Von schriftlicher Warnung lediglich gehört

Von schriftlicher Warnung lediglich gehört

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

21. Tag im Luxair-Prozess. Am Dienstag wurde die Befragung des ehemaligen technischen Direktors, Marc Gallowitch, fortgesetzt. Er ist einer der sieben Angeklagten in dieser Affäre.

Bevor Marc Gallowitch dem Richter erneut Rede und Antwort stehen konnte, meldeten sich fünf weitere Nebenkläger. Die Ehefrau eines vor ein paar Tagen verstorbenen Nebenklägers hat sich ebenfalls als Nebenklägerin gemeldet.

Der Prozess um das tragische Unglück der Luxair-Fokker-Maschine 2002 ist in seiner fünften Woche. Und noch immer versucht das Gericht, die Frage nach der Verantwortlichkeit für die, nachträglich betrachtet, notwendige, aber unterlassene technische Nachrüstung der Maschine zu klären. Er habe vor dem Crash die schriftlichen Warnungen und Verbesserungsvorschläge nie in Händen gehalten, sagte Marc Gallowitch. Dies hänge mit der internen Unternehmensstruktur der Luxair zusammen.

Unzureichend informiert

Der Ex-Direktor erinnerte daran, dass Luxair die Firma Fokker zum Teil auf das Schubhebel-Problem aufmerksam gemacht hatte. Er wusste vom Problem, das die „Service-letter“ 1994 behandelte, kannte aber nicht den genauen Inhalt, betonte Gallowitch. Nach der Warnnotiz an die Piloten und dem Integrieren der Warnung in die Flugbücher sei aber keine weitere Reaktion erfolgt, bemerkte der Präsident der Strafkammer, Prosper Klein.

Die Frage bleibe, warum das Problem von den technischen Diensten nicht behoben worden sei, so Richter Klein weiter. Weil es zu diesem Zeitpunkt unmöglich war, eine Verbindung zwischen zwei in den Bulletins behandelten Themen herzustellen. Und weil es quasi unmöglich schien, dass ein Pilot während des Fluges den Rückschub aktiviert, entgegnete der Angeklagte.

Wenig Interesse für andere Vorfälle

Erstaunt gab sich Richter Klein darüber, dass Luxair sich nicht für andere Vorfälle mit Fokker-Flugzeugen interessiert habe und den Gründen der „Fast-Unfälle“ nicht auf den Grund gegangen sei. Es seien nämlich mehrere Fälle dokumentiert, wo Fokker-Maschinen zu tief und zu schnell zu landen versuchten und Piloten den Schubhebel falsch bedienten. Marc Gallowitch sagte, er könne sich nicht erinnern, über einen solchen Vorfall in einem offiziellen Dokument gelesen zu haben. Auch die Ingenieure hätten ihn nie über einen solchen Fall informiert.

Zu welchem technischen Bereich der Schubhebel (Skit Control Unit/Scu) gezählt werde, wollte Klein dann wissen. Das Teil an sich sei eine „Avionics“-Komponente, so der Angeklagte. Reparaturen oder Modifizierungen könnten nur von hochspezialisierten Firmen gemacht werden. So hätte Luxair die Dioden und Widerstände gar nicht einbauen können. Der Einbau einer weiteren Sicherung in die Fokker 50 hätte, laut Experten, das Unfallrisiko erheblich reduzieren können. Sie war jedoch nicht obligatorisch, sondern nur optional.

Wer hätte das Problem erkennen müssen?

Die Verantwortung der verschiedenen Abteilungen beschäftige auch einige Anwälte. Wer hätte das Problem erkennen müssen – der Techniker oder der Chefpilot, wollte ein Anwalt wissen. Die Techniker seien am ehesten fähig gewesen, das Problem zu erkennen, sagte der Ex-Direktor. Warum denn niemand reagiert habe, als 1998 das formelle Verbot erging, den Rückschub zu betätigen, hakte Prosper Klein nach. „Wir erhielten über 300 Bulletins pro Jahr. Die einen betrafen das Verhalten der Piloten, andere die Technik. Nach vier Jahren einen Zusammenhang zwischen beiden Dokumenten herzustellen sei fast unmöglich gewesen“, verteidigte sich der Angeklagte.

Auch wurde die Frage gestellt, ob nicht anlässlich einer Reparatur des SCU die Notwendigkeit des Einbaus einer zusätzlichen Sicherung erörtert worden sei. „Nein, der Reparateur erledigte nur den Auftrag und machte keine Verbesserungsvorschläge“, sagte Gallowitch.

„Versehentliche“ Aktivierung des Rückschubs

Die Meldepflicht der Pannen und die Behebung der Probleme waren ein weiteres Thema während der Sitzung am Dienstag. Mehrere Piloten hätten von einer „versehentlichen“ Aktivierung des Rückschubs berichtet. Wer ging der Sache auf den Grund? Die Wartung und gegebenenfalls die Ingenieure, erklärte der Angeklagte. Die Kontrollen würden mittels einer Checkliste durchgeführt. Wenn nichts gefunden wird, werde das Flugzeug als flugtauglich erklärt. Das Gericht erinnerte die Anwesenden jedoch daran, dass laut Gutachtern eine technische Panne ausgeschlossen sei. Die verunglückte Fokker sei absolut flugtauglich gewesen, auch ohne drittes Sicherheitssystem beim Schubhebel.

Zweifel über die Qualifikationen des technischen Personals bei der Luxair wurden laut. Müssten die Ingenieure nicht die selben Kenntnisse besitzen, wie die Designer des Flugzeugs? Die Fähigkeiten der Ingenieure und des technischen Personals stünden außer Frage, so Gallowitch.

Am Mittwoch wird Marc Gallowitch erneut angehört.