„Wir haben diesen Außenseiterstatus“

„Wir haben diesen Außenseiterstatus“

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Im Interview spricht Marc Baum, Abgeordneter von „déi Lénk“ und Mitglied des Escher Gemeinderats, über die „Gauche“ in Luxemburg und in den Nachbarländern und erklärt die Positionen seiner Partei in der Wachstumsdebatte.

Marc Baum, Abgeordneter von „déi Lénk“ und Mitglied des Escher Gemeinderats

Tageblatt: Wie beurteilen Sie die Situation der „Gauche“ in Luxemburgs Nachbarländern?

Marc Baum: Es gibt derzeit zwei Tendenzen. Einerseits bilden sich mit der PTB in Belgien oder „La France insoumise“ in Frankreich neue linke Bewegungen mit einem neuen Diskurs, der stark darauf ausgerichtet ist, wieder populäre Kreise anzuziehen und gute Wahlresultate erzielt. Andererseits sieht man in Deutschland den schleichenden Untergang der Sozialdemokratie, und „Die Linke“ kann nur teilweise davon profitieren. Diese Situation ist ähnlich wie bei uns. Für „déi Lénk“ wird es im Wahlkampf darum gehen, einen neuen Diskurs aufzubauen, um Leute anzusprechen, die wir über den Weg des klassischen Parlamentarismus nicht mehr erreichen können.

Wie soll dieser Diskurs konkret lauten?

Wir sind wahrscheinlich die einzigen, die nicht um die Gunst der CSV buhlen. Wir haben diesen Außenseiterstatus, der uns die Chance bietet, anders zu kommunizieren. Diesen Ansatz müssen wir noch verfeinern und konkret definieren.

In Deutschland gibt es innerhalb der Partei „Die Linke“ einen eher rechten und einen eher reformistischen Flügel. Gibt es diese Spaltung auch in Ihrer Partei?

Ich kenne niemanden von „déi Lénk“, der die Positionen von Wagenknecht und Lafontaine zur Flüchtlingspolitik teilt. In Luxemburg sind die Flüchtlingsproblematik und der Sozialabbau aber auch nicht in dem Maße akut, wie sie es in Deutschland sind. Hier gibt es kein Hartz IV und relativ wenig Altersarmut. In Deutschland führt es natürlich zu Diskussionen, wenn angekündigt wird, die Grenzen zu öffnen, während gleichzeitig alte Menschen, die in Mülltonnen wühlen, das Bild vieler Städte prägen.
Die luxemburgische Linke teilt eher die Kipping-Position, die besagt, dass die Linke immer internationalistisch ist.

In der luxemburgischen Wachstumsdebatte hat sich „déi Lénk“ für ein moderates Wachstum ausgesprochen. Ist Ihre Partei wachstumsfeindlich und antikapitalistisch?

Luxemburg schafft den Wachstum nicht, der durch den Finanzplatz angetrieben wird. Es fehlt an Schulen, Krankenhäusern und anderen Einrichtungen. Insofern stellen wir den Wachstum in Frage. Das spezifisch Linke daran ist aber, dass wir sagen, dass dieses Wachstum durch Fiskaldumping getrieben wird. Doch anstatt die Steuern immer weiter zu senken, um immer mehr Betriebe anzuziehen, müsste Luxemburg eine progressive Steuerpolitik machen, um das Kapital wieder stärker zur Verantwortung zu ziehen. Ohne dabei aber gleich alle Banken von einem Tag auf den anderen zu schließen. Luxemburg braucht eine mittel- bis langfristig angelegte „Exit-Strategie“ aus der Finanzindustrie. Wir brauchen eine diversifizierte Wirtschaft und Arbeitsplätze für Menschen aus der Region. Das ist in einem gewissen Maße reformistisch, doch für Luxemburger Verhältnisse wäre es fast schon revolutionär.

Ihr deutscher Kollege Gregor Gysi forderte Ende April in einem Tageblatt-Interview, dass sich die Linke stärker um die kleinen und mittelständischen Unternehmen kümmern müsste. Stimmen Sie dem zu?

In Luxemburg, wo die Privatisierungen noch nicht so weit getrieben wurden wie in den Nachbarländern, sieht man ja, dass öffentliche Betriebe durchaus gut und erfolgreich funktionieren können, doch sobald die Privatisierung einsetzt, viele Dienste nicht mehr richtig klappen. Man sieht es zum Beispiel bei der Post.
Ein starker öffentlicher Bereich ist wichtig, doch daneben gibt es viele Instrumente wie die „Sociétés d’impact sociétal“, die zwar innerhalb eines Markts funktionieren, aber wo die Regeln so gesetzt sind, dass keine Dividenden ausbezahlt werden und es nicht darum geht, den Besitzern dieser Gesellschaften möglichst hohe Gewinne zuzuschustern. Stattdessen soll die lokal verankerte Ökonomie gefördert werden, und dabei handelt es sich in der Regel um kleine und mittelständische Unternehmen. Über diesen Weg wäre eine wirtschaftliche Transformation durchaus machbar.

Den ersten Teil des Interviews mit Marc Baum finden Sie in der Printausgabe oder im E-Paper des Tageblatt vom 22. Dezember 2017.

ronald
22. Dezember 2017 - 10.34

Dee Mann steet ewei en Baam an der politescher Landschaft ! liesenswert !