„Tut es für Dolly“

„Tut es für Dolly“

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die 14-jährige Dolly Everett nahm sich in Australien das Leben, nachdem sie das Cyber-Mobbing gegen sie nicht länger ertragen konnte. Ihre Eltern luden nicht nur die Mobber zur Beerdigung ein, sondern starteten eine Anti-Mobbing-Kampagne.

Die 14-jährige Dolly Everett nahm sich in Australien das Leben, nachdem sie das Cyber-Mobbing gegen sie nicht länger ertragen konnte. Ihre Eltern luden nicht nur die Mobber zur Beerdigung ein, sondern starteten eine Anti-Mobbing-Kampagne.

Von unserer Korrespondentin Barbara Barkhausen

Als kleines Kind war Amy „Dolly“ Everett das Werbegesicht der berühmten australischen Akubra-Hüte. Ihr Bild verkörperte all das, was die Menschen im harten Outback Australiens ausmacht: Stärke, Mut und Freude am Leben – selbst, wenn die Arbeit bei über 40 Grad in die Knochen geht. Acht Jahre später ist Dolly erneut das Werbegesicht einer Kampagne geworden. Auch heute steht ihr Gesicht für Stärke und Kampf, dieses Mal den Kampf gegen Mobbing.

„Sag etwas, selbst wenn deine Stimme zittert“

Der Anlass ist ein trauriger: Denn Dolly hat sich Anfang Januar selbst das Leben genommen – im Alter von 14 Jahren. Sie konnte das Mobbing ihrer Schulkameraden und Bekannten nicht mehr länger ertragen. Dolly, deren Eltern eine große Farm im Outback Australiens betreiben, war auf einem Internat und hatte die Sommerferien zu Hause verbracht. Doch selbst dort folgte ihr das Mobbing über soziale Medien – bis sie es nicht länger ertragen konnte.

Wenige Tage vor ihrem Tod hatte Dolly noch ein Bild gemalt und die Worte geschrieben: „Speak even if your voice shakes.“ – „Sag etwas, selbst wenn deine Stimme zittert.“ Genau dies wollen ihre Eltern nun tun, die ihre Tochter am Freitag unter der Anteilnahme der australischen Nation – selbst Premierminister Malcolm Turnbull sprach sein Beileid aus – beerdigten. „Wir möchten nicht, dass eine andere Familie das durchmacht, was wir durchmachen, und unsere Vision ist es, einen Fonds namens ‚Dolly’s Traum‘ zu gründen“, sagte ihr Vater Tick Everett. „Es bringt unsere Dolly nicht zurück, aber es könnte den Verlust eines anderen jungen Lebens verhindern.“

Anti-Mobbing-Kampagne „Tut es für Dolly“

Auf Facebook schrieb der Vater, wenn sie andere kostbare Leben retten könnten, dann sei Dollys Leben nicht verschwendet worden. Unter der Facebook-Seite „Dolly’s Dream“ sowie unter verschiedenen Hashtags wie #DoitforDolly („Tut es für Dolly“) senden seitdem Tausende Menschen gute Wünsche, appellieren für mehr Freundlichkeit in der Gesellschaft und teilen ihre eigenen Geschichten. Ein junger australischer Sänger schrieb auf Facebook, er selbst sei die gesamten zwölf Jahre seiner Schulzeit gemobbt worden und wisse, welche Auswirkungen das habe.

„Wenn ihr das nächste Mal gemein zu jemandem sein wollt oder sie quälen wollt, denkt zweimal darüber nach, was die Konsequenzen sein könnten!“, schrieb Damien Agius, der dreimal die Schule gewechselt und selbst einen Selbstmordversuch unternommen hat.

Psychologe fordert Kinder-Sperre

Ein australischer Kinderpsychologe brachte derweil die Debatte auf, jüngere Kinder unter zwölf Jahren völlig aus sozialen Medien zu sperren. Michael Carr-Gregg rief in einem Interview mit dem staatlichen Sender ABC Eltern dazu auf, Kinder streng zu überwachen. „Es ist eigentlich einfach – trotzdem gehe ich in ganz Australien in die Grundschulen und die Schulleiter reißen sich die Haare aus, weil die Eltern dies nicht durchsetzen“, sagte Carr-Gregg. 60 bis 70 Prozent aller Grundschulkinder seien auf Facebook, Twitter, Instagram und Snapchat und hätten dabei nicht einmal die neurologische Reife, um ihren digitalen Fußabdruck zu verwalten. „Wir müssen diese Botschaft an die Eltern weitergeben, wir müssen sie erziehen und im Moment tun wir das nicht.“

Außer einem Eingreifen der Eltern forderte der australische Psychologe mehr schulische Programme, die Kinder früh auf die Gefahren und den Umgang mit sozialen Medien vorbereiteten. Er betonte auch, dass es falsch sei, die Kinder, die mobben, als grausam oder gefühllos hinzustellen, da sie noch gar nicht die emotionale Intelligenz besäßen, um zu verstehen, wie schädlich ihr Verhalten sei. „Wir wissen, dass das menschliche Gehirn 100 Milliarden Gehirnzellen und 1.000 Billionen Verbindungen hat, und wir wissen, dass sie bis Mitte 20 nicht alle verdrahtet sind“, sagte er.


Die App „Sarahah“

Eine australische Mutter fordert nach dem Tod von Dolly Everett, die App „Sarahah“ zu stoppen, über die Leute anonymes Feedback für andere hinterlassen können. User würden die App als „Brutstätte für Selbstmorde und Hass“ beschreiben und sie selbst sei voller Angst gewesen, als jemand über ihre eigene 13-jährige Tochter geschrieben habe: „Ich hoffe, sie bringt sich selbst um. Ernsthaft, keinen wird das kümmern.“

Sowohl der App Store als auch Google Play hätten eigentlich Richtlinien für Apps, die Mobbing ermöglichten. „Warum ist Sarahah dann noch immer auf diesen Plattformen verfügbar?“, fragte die Australierin. Am Sonntag hatte die Change.org-Petition der Australierin innerhalb von nur 17 Stunden bereits 86.000 Unterstützer gesammelt.

 

Jak
14. Januar 2018 - 22.32

Cyber Space- Schöne neue Welt.