Mehr Gerechtigkeit bei Einkommen beflügelt das Wirtschaftswachstum

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Die Schere zwischen Arm und Reich in der EU geht immer weiter auseinander - innerhalb der einzelnen Länder und zwischen ihnen.

Die Schere zwischen Arm und Reich in der EU geht immer weiter auseinander. Aber auch die Unterschiede zwischen den Ländern bleiben weiterhin enorm.

Von Stefan Osorio-König

So ist das durchschnittliche BIP in Luxemburg fünfmal höher als in Bulgarien. Die großen Einkommens- und Vermögensunterschiede bremsen auch den Konsum und damit das Wirtschaftswachstum.

Luxemburg steht im europäischen Vergleich beim Pro-Kopf-Einkommen und beim Konsum ganz oben. Allerdings sind diese Zahlen dadurch verzerrt, dass die hohe Anzahl der Grenzgänger, die stark zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) beitragen, bei der Berechnung des Pro-Kopf-Einkommens nicht berücksichtigt werden. Dafür wird lediglich die Wohnbevölkerung herangezogen.

Würde man die Grenzgänger bei der Berechnung des Pro-Kopf-Einkommens miteinbeziehen, würde dieses für Luxemburg um rund ein Viertel geringer ausfallen.

Das hohe Luxemburger Durchschnittseinkommen ist damit zumindest zum Teil auf einen statistischen Effekt zurückzuführen. Statistisch gesehen liegt das BIP pro Kopf in Luxemburg 2,6 Mal über dem Durchschnitt der Europäischen Union (EU) und damit auf dem ersten Platz, was den Kaufkraftstandard (KKS) betrifft (siehe Kasten). Das geht aus den neuesten Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat hervor.

Auf Platz zwei kommt Irland mit 1,8 Mal den EU-Durchschnitt. Allerdings haben im Falle von Irland die Bilanzpositionen großer multinationaler Konzerne einen großen Einfluss auf das Gesamt-BIP und damit auch auf das Pro-Kopf-Einkommen.

Luxemburg auf Platz eins, aber …

Aber das ist ein rein rechnerischer Effekt. Auf die tatsächlichen Einkommen der arbeitenden Menschen in Irland hat das keinen Einfluss.

Platz drei beim Pro-Kopf-Einkommen teilen sich Österreich und die Niederlande. In den beiden Ländern ist das MedianEinkommen auch wesentlich näher am Durchschnitt als beispielsweise in Griechenland oder Portugal.

Das bedeutet, dass die Einkommen in Österreich und den Niederlanden weniger ungleich sind als in den südeuropäischen Ländern.

Das lässt sich auch am Gini-Koeffizienten ablesen, der ein Gradmesser für die Gleichheit beziehungsweise Ungleichheit von Einkommensverteilung ist. Österreich hat mit 29,2 einen wesentlich günstigeren Gini-Koeffizienten als Portugal mit 33,9 oder gar Griechenland mit 36,7, was eine sehr ungleiche Einkommensverteilung widerspiegelt. Bulgarien steht mit einem Gini-Koeffizienten von 37,0 sogar noch schlechter da, die Niederlande mit 30,3 hingegen deutlich besser. Es besteht also ein direkter Zusammenhang zwischen einem günstigen Gini-Koeffizienten und einem hohen Durchschnittseinkommen.

Mit anderen Worten: Je gerechter die Einkommen verteilt sind, desto höher ist das Wirtschaftswachstum und damit auch das Durchschnittseinkommen.

So hat Deutschland einen Gini-Koeffizienten von 27,0 und ein Durchschnittseinkommen von 48.400 US-Dollar pro Jahr, Bulgarien einen Koeffizienten von 37,0 und ein Durchschnittseinkommen von 20.400 US-Dollar.

Austerität würgt Wachstum ab

Deutlich unter dem EU-Durchschnitt liegt das Pro-Kopf-Einkommen bei den Südeuropäern, was unter anderem auch auf die jahrelange massive Austeritätspolitik und die darauf folgende Rezession, beispielsweise in Portugal oder Griechenland, zurückzuführen ist. In Portugal liegt das BIP pro Kopf um 23 Prozent unter dem EU-Durchschnitt, in Griechenland sogar 32 Prozent darunter.

Die Höhe des Durchschnittseinkommens hat direkte Auswirkungen auf den Konsum der Privathaushalte. Auch hier rangiert Luxemburg ganz oben. Der Konsum, ausgedrückt in Kaufkraftstandard, liegt 32 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Auf Platz zwei kommt Deutschland mit 22 Prozent über dem Schnitt, gefolgt von Österreich mit 19 Prozent darüber.

Portugal liegt hingegen mit 18 Prozent deutlich unter dem EU-Durchschnitt, während es bei Griechenland sogar 23 Prozent sind. Und in Bulgarien beträgt der Konsum der privaten Haushalte nur etwa die Hälfte des EU-Durchschnitts.