Entscheidungswoche in Katalonien

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Am Donnerstag wird in Katalonien das neue Regionalparlament gewählt. Separatisten und Unionisten liegen Kopf an Kopf.

Am Donnerstag wird in Katalonien das neue Regionalparlament gewählt. Damit wird die Verfassungskrise beendet, die durch Ausrufung der Unabhängigkeit entstanden war. In Umfragen liegen Separatisten und Unionisten Kopf an Kopf.

Von unserem Korrespondenten Heinz Krieger, Valencia

Noch ist in Katalonien nicht gewählt, und schon gibt es Zwist unter den potenziellen Partnern einer Koalitionsregierung, die das politische Chaos in der Region seit der Unabhängigkeitserklärung vom Oktober beenden soll. Am kommenden Donnerstag wählen 5,3 Millionen stimmberechtigte Einwohner Kataloniens die 135 Abgeordneten des neuen Regionalparlaments.

Für den Spitzenkandidaten der sozialdemokratischen Partei PSC, Miquel Iceta, ist die Sache schon jetzt klar. Er setzt voll auf den Sieg seiner Partei. Entweder er werde Regionalpräsident, oder einer der Separatisten. Das verwundert, denn die katalanischen Sozialisten PSC – der eigenständige Regionalverband der nationalen Partei PSOE – haben nicht den Hauch einer Chance, stärkste Fraktion zu werden. Die letzte Umfrage vor der Wahl vom renommierten Meinungsforschungsinstitut GAD3 sieht die PSC nur bei 15,8 Prozent und 20 bis 22 Mandaten im Parlament.

Stärkste Partei dürfte die liberale Ciudadanos (C’s) werden mit ihrer Spitzenkandidatin Ines Arrimadas. Ihr sagen die Meinungsforscher wenige Tage vor der Wahl 25,1 Prozent und 33 bis 35 Abgeordnete voraus. An zweiter Stelle, noch vor Icetas PSC, liegt die auf Unabhängigkeit Kataloniens setzende Partei der Linksrepublikaner ERC mit 20,3 Prozent und 30 bis 32 Mandaten.

Die Wahlliste von Carles Puigdemont liegt an dritter Stelle (19,4 Prozent) mit 28-30 Abgeordneten. Puigdemont wurde als Regionalpräsident abgesetzt und Katalonien der Direktverwaltung durch die Nationalregierung in Madrid unterstellt, nachdem er die unabhängige Republik Katalonien ausgerufen hatte. Er macht indirekten Wahlkampf, von Belgien aus, wohin er vor der spanischen Justiz geflohen ist.

„Republik nicht zu bremsen“

Eines zeigt diese Umfrage wie auch jene anderer Institute: Die Separatisten haben keine absolute Mehrheit, auch weil die linkspopulistische CUP (5,6 Prozent und 6 oder 7 Sitze) ihre Parlamentsmandate möglicherweise gar nicht annehmen will. Damit die liberale Kandidatin Arrimadas regieren kann, braucht sie nicht nur die PSC Icetas, sondern noch elf weitere Mandate, um die absolute Mehrheit von 68 Abgeordneten im Parlament von Barcelona zu bekommen.

Die konservative Volkspartei (PP), die in Madrid mit Premier Mariano Rajoy eine Minderheitsregierung stellt, schneidet in Katalonien seit Jahrzehnten schlecht ab. Sie könnte mit 5,4 Prozent und fünf bis sechs Abgeordneten dies nicht ausgleichen. Es wird auf die voraussichtlich acht Abgeordneten des katalanischen Ablegers der linkspopulistischen Partei Podemos ankommen, die in Madrid Totalopposition gegen Rajoys PP betreibt, aber auch die PSOE und die C’s angreift.

Allerdings hat sich Podemos gegen die Trennung Kataloniens von Spanien ausgesprochen. In jedem Fall liegen die beiden Lager – Separatisten mit dem Ziel der Trennung und Unionisten für den Verbleib bei Spanien – ganz eng beieinander.

Die Ex-Präsidentin des aufgelösten katalanischen Parlaments, Carme Forcadell, erklärte am Wochenende auf der zentralen Wahlkundgebung der ERC: „Die Unterdrückung wird die Republik nicht bremsen und auch nicht unseren Wunsch nach Freiheit.“ Forcadell ist gegen eine Kaution von 150.000 Euro aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Sie war wegen Rebellion, Widerstand gegen den Staat und Veruntreuung öffentlicher Gelde festgenommen worden, ebenso wie der Vizepräsident der abgesetzten Regionalregierung und ERC-Vorsitzende Oriol Junqueras. Er bleibt in Untersuchungshaft. Auch gegen Puigdemont läuft ein Haftbefehl aus diesen Gründen. Der europäische Haftbefehl, der in Belgien hätte vollzogen werden müssen, wurde inzwischen vom Obersten Gericht in Madrid zurückgezogen.