Kunstraub in der DDR: Wenn der Staat sich am Kunstbesitz seiner Bürger bereichert

Kunstraub in der DDR: Wenn der Staat sich am Kunstbesitz seiner Bürger bereichert

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30 Jahre nach der Wiedervereinigung nimmt sich das Deutsche Zentrum für Kulturgutverlust des Kunstraubs im Osten Deutschlands an.

Von unserem Korrespondenten Roland Mischke

1985 verlässt Peter Stilijanov die DDR mit einer Ausreisegenehmigung. Er setzt sich in den Zug, sein Ziel ist München. Dort wartet die Frau auf ihn, die er vor kurzem geheiratet hat. Am Grenzbahnhof Gutenfürst öffnen zwei DDR-Zöllner das Abteil, Stilijanov muss sein Gepäck öffnen. Darin befinden sich Kunstwerke seiner Mutter, die Malerin war, und seines Stiefvaters Bernhard Kretzschmar, der im kleinen Land ein bekannter Künstler war. Beide haben sie dem Sohn geschenkt. Das ist auf Papieren bestätigt.

Die Beamten beschlagnahmen Arbeiten auf Papier, aber auch wertvolle Ölgemälde, die er in Dresden bei einem Cousin zurückließ. Stilijanov wird bezichtigt, Erbschaftssteuern unterschlagen zu haben. Das wird Jahre später, 2002, vom Oberlandesgericht Dresden nicht bestätigt. Der künstlerische Nachlass seiner Eltern wurde ihm geraubt, ein Teil davon landete in Museen der DDR oder wurde in den Westen verkauft. Es ist ein sperriges Thema, deshalb nicht populär. Aber um der Gerechtigkeit willen soll geklärt werden, wie es sich verhielt mit dem planmäßigen Kunstraub in Ostdeutschland vom Kriegsende bis zum Mauerfall. Teile ihres Erbes wurden den Eigentümern erst in der Sowjetisch Besetzten Zone (SBZ), später in der DDR unter fadenscheinigen Gründen oder auch mal ganz brutal weggenommen.

Es ist seltsam, dass es darüber so wenig Dispute gibt. Immerhin waren es Kunstschätze und Güter, die insgesamt Millionen wert waren. Fast immer in D-Mark, denn sie wurden überwiegend in den Westen verscherbelt. Die Kunsthistorikerin Kornelia von Berswordt-Wallrabe befasst sich seit Jahren mit dem Thema, sie sichtete diverse Stasi-Unterlagen. Dort fand sie „ganze Handlungsanweisungen, wie man Geld beschaffen sollte“, sagt sie. „Diese sind der Motor, um im größten Stil Kunst und Kulturgut zu entziehen, um dann den Besitz vermarkten oder auf irgendeine Weise nutzen zu können.“

„Das ist Betrug!“

Die DDR litt notorisch unter Geldmangel. Berswordt-Wallrabe hat sich auch mit dem Fall Peter Stilijanov befasst. Es gehe um „die Ethik in der Museumswelt“, erklärt sie. Stilijanov hat sein Erbe bis heute nicht zurückbekommen. Die von DDR-Zöllnern beschlagnahmten zehn Ölgemälde hängen noch heute in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Die Expertin empört sich: „Das ist Betrug!“

Das Rauben begann mit den sowjetischen Besetzern nach dem Krieg. Es wurde in der DDR fortgesetzt. Im Stil der Nationalsozialisten, die das Eigentum jüdischer Besitzer gestohlen haben. Mit den Taktiken der Nazis bereicherte sich der Staat am Kunstbesitz seiner Bürger. Nach der Wiedervereinigung wurde das Thema nicht aufgearbeitet. Erst jetzt, 30 Jahre später, nimmt man sich der Sache an – nachdem viele Antragsfristen für Rückforderungen bei den Ämtern großteils bereits verjährt sind. Es gab keine Washingtoner Erklärung für den Kunstraub in der DDR – wie bei dem Kunstraub der Nazis –, weshalb das Thema versandte. Tausende einst private Kulturgegenstände sollen in deutschen Museen gelandet sein. Geprüft wird das bisher nicht.

Die Skrupellosigkeit des staatlichen Kunstraubs in der DDR war von einem riesigen Ausmaß, erklärte jetzt Thomas Widera vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung bei einer Pressekonferenz in Berlin. Erst wurden die Hinweise auf ehemalige jüdische Eigentümer „gezielt vernichtet“. Es handelt sich um Antiquitäten, Schmuck, Kunstwerke, Porzellan oder Besteck, das ohne Einwilligung der Eigentümer ins Ausland verkauft wurde. Dafür steht der Name des systematischen Räubers Schalk-Golodkowski, der damit Millionen für den Staat und sich eintrieb.

Das Deutsche Zentrum für Kulturgutverlust, 2017 gegründet, hat seinen Sitz in Magdeburg. Ein großer Teil geplünderter Objekte dürfte sich immer noch in Museen in ganz Deutschland wiederfinden. Das soll nun so weit wie möglich herausgefunden werden. Um der Gerechtigkeit willen.

All Ursach
15. Mai 2019 - 22.56

....as gud fir eis d´Welt schein ze rieden. Abwarten wenn die Verbots Parteien und Greta Tunberg, Turmes, und die Frau von der Mühle, oder diese neue Welt Religion mit uns fertig ist. Ihr lernt noch was Diktatur ist. Die Honecker und Mielke Urenkel sind unterwegs.

Realist
14. Mai 2019 - 11.21

Ja, feuchte Wohnungen in maroden Plattenbauten, aus dem Boden gestampft in menschenfeindlich geplanten Ghettosiedlungen, sind in Ostdeutschland in der Tat noch relativ erschwinglich. Aber wieso steht hier etwas von Kunstraub? Ich dachte, so etwas würde man jetzt "Enteignung" nennen…?

Bender
13. Mai 2019 - 17.44

Schéin Foto. Kommunistesch Stied waren hierer Zäit wäit viraus. Mir hun d'Dierfer ausgebaut, wat natierlech Autoen Pflicht gemaach hun, sin hun deemols well Autofräi, mat Trolleybussen an Trammen iwwerall, awer trotzdem net ze enk gebaut. Do hannen gett et komeschweis bezuelbar Wunnéngen en masse...