Ist Fliegen wirklich sicherer?

Ist Fliegen wirklich sicherer?
(Daniel Reinhardt)

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Den Allgemeinsatz "Fliegen ist sicherer, als..." hört man oft. Das subjektive Sicherheitsgefühl wird jedoch von größeren Flugzeugunglücken, wie jüngst beim EgyptAir-Crash, mitbestimmt.

In den Statistiken wird das Flugzeug als das sicherstes Verkehrsmittel gepriesen. Rein zahlentechnisch gesehen stimmt das bestimmt auch. Welche Kriterien machen den Flug so sicher? Wo liegen die Ursachen, warum es dennoch zu Unfällen kommt. Ein Kriminologe hat eine interessante Analyse für die renommierte, amerikanische Fachzeitschrift „Scientific American“ geschrieben.

Frederic Lemieux hat untersucht, wie die Luftfahrtindustrie die Sicherheit von Flügen misst. Für seine Studie benutzte der Wissenschaftler Daten der Federal Aviation Administration (FAA) und trägt Erstaunliches zutage. Lemieux identifiziert vier Faktoren, die die Sicherheit von Flügen beeinflussen können. Die Sicherheit am Flughafen, die Risiken während des Fliegens, die Nicht-Einhaltung von Vorschriften und die Gefahr durch Hackerangriffe.

Erhebliche Sicherheitsmängel

In den Vereinigten Staaten war das Urteil der Sicherheitsinspektoren bezüglich des Screenings von Flughafenpersonal ziemlich erschütternd: „Der Transportsicherheitsbehörde (TSA) fehle es an einer effektiven Kontrolle, dafür zu sorgen, dass Flughafenmitarbeiter keine kriminelle Vergangenheit haben und eine legale Aufanthaltsgenehmigung mit einer Arbeitserlaubnis für die Vereinigten Staaten besitzen.“

Lemieux, der die Situation in den USA beschreibt, weist daraufhin, dass die Screenings von Mitarbeitern in manchen Ländern, wie zum Beispiel Ägypten, noch unzuverlässiger sein könnten. Eine Flugzeugentführung durchzuführen ist natürlich einfacherer, wenn der potentielle Attentäter bereits am Flughafen arbeitet.

Sicherheitslücken bei der Passagierkontrolle

Die amerikanische Sicherheitsbehörde „Homeland Security“ führte Tests an Flughäfen durch und berichtete, dass 67 von 70 Sicherheitscheckpoint versagt haben. „Homeland Security“ setzte Undercover-Spezialeinheiten ein, sogenannte Red Teams, die Regierungsorganisationen auf ihre Effektivität in der Sicherheitsaufrechterhaltung testen sollten.

Diese Tests der Red Teams ergaben eine Fehlerquote von 95 Prozent. Die Agenten konnten gefährliche Gegenstände und sogar eine Fake-Bombe mit an Bord schmuggeln.

Überfüllter Luftraum

Laut der Daten der FAA gab es im Jahr 2015 mehr als 700 Beinahe-Kollisionen mit Drohnen und 28 solcher kritischen Situationen zwischen zwei Flugzeugen. Das Flugpersonal wurde auf Drogen getestet. 1.546 Personen, darunter 38 Piloten wurden in den USA positiv auf Drogen gestestet.

An nicht-tödlichen Unfällen waren meistens Turbulenzen Schuld: Zwischen 2011 und 2013 gab es 430 Verletzte. Vom nicht-tödlichen Unfall bis zum tödlichen ist es kein weiter Weg, erklärt Lemieux. Die Ursachen seien dieselben, nur werden erstere bei der Flugsicherheit oft nicht in Betracht gezogen.

Vorschriften werden nicht eingehalten

Mehrer Fluggesellschaften wurden schon von der FAA in den USA angeklagt, weil sie sich nicht an die Vorschriften hielten. Die regelmässige Wartung der Flugezeuge sorgt für ein einwandfreies Funktionieren der Luftfahrzeuge. Mehrere amerikanische Fluggesellschaften wurden angeklagt, weil sie mit Maschinen geflogen sind, die eindeutig nicht mehr fliegen durften. Wahrscheinlich um die Kosten für die Wartung zu sparen.

Neuerdings muss auch mit dem Risiko durch Hackerangriffe gerechnet werden. Elektronische Bordsysteme können von erfahrenen Hackern kontrolliert werden. Lemieux sieht die Angreifbarkeit der Systeme zum Teil dem geschuldet, dass die Systeme auf Leistung, statt auf den Schutz vor Cyberangriffen getrimmt sieht.

Frederic Lemieux schätzt das Risiko des Fliegens höher ein, als das üblicherweise getan wird. Hinter der Flugindustrie stecken immer noch Menschen mit ihren Fehlern, aber auch die Technik ist nicht unfehlbar, könnte man abschließend resümieren.