Kein Selbstläufer

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Die bezahlten Übernachtungen in Luxemburg haben laut der Interessengruppe „Luxembourg for Tourism“ (LFT) im Jahr 2017 erstmals die Drei-Millionen-Marke überschritten. Mietwohnungen, „gîtes“ und die sogenannte „Sharing Economy“ nicht einbezogen. Die Zahl der Touristen steigt laut der zuständigen Staatssekretärin Francine Closener (LSAP) seit Jahren, auch wenn die Anzahl der Übernachtungen langfristig betrachtet heute nicht wesentlich höher liegt als noch vor 15 (2,8 Millionen) oder 25 Jahren (2,9 Millionen). Ein signifikanter Einbruch war lediglich in den Krisenjahren 2008 bis 2010 zu verzeichnen. Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, hat das Parlament vergangene Woche einstimmig den bereits zehnten Fünfjahresplan verabschiedet. 60 Millionen Euro will die Regierung bis 2022 in die Tourismusbranche investieren.

Die Belegungsrate der Hotels lag laut LFT 2017 bei fast 80 Prozent. Dabei ist die Anzahl der Hotels in den vergangenen Jahrzehnten stark zurückgegangen. Laut Statec von 399 im Jahr 1990 auf nur noch 225 in diesem Jahr. Und obwohl die Hotels immer größer werden, ist auch die Zahl der Zimmer im selben Zeitraum von 7.910 auf 7.262 gesunken. Mit dem nun verabschiedeten Betrag will der Staat auch heruntergekommene und von Schließung bedrohte Hotels kaufen, restaurieren und weitervermieten. Insbesondere auf dem Gebiet der Hauptstadt und Umgebung sei ein Mangel an Zimmern zu verzeichnen, so Closener.

Doch auch im Süden ist die Zahl der Besucher seit dem Umzug der Uni Luxemburg nach Belval gestiegen. Zählte das Statec im Jahr 2011 noch 196.000 Übernachtungen, waren es 2014 über 233.000 und im vergangenen Jahr immerhin mehr als 211.000. Damit verzeichnet der Süden mittlerweile fast halb so viele Übernachtungen wie die traditionelle Touristenregion Müllerthal.

Und der Süden steht erst am Anfang seiner touristischen Erschließung. Im kommenden Jahr will die Minetteregion die Aufnahme in das Unesco-Programm „Man and the Biosphere“ beantragen. Und im Jahr 2022 soll sie die Europäische Kulturhauptstadt ausrichten.

Die Erfahrung aus den Jahren 1995 und 2007 hat gezeigt, dass insbesondere Hotels von den Besuchern der Kulturhauptstadt profitieren, während die Campingplätze kaum Zuwachs verzeichnen. Die Erfahrung von 1995 und 2007 hat aber auch gezeigt, dass die Zahl der Gesamtübernachtungen während der Kulturjahre alles andere als explodiert ist. 2007 übernachteten weniger Menschen in Luxemburg als in den beiden Jahren davor, auch wenn es für die Region Zentrum einen leichten Zuwachs gab. Für 1995 ist kein positiver Einfluss der Kulturhauptstadt auf die Zahl der Übernachtungen zu erkennen. Eher das Gegenteil war der Fall.

Diese Beispiele zeigen, dass die Kulturhauptstadt längst kein Selbstläufer ist. Ob Kunstinteressierte aus der ganzen Welt nach Luxemburg kommen, hängt stark vom kulturellen Angebot ab. Damit die Kulturhauptstadt auch wirtschaftlich ein Erfolg wird, müssen sich international renommierte Künstler wie die im Bid Book vorgesehenen Ai Weiwei oder Mischa Kuball an der Veranstaltung beteiligen. Auch müssen dauerhafte Strukturen geschaffen werden, die über das Jahr 2022 hinaus noch Besucher anziehen.

Die internationale Jury hatte in ihren Empfehlungen bei der Vergabe des Labels bemängelt, dass es in der Südregion an Unterkünften fehle. Diese Feststellung gilt aber nur unter der Voraussetzung, dass die Kulturhauptstadt ein Erfolg wird und zudem eine nachhaltige Wirkung entfalten kann. All dies hängt auch davon ab, wer nach der Absetzung der beiden Koordinatoren künftig die Generaldirektion und die künstlerische Leitung bei Esch 2022 übernehmen wird. Je nachdem, wer sich für diese Posten bewirbt, wird der Verwaltungsrat die Entscheidung entweder noch vor oder aber erst nach den Parlamentswahlen verkünden.