Tempi passati

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Wer in Italien einst Wahlen gewinnen wollte, kam an Europa nur schwer vorbei. Mit der neuen Koalition aus 5 Sternen und Lega hat sich das radikal geändert, schreibt Armand Back.

Die populistische Wundertüte ist aufgerissen. Jahrelang lavierte die 5-Sterne-Bewegung herum, wollte weder rechts noch links sein, sondern nur gegen das System. Nun, gegen das System zu sein, erlaubt es offensichtlich, mit der extremen Rechten zu paktieren. Anders ist die Koalition mit der Lega nicht zu erklären. So hat das politische Geschehen seit Freitag in Italien immerhin dies offengelegt: Um an die Macht zu kommen, sind sich die Wundertüten-Populisten nicht zu Schade, eine Regierung mit Rüpel-Rechten zu bilden, die sich gerne im Dunstkreis der Neofaschisten bewegen.

Italien wehrt sich also gegen das System. Das System, das ins Ziel genommen wurde, trägt einen Namen. Es heißt Europäische Union. An den Reaktionen aus Brüssel und aus anderen europäischen Hauptstädten lässt sich der den Kontinent gerade durchdringende Zeitgeist wunderbar ablesen: Panische Angst vor mehr italienischen Schulden und einem Zerreißen der Eurozone auf der einen Seite, völlige Gleichgültigkeit gegenüber dem angekündigten extremen Rechtsruck in der Sicherheits- und Migrationspolitik auf der anderen Seite. Europas Werte sind bedroht, wenn der Euro bedroht wird. Sogar Haushaltshallodri Frankreich warnt nun alarmiert. Das an sich zeigt schon, wie bloß die Nerven in Resteuropa liegen.

Dass die Euroskeptiker nun auch in Italien triumphieren, kann nicht überraschen, ist trotzdem bedenklich. Waren es doch Politiker wie Altiero Spinelli oder Alcide De Gasperi, die nicht nur dem modernen Italien auf die Beine halfen, sondern gleichzeitig auch die europäische Idee mit in die Tat umsetzten. Es ist noch gar nicht so lange her, da war mit einer EU-feindlichen Gesinnung in Italien kein Blumentopf zu gewinnen. Tempi passati. Mittlerweile, das zeigten die vergangenen Wahlen, läuft es andersherum. Der sozialdemokratische Partito democratico, der als einziger die proeuropäische Karte spielte, kam über für ihn desaströse 18 Prozent nicht hinaus. Mit Brüssel im Rücken werden Wahlen in Italien mittlerweile verloren. Das sollte auch Brüssel zu denken geben.

Dieser Dreher in der Weltanschauung kommt nicht von ungefähr. Wer sich in den vergangenen Jahren mit einem Italiener über Politik unterhalten hat, musste schon einiges an Glück haben, jemanden zu finden, der sich nicht alle Herrschenden in die Hölle oder ihnen mindestens ein Leben ausschließlich mit Dosenravioli wünschte.

Korruption sowie Vetternwirtschaft, dazu eine völlige Unfähigkeit gepaart mit fast schon weltfremder Abgehobenheit haben die Menschen zwischen Como und Catania in die politische Verzweiflung getrieben: Schlimmer als unter den Alten kann es gar nicht werden, also gebührt den Neuen eine Chance. Diese Einstellung vermochte nicht einmal der misslungene Praxistest der 5 Sterne zu trüben, die Rom zwar regieren, an Roms Problemen aber ebenso scheitern wie alle anderen vor ihnen. Dazu das Alleinegelassen-Werden der Italiener gegenüber den Herausforderungen der Migration, die das Land wegen der unsäglichen Dublin-Regeln vor ganz besondere Herausforderungen stellt. Genau das lieferte Lega-Chef Salvini die Munition für seinen ausländerfeindlichen Wahlkampf. Die daraus resultierende Politik wird Italiens Gesellschaft verändern. Der geplante Rechtsruck steht schwarz auf weiß im Regierungsabkommen.

de rom
23. Mai 2018 - 18.16

Herrn Back sehr Guter Kommentar sehr Gute Annalise nur leider hört das die Europäische Union nicht !!!!