Industriestandort

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Boomt das produzierende Gewerbe in Luxemburg?

Irgendwie ist es schon bemerkenswert. Weltweit wird Luxemburg als Stadtstaat mit vielen Banken wahrgenommen. Dennoch hat das Land eine lange und erfolgreiche Tradition als Industriestandort. Und an einer Fortsetzung dieser Tradition wird, im Rahmen der Diversifizierung der Wirtschaft, seit einigen Jahren gefeilt.

Dabei hat Wirtschaftsminister Etienne Schneider beeindruckende Zahlen, auf die er verweisen kann: Im letzten Jahr sind neue Investitionen in Höhe von insgesamt einer Milliarde Euro in die Luxemburger Industrie angekündigt worden. Diese Investitionen sollen dem Land mehr als 700 neue Jobs bringen. Und dabei soll es nicht bleiben: In Zukunft sollen noch weitere industrielle Investitionen folgen.

Investitionen in viele Bereiche

Die bisher angekündigten Investitionen ziehen sich quer durch unterschiedliche industrielle Bereiche. Zu den Ankündigungen zählten beispielsweise ein millionenschwerer Fabrik-Ausbau bei dem Chemie-Riesen DuPont, dem Etikettenhersteller Avery Dennison, dem Autoglas-Fabrikanten Carlex oder dem Reifenhersteller Goodyear. Diese Konzerne sind bereits seit Jahren in Luxemburg präsent.
Doch auch neue, junge Unternehmen hat es nach Luxemburg gezogen. Dazu zählen beispielsweise das diese Woche vorgestellte Start-up Ujet, das 40 Millionen Euro in eine Produktionsstätte für Elektroroller investiert, oder OCSiAl, der weltweit führende Hersteller von Nanoröhren aus Kohlenstoff, der bis zu 100 Millionen Euro in einen Produktions- und Forschungsstandort in Differdingen investiert. Ebenfalls aufzählen könnte man hier die neuen Weltraum-Firmen.

Die Frage, ob die Industrie in Luxemburg nun am Boomen ist, ist jedoch nicht so einfach zu beantworten. Aktuelle statistische Daten sind Mangelware.
Insgesamt befindet sich die Industrie in Europa auf dem Rückzug. Und das ist schlecht für die Volkswirtschaften. Langfristig zieht es nämlich auch die industrienahen Dienstleister an die Standorte, wo sich Fabriken befinden.

Industrie wird weniger wichtig

Auch in Luxemburg ist das Gewicht der Industrie in der nationalen Wirtschaftsleistung geschrumpft: 1995 stand das produzierende Gewerbe noch für fast 15 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung – 2016 waren es nur noch leicht mehr als sieben Prozent.

Und der Rückgang ist nicht bloß auf einen schneller wachsenden Finanzsektor zurückzuführen: Die industrielle Produktion an sich ist zwischen 2005 und 2010 um rund zehn Prozent geschrumpft. Zwischen 2010 und 2016 lag der Rückgang dann bei weniger als drei Prozent. In den Jahren 2011-2014 wurden jeweils mehr Industrieunternehmen geschlossen als neu gegründet. Mit der Produktion ist auch die Zahl der Mitarbeiter geschrumpft.

Ob die neuen Unternehmen, die hinzukommen, nun einfach das Schrumpfen abbremsen, oder ob sich eine neue Wachstumszeit anbahnt, wird erst die Zukunft zeigen.

Klar ist aber, dass die neue Industrie nicht mehr die „dreckige“ Schwerindustrie der Vergangenheit ist. In den modernen Fabriken ist die Produktion automatisiert und Mitarbeiter brauchen immer mehr Fachwissen als Muskelkraft. Die Gehälter, die in Luxemburg höher sind als in den Nachbarstaaten, sind daher keine Investitionsbremse.