war „Rosetta“ am 2. März 2004. Auf ihrer Reise durchs Sonnensystem wurde sie für 957 Tage in einen Tiefschlaf versetzt, um Energie zu sparen. Nach dem Weckruf am 20. Januar 2014 legte sie als Kometenjägerin wieder richtig los, testete Systeme, schickte Bilder. Zur Freude der Forscher gab es keine großen Probleme – was keineswegs selbstverständlich war: Die Instrumente waren zehn Jahre ohne jede Wartung unterwegs.

Von der Erde aus zu sehen

Im November wird „Rosetta“ etwa 480 Millionen Kilometer von der Erde entfernt sein – insgesamt hat sie dann schon mehr als 6,4 Milliarden Kilometer zurückgelegt. Auf dem Rücken des Kometen soll „Philae“ begleitet von „Rosetta“ Richtung Sonne fliegen. Bis August 2015 wird sich das Dreiergespann dem Feuerball auf 195 Millionen Kilometer nähern – mit Teleskopen ist der Komet dann auch von der Erde aus zu sehen.

„Philae“ erleidet wohl den Wärmetod, die kreisende Sonde hingegen könnte die Sonnenpassage noch Monate überleben. Der Treibstoff könnte bis Juli 2016 reichen. Das allerdings ist nur eine Schätzung: Eine Tankanzeige gibt es nicht.