Alle Jahre wieder

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Alle Jahre wieder tauchen sie auf, die Äpfel und Birnen in der Sportwelt. Wieso Äpfel und Birnen? Nun, weil jeder Luxemburger irgendwann in seinem Leben in der Schule eingetrichtert bekam: „Äppel a Biren zielt een net zesummen“, bzw. „Äppel a Bire vergläicht een net“. Claude Clemens

Genau das aber tut der Sport immer zum Jahresende mit Genuss, in Luxemburg und weltweit. Die Sportler des Jahres sollen gekürt werden. Von Journalisten, von Experten-Jurys, mittels Publikums-Wahl oder wie auch immer: Verglichen wird, was man eigentlich nicht vergleichen kann. Was man ganz sicher vergleichen kann, sind die anschließenden Diskussionen: Mehr oder weniger angeregt, leidenschaftlich vielleicht oder objektiv, fair oder unter die Gürtellinie zielend, wenn sich jemand mit seiner Leistung gänzlich missachtet fühlt (bzw. der Fan seinen Liebling missachtet sieht), alles ist möglich …

Was ist anstrengender, die Tour de France oder eine Schach-WM? Die Antwort ist ganz einfach – je nachdem, wen man fragt: Die Tour de France, sagen der Radsportler und auch der Radsport-Fan; die Schach-WM, sagen der Schachspieler und die ihm zugeneigte Fan-Gemeinde. Und beide haben recht!
Beispiele gibt es wie Sand am Meer, zwei seien noch herausgepickt, ein nationales aus diesem Jahr und ein internationales von 2008. In besagtem Olympiajahr gewann Luxemburgs Fußball-Nationalelf ein offizielles Punktspiel (in der Schweiz), holte ein Unentschieden (gegen Moldawien) und wurde mit großem Abstand zur Mannschaft des Jahres gewählt. 2009 steht „nur“ noch ein Unentschieden zu Buche (in Moldawien), und prompt reicht es nicht einmal zum Sprung in die Vorauswahl. Das kann man problemlos verteidigen: Das Team ist in diesem Jahr sieglos. Das kann man aber auch genauso problemlos anfechten: Es wurde ein Punkt in einer WM-Qualifikation geholt, demnach auf dem höchsten für Luxemburg möglichen Niveau.

Subjektiv einfach, objektiv schwierig

Das internationale Beispiel 2008 heißt Bolt vs. Phelps. Leichtathletik vs. Schwimmen. Drei olympische Goldmedaillen mit drei Weltrekorden vs. acht olympische Goldmedaillen mit sieben Weltrekorden. Was ist höher einzuschätzen? Subjektiv ist die Antwort sehr einfach: Bolt, sagt jeder Leichtathlet, Phelps, sagt jeder Schwimmer.

Objektiv wird’s dann schon schwieriger. Sogar innerhalb einer Sportart sind die Vergleiche manchmal mehr als schwierig, deshalb noch schnell ein drittes Beispiel hinterhergeschoben: Lionel Messi wurde vor kurzem „Ballon d’Or“, Europas Fußballer des Jahres. Sieht man sich das Palmarès dieser Wahl an, kommt man an einer Feststellung nicht vorbei: Verteidiger und Keeper schießen nun mal selten Tore, stehen daher bei weitem nicht so sehr im Rampenlicht und werden weniger oft gewählt. Das ist ganz einfach so. Sind sie deshalb auch weniger gut? Messi, Ronaldo und Kaká heißen die drei letzten Laureaten. 2006 kam mit Fabio Cannavaro – oh Wunder! – ein Verteidiger zu Ehren. Ab dann sieht’s aber sehr düster aus für die Tor-Verhinderer, und von Matthias Sammer (1996) einmal abgesehen muss man zurück bis ins Jahr … 1963, zu UdSSR-Torhüter-Legende Lew Jaschin.

Was soll das Ganze also? Damit wären wir bei der am schwersten zu beantwortenden Frage angekommen. Oder doch nicht, vielleicht ist es ganz einfach. Es geht um Sport. Sport ist Wettstreit: Wer ist der Beste, der Stärkste, der Schnellste? Dass diese Frage auch auf den Vergleich zwischen (grund)-verschiedenen Sportarten übertragen wurde, liegt wohl ganz einfach in der Natur der Sache.

Ein guter Grund zum Feiern ist es außerdem – und zum Revue-Passieren-Lassen. Weshalb solche Wahlen auch passenderweise zum Jahresende stattfinden. Zu bierernst sollte man sie also wenn möglich nicht nehmen, sondern als das, was sie sind: ein Fest des Sports, für den Sport.