Draghi sucht „Hebamme“ für Bankenunion

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Mario Draghi ist dabei, zu entscheiden, wer in seiner Führungstruppe am besten für harte Verhandlungen mit den Politikern über die Europäische Bankenunion geeignet ist.

Nachdem Sabine Lautenschläger in dieser Woche ihre Arbeit in dem sechsköpfigen Direktorium aufgenommen hat – die Deutsche soll bei der Leitung der Bankenaufsicht helfen –, muss der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) nun jemanden für die Steuerung der internationalen Beziehungen auswählen.

Die Neuvergabe dieser und anderer Zuständigkeiten des ehemaligen EZB-Direktors Jörg Asmussen sind Teil der größten Umgestaltung in den höchsten Rängen der Institution, seit Draghi vor zwei Jahren einen neuen Chefökonom ernannt hat.

Der EZB-Präsident könnte ein Mitglied auswählen, das bereits eng in den Prozess zur Schaffung eines stabilen Bankensystems eingebunden ist – so wie Yves Mersch. Draghi könnte sich aber auch für den Vertreter eines großen Landes entscheiden – so wie Frankreichs Benoît Coeuré.

„Hebamme“

Auf wen die Wahl auch fallen sollte, der Kandidat wird in Zukunft an den regelmäßigen Sitzungen der europäischen Finanzminister teilnehmen und über die nächsten Schritte hin zur Bankenunion verhandeln. „Die Person, die die Zuständigkeit für internationale und europäische Beziehungen erbt, wird die heikle Aufgabe bewältigen müssen, als ‚Hebamme‘ der EZB für die Bankenunion zu fungieren“, sagt Richard Barwell, Ökonom bei der Royal Bank of Scotland Group Plc in London.

Wenn Draghi die Zuständigkeiten bis zur nächsten EZB-Ratssitzung am 6. Februar geklärt haben will, müsste er diese bei der nächsten dienstäglichen Zusammenkunft des Direktoriums verteilen. Neben der Verantwortung für die internationalen Beziehungen geht es unter anderem auch um den Bereich Rechtsdienste, den Asmussen geführt hatte. Yves Mersch ist derzeit zusammen mit Vizepräsident Vítor Constancio im EZB-Direktorium für das Projekt Bankenunion zuständig.

Die logische Wahl

Mersch wäre zwar die logische Wahl für die Verhandlungen im Umgang mit angeschlagenen Banken, doch Draghi scheut keine Überraschungen.

Sollte Coeuré der internationale Delegierte der Zentralbank werden, würde er wahrscheinlich seinen strategisch wichtigen Bereich Finanzmarktoperationen abgeben, meint Nick Matthews, leitender Ökonom von Nomura International in London. Das könnte einen breit gefächerten Umbau der Zuständigkeiten im Direktorium auslösen.

„Draghi könnte versuchen, eine große Umbildung zu vermeiden, die sich voraussichtlich daraus ergeben würde, Coeuré das internationale Portfolio zuzuweisen“, sagt er. „Meiner Ansicht nach ist Mersch die naturgemäße Lösung. Er ist ein langjähriges Mitglied im EZB-Rat gewesen, und die Erfahrungen aus seiner langen und herausragenden Karriere machen ihn zum naheliegenden Kandidaten.“