Von Steinsel in die ganze Welt

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In fast jedem Auto, das über die Straßen Europas fährt, steckt ein Bauteil aus Steinsel. Das Unternehmen Cebi beliefert die Automobilindustrie und Hersteller von Haushaltsgeräten mit Präzisionsteilen „made in Luxembourg“.

Früher musste man sich noch die Hände schmutzig machen, um den Ölstand seines Autos zu kontrollieren. Das Auto durfte davor nicht bewegt werden (das kalte Öl sollte sich in der Ölwanne gesammelt haben) und es musste gerade stehen, ehe der Hobby-Mechaniker die Kühlerhaube öffnen und den Ölmessstab mit einer gekonnten Bewegung säubern konnte, um dann den Messstab ein zweites Mal in den Lebenssaft des Autos einzutauchen und schließlich den Ölstand ablesen zu können.

Dies ist heute nicht mehr notwendig, die Technik kann es besser und präziser.

Raymond Mohrbach und Lynn Elvinger, Vorstandsmitglieder bei Cebi

Mit einem Dreh am Schlüssel erscheint bei modernen Autos der Ölstand auf einem Display. An dieser Entwicklung ist ein Unternehmen aus Steinsel nicht ganz unbeteiligt. Bei Cebi werden unter anderem Niveausensoren hergestellt und in die ganze Welt geliefert. 90 Prozent der Automobilhersteller gehören zu den Kunden der luxemburgischen Firma. „In fast jedem Auto steckt ein Bauteil aus Steinsel“, so Raymond Mohrbach, Vorstandsmitglied bei Cebi. „Unser Unternehmen war früher als Thermostatfabrik für Weißwaren bekannt“, erklärte Lynn Elvinger, ebenfalls Vorstandsmitglied bei Cebi.

Daten

Cebi Luxembourg S.A.
Gegründet: 1976

Kapital: 10.000.000 Euro
Umsatz (2016): 85,5 Millionen Euro
Verkaufte Produkte (2016): 74 Millionen Teile
Mitarbeiter Luxemburg: 600
Mitarbeiter weltweit: 3.000

Sitz: 30, rue J. F. Kennedy
L-7327 Steinsel
+352 33 20 71
info.lu@cebi.com

Die Haushaltsgerätehersteller gehören auch heute noch zu den Kunden des Unternehmens, 20 Prozent des Umsatzes stammen aus diesem Geschäftsfeld. „Wir beliefern jeden großen Hersteller, auch einige aus Asien“, so Lynn Elvinger. Es mag erstaunen, dass in einem Geschäft, in dem der Preisdruck sehr hoch ist, noch im Hochpreisland Luxemburg produziert werden kann. „Das ist in der Tat eine Herausforderung für uns“, meinte Elvinger. Dies funktioniert nur über die Qualität und ständige Produktverbesserung.

Viele Frauen in der Belegschaft

Das Werk in Steinsel ist stark integriert. „Wir haben eine große Entwicklungsabteilung in unserem Werk“, so Elvinger. Cebi stellt keine Stangenware her. „Jedes Produkt wird nach den Herstellervorgaben gebaut.“ Der Kunde erklärt, was er braucht, Cebi kümmert sich um den Rest. Nachdem das Bauteil entwickelt wurde, geht es in die Produktion. „Wir stellen viele der Einzelteile, sei es aus Plastik oder Metall, selbst her“, so Raymond Mohrbach. „Wir bauen alles zusammen, verpacken es und schicken es an die Kunden.“Auf diese Art entstehen in Steinsel im Durchschnitt 300.000 Produkte pro Tag. „Wir beschäftigen mehr als 600 Leute in unserem luxemburgischen Standort“, so Elvinger.

Beim Gang durch die Produktionsanlagen fällt auf, dass der Frauenanteil sehr hoch ist. „60 Prozent unserer Mitarbeiter sind weiblich“, erklärt Raymond Mohrbach. Dies hänge auch damit zusammen, dass die Fingerfertigkeit der Frauen oft besser sei als bei Männern. „Frauen können vieles, was Männer nicht können“, so Raymond Mohrbach. Doch viele Arbeiten, bei denen die Fingerfertigkeit keine Rolle spielt, werden ebenfalls vom „schönen Geschlecht“ verrichtet. „Wir bilden viel aus“, erklärt Lynn Elvinger. „Nachdem Mitarbeiter in der Produktion begonnen haben, können sie im Unternehmen aufsteigen.“

 


300.000

Einzelteile stellen die rund 600 Mitarbeiter in Steinsel jeden Tag im Schnitt her


 

Das Geschäftsmodell von Cebi ist erfolgreich. Die Thermostatventile, Temperatursensoren, Kraftstoffheizungen und Behälter für Scheibenwaschsysteme sind gefragt, im Jahr 2016 machte das Werk in Steinsel einen Umsatz von über 85 Millionen Euro. „Selbst als die Krise im Jahr 2009 die Automobilindustrie in Bedrängnis brachte, haben wir niemanden entlassen“, hebt Mohrbach hervor. „In unser Unternehmensgeschichte haben wir noch nie einen Sozialplan gebraucht.“ Der Weltmarktführer im Temperaturkontrollbereich produziert nicht nur in Luxemburg. „Die Cebi-Gruppe besteht aus zwölf Produktionsstandorten in acht Staaten“, erklärt Mohrbach.

Trump macht keine Sorgen

In Mexiko hat der deutsche Hersteller Audi vor kurzem ein neues Werk errichtet. Der Premiumhersteller hat sich für Wasserbehälter von Cebi entschieden. „Es macht keinen Sinn, diese in Luxemburg herzustellen“, so Mohrbach. Deshalb werden das Werk für dieses in Luxemburg entwickelte Produkt und der dazugehörende Produktionsprozess in der Nähe der Audi-Fabrik angesiedelt.

Auch wenn die Audis vor allem in die USA geliefert werden, sorgt die protektionistische Politik von Donald Trump kaum für Sorgenfalten in den Gesichtern der Vorstandsmitglieder. „Es ist nicht einfach, gute Leute zu finden“, so Mohrbach. „Wenn Trump sich entschließen sollte, die Mexikaner heimzuschicken, wird dies uns die Suche nach kompetenten Mitarbeitern erleichtern“, fügt er lächelnd hinzu.


Cebi International

Die Muttergesellschaft Cebi International mit Sitz in Steinsel wurde im Jahr 2011 gegründet. Dies war auch das Jahr, in dem René Elvinger den Vorsitz des Konzerns übernommen hat. Das Unternehmen besteht aus zwölf Produktionsstandorten, sechs Vertriebsgesellschaften sowie sieben Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Insgesamt werden weltweit knapp 3.000 Mitarbeiter beschäftigt. Im Jahr 2016 machte der Konzern einen Umsatz von 453 Millionen Euro.

Zu Cebi International gehören:

  • der Spezialmaschinenhersteller Collegno aus Italien
  • das Werk Indaiatuba in Brasilien
  • das Werk in Schanghai in China
  • die Cebi Electromechanical Components in Villatuerta, Spanien
  • die Cebi Industrias in Huamantla, Mexiko
  • das Werk in Osimo Stazione in Italien
  • das Werk in Steinsel
  • die Cebi Micromotors in Stabio, Schweiz
  • die Cebi Motors in Veggiano, Italien
  • Cebi Poland in Sosnowiec

Die Folterkammer für Bauteile

„Jedes einzelne der von uns hergestellten Teile muss funktionieren“, sagt Lynn Elvinger. Die Automobilhersteller verlangen Ausfallhäufigkeiten von null ppm („parts per million“). Dies bedeutet, dass bei einer Million hergestellten Bauteilen kein einziges nicht funktionieren darf.

Um diese Anforderungen zu erfüllen, wird jedes Bauteil auf Herz und Nieren getestet, ehe es in die Produktion geht. Auch dies geschieht im Cebi-Werk in Steinsel. „Unsere Temperatursensoren müssen zwischen minus 70 und 220 Grad Celsius funktionieren“, so Raymond Mohrbach. In Steinsel steht eine Apparatur, die diese Teile während zwei bis drei Monaten jeweils 30 Minuten kühlt und dann 30 Minuten erhitzt. Auch nach dieser Tortur muss der Sensor die korrekte Temperatur anzeigen.

Ein anderer Test hört auf den Namen „Salzspraytest“. „In Gegenden an Meeren befindet sich viel Salz in der Luft“, so Mohrbach. „Auch in unseren Gegenden sind die Teile im Winter hohen Salzkonzentrationen ausgesetzt.“ Im Salzspraytest wird dies simuliert, die Teile dürfen dabei nicht korrodieren.