Zuschauerzahlen im Luxemburger Fußball: Vereine verlieren in einem halben Jahrhundert die Hälfte der Fans

Zuschauerzahlen im Luxemburger Fußball: Vereine verlieren in einem halben Jahrhundert die Hälfte der Fans

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Es ist das Stammtischgespräch unter Fußballanhängern schlechthin. War früher alles besser und strömten in den vergangenen Jahrzehnten mehr Zuschauer zu den Meisterschaftsspielen in Luxemburg? Das Tageblatt hat sich an das Thema herangewagt. Eine genaue Studie zur Zuschauerresonanz der letzten 50 Jahre in der höchsten Liga bestätigt, dass die Zahlen gegenüber dem Ende der 1960er- bis etwa Mitte der 1980er-Jahre stark rückläufig sind, obwohl das allgemeine Interesse am runden Leder zugenommen hat.

Von Lex Bruch (Text und Recherche)

Die umfassende Studie begreift insgesamt 48 Vereine, die seit 1968/69 mindestens eine Saison lang erstklassig waren. Diese Zahl verteilt sich auf 19 inzwischen aufgelöste und 29 noch bestehende Vereine. Die genauen Zahlen aus den 1960er-, 1970er-, 1980er- und 1990er-Jahren wurden in den Archiven unseres Verlags rigoros recherchiert und den jeweiligen Berichterstattungen jedes einzelnen Spieltags entnommen.

Die Escher Jeunesse ist übrigens der einzige Verein, der über diesen Zeitraum ständig in der höchsten Liga spielte. Mit dem Rekordmeister, der den größten Zuspruch in diesem Zeitraum hatte, befasst sich der zweite Teil dieser Studie ausgiebig (die Serie: siehe Kasten).

Statistiken – hauptsächlich über Niederlagenserien oder über negative Trends – sind Trainern, Vereinsverantwortlichen und Spielern oft nur ein Dorn im Auge. Zahlenangaben finden selten Berücksichtigung, es sei denn, sie sind positiver Natur. Die Entwicklung der Zuschauerquoten über Jahrzehnte hinweg soll an dieser Stelle auch nicht belegen, dass früher alles besser war. Es handelt sich hierbei um nackte Zahlen, welche die Entwicklung der Zuschauergunst der fünf vergangenen Jahrzehnte dokumentieren.

Lesen Sie zum Thema auch unseren Leitartikel.

Die Ursachen sowie Erklärungen für den Zuschauerschwund sind vielschichtig und besitzen, im Gesamtkontext, eine immense Tragweite. Fest steht unweigerlich, dass die Musik – im Gegensatz zu früher – heute vornehmlich im Süden des Landes spielt.

2017/18 kamen im Schnitt zwar 30 Zuschauer mehr als genau vor zehn Jahren, aber 120 weniger als vor 30 Jahren und immerhin 372 weniger als 1968/69, also vor 50 Jahren. 2004/05 wurden die wenigsten Zaungäste (344 im Schnitt) registriert, 1980/81 die meisten bei einem Schnitt von 855. Aber in der letzten Spielzeit kamen beispielsweise auch 84 Zuschauer mehr als in der Saison 2004/05, als die BGL Ligue bislang den absoluten Tiefpunkt in puncto Zuschauerschnitt erreicht hatte. Der reelle Schnitt von 1968/69 bis 2017/18 – also in den letzten 50 Jahren – liegt exakt bei 557.

Geisterspiele

Im Übrigen gab es hierzulande im Zeitraum dieser Studie auch drei „Geisterspiele“. In der Spielzeit 1976/77 musste Rümelingen am 17. April 1976 gegen die Alliance vor leeren Rängen spielen, weil es im Spiel zuvor gegen den Red Black Pfaffenthal zu Attacken auf den Schiedsrichter gekommen war. Gleich doppelt traf es die Union Luxemburg, nämlich zum Saisonauftakt 1989/90 am 30. August und am 4. September 1989 in den Derbys gegen Aris und Beggen. Vorangegangen war im letzten Meisterschaftsspiel der Vorsaison ein Fehlverhalten der Union-Spieler in den Kabinen nach dem Spiel in Beggen.

Krösus Jeunesse

Mittlerweile verdrängte der Progrès aber die Jeunesse auf den zweiten Platz. Dies widerfuhr den Eschern im Zeitraum dieser Studie erst zum zweiten Mal nach 1993/94, als der F91 höher in der Gunst der Zuschauer stand. Wobei nicht wenige im Land die Korrektheit der Zahlenangaben nicht nur beim Progrès in Frage stellen. In der Tat werden und wurden von einigen Klubs unterschiedliche Berechnungsmodelle bei den Zuschauerzahlen angewendet, so dass die offiziellen Angaben der Vereine durchaus von der reellen Zuschauerzahl bei einen Spiel abweichen können. Da spielen zum Beispiel die Abos eine große Rolle. Nicht selten werden die Dauerkarten als Mitgliedskarte bzw. als eine Art „carte donateur“ verkauft, ohne dass Käufer tatsächlich zu den Spielen gehen.

Déifferdeng 03 war letzte Saison auch nahe dran, die „Grenzer“ zu überflügeln. Anhand der unten stehenden ausführlichen Tabelle ist ersichtlich, dass heute nicht mehr bestehende Vereine einst recht hohe Zuschauerzahlen verzeichneten, gleichwohl ihre Zugehörigkeit zur obersten Liga teils mehr oder weniger begrenzt war.

F91 verlor die Hälfte seiner Zuschauer

Ein Phänomen ist diesbezüglich sicherlich der FC Olympique Eischen, der unmittelbar nach dem ersten Aufstieg in die Nationaldivision einen Schnitt von 1.305 verzeichnete, der aber in den folgenden Jahren stark sank. Als der F91 aus der Taufe gehoben wurde, strömten fast 1.000 Schaulustige zu den Heimspielen, letztes Jahr nur noch etwa die Hälfte. Die drei früheren Düdelinger Vereine Alliance, Stade und die USD – spielten gemeinsam von 1961/62 bis 1965/66 in der Nationaldivision – sind in der Gesamtwertung übrigens im oberen Teil anzutreffen.

Die Kulissen sind allerdings nahezu allerorts arg geschrumpft. Wie z.B. in Ettelbrück, wo 1971/72 immerhin durchschnittlich 1.172 Leute die Etzella-Heimspiele verfolgten, während sich im letzten Erstligajahr nur noch gerade mal 289 Zuschauer in den „Däichwisen“ verliefen. Oder etwa in der Hauptstadt, wo die Gründervereine Union, Aris und – mit Abstrichen – die Spora hohe Beliebtheit genossen. In Luxemburg-Stadt ist der negative Trend nicht erst seit der Fusion 2005 zu beobachten: Es herrscht seit Jahrzehnten Flaute. Die Zahlen des RFCUL im Vergleich zu den früheren Quoten – in Bonneweg, auf Verlorenkost und mit etwas Abstand an der Arloner Straße – sind eines Hauptstadtvereins eher unwürdig.

Der Modus

Chronik der Zusammensetzung der obersten Liga (Ehrendivision, Nationaldivision, Fortis oder BGL Ligue) in der Nachkriegszeit:

  • 1945/46: 10 Vereine
  • 1946/47 bis 1950/51: 12 Vereine
  • 1951/52: 10 Vereine
  • 1952/53-1987/88: 12 Vereine (1987/88 3 Absteiger, nur 1 Aufsteiger)
  • 1988/89: 10 Vereine + Einführung des ersten Play-off-Austragungsmodus
  • 1994/95: 12 Vereine + Play-off abgeschafft (1995/96 Einführung der 3-Punkte-Regel)
  • 1999/00-2005/06: 12 Vereine + Einführung eines erneuten Play-off-Modus
  • 2005/06: 4 Aufsteiger
  • 2006/07: 14 Vereine + Play-off abgeschafft

Die „ewige“ Zuschauertabelle

1. Jeunesse Esch (50) 1.309
2. F91 Düdelingen (26) 721
3. Red Boys Differd.* (29) 710
4. Red Black Pfaffenthal* (1) 665
5. Young Boys Diekirch (1) 648
6. Chiers Rodange* (5) 632
7. Déifferdeng 03 (12) 625
8. US Düdelingen* (2) 614
9. Stade Düdelingen* (13) 579
10. Olymp. Eischen* (8) 575
11. Alliance Düdel.* (15) 573
12. Progrès Niederkorn (33) 570
13. Union Luxemburg* (36) 565
14. Etzella Ettelbrück (26) 538
15. Fola Esch (19) 529
16. Avenir Beggen (40) 503
17. Aris Bonneweg* (28) 493
18. FC Wormeldingen (2) 491
19. CS Grevenmacher (41) 481
20. The National Schiffl.* (3) 467
21. SC Bettemburg (1) 450
22. US Rümelingen (31) 442
FC Schifflingen 95 (1) 442
24. SC Tetingen* (4) 441
25. Jeun. Hautcharage* (1) 409
26. Red Star Merl (2) 405
27. Spora Luxemburg* (29) 403
28. CS Petingen* (15) 389
29. FC Wiltz 71 (24) 374
30. Swift Hesperingen (20) 370
31. US Mondorf (6) 369
32. RM Hamm Benfica (10) 366
33. FC Rodange 91 (4) 361
34. UN Käerjeng (11) 359
35. UT Petingen (2) 357
36. Victoria Rosport (10) 316
37. CS Hobscheid* (6) 312
38. Sporting Steinfort (1) 308
39. US Hostert (3) 298
40. UNA Strassen (3) 297
41. FC Monnerich (8) 291
42. Kayl/Tetingen (2) 280
43. Sporting Mertzig (8) 276
44. RFCUL (12) 263
45. Alliance 01* (1) 191
US Esch (1) 191
47. Jeunesse Canach (5) 171
FC Mamer 32 (1) 171

Gesamtschnitt: 557

Diese Tabelle ist die ewige Zuschauerschnitt-Tabelle der obersten Liga ab der Saison 1968/69. Es sind sämtliche Vereine erfasst, die in den letzten 50 Jahren erstklassig spielten. In Klammern die Spielzeiten in der obersten Division. Die mit * markierten Klubs gibt es in dieser Form nicht mehr.

roger wohlfart
3. November 2018 - 13.11

Dir hutt vollkomme recht@ KTG. Besonnesch den zweeten Deel vun Ärem Kommentar ënnerschreiwwen ech mat béiden Hänn. Et dierft awer och erlabt sinn, sech ze froen, op mir sou en deiere Superstadion fir Futtball a Rugby onbedingt brauchen!

KTG
3. November 2018 - 9.13

Net direkt granzeg ginn, nëmme well gläich zwee Leit op e Feeler an Ärem Internet-Kommentar geäntwert hunn an leider de ganze Sall net Applaus accordéiert huet. Niergendwou war d'Äntwert vum Fons "schoulmeeschterhaft" oder "ausfälleg". Et war just eng Erweiderung vun der Logik vum "roger wohlfahrt" an en Hiweis drop, datt déi Logik KOMPLETT laanscht de Punkt ass, well se Äppel a Bire vermëscht. Fir et dann nach eng drëtt Kéier ze soen: Den Nationalstadion huet näischt mat de Veräiner ze dinn. D'Diskussioun ëm d'Finanzéierung vun der Randsportart Foussball an de Gemengen ass eng aner a muss dréngend gefouert ginn. Wann ee gesäit wat d'Gemengen ausgi fir Terraine vun deene si deelweis guer näischt hunn, wéivill se dann awer net an déi aner Sportsveräiner stiechen, respektiv a méi wichteg Saache wéi d'Schoulen (!), da kann et engem schlecht ginn. Datt se dann nach lauter där kënschtlecher Terraine bauen amplaz richtege Wuess, dann ass dat nach méi schlëmm, well do gëtt Mikroplastik produzéiert an d'Gesondheet vun de jonke Sportler riskéiert.

roger wohlfart
2. November 2018 - 18.44

Dir därft a sollt Ar Meenung soen, och wann se nët mat menger iwwereestëmmt Ausfälleg a schoulmeeschterhaft brauch Dir awer duerfir nët ze gin.

Fons
2. November 2018 - 17.33

@ Roger Wohlfahrt: Ärer Logik no rappen mir dann all d'Muséen of, all d'Theateren, d'Philharmonie asw, alles wat net ausgelaascht ass... a bauen just nach Parkingen bei, déi si jo ëmmer gut gefëllt.... Ech si sëcher wann den neien Stadion bis steht da kommen vill méi Leit kucken. Mais vu que dass den Artikel (wann der deen iwwerhapt geliess hutt) jo iwwert de CLUBFUSSBALL geet (an et spillt jo kee Club am neie Stadion) ass äeren Post komplett laanscht den Sujet. 6, setzen

Paul
2. November 2018 - 16.28

@Roger Wohlfart: d'Nationalequipe hat an der leschter Campagne e Schnëtt vu 5500 Zuschauer pro Match an zweemol ausverkaf. Dat ass also net mat der BGL Ligue ze vergläichen, an där et trotzdem ëmmer erëm Highlight-Matcher mat véierstellegen Zuschauerzuele gëtt, mä leider net genuch!

Nomi
2. November 2018 - 13.09

Mi bezuehlen dann d'Leit fir ee Match an den nei'en Stadion kucken ze go'en amplaatz datt een Entrée muss bezuehlen ! Deputei'ert an Minister, Burgermeeschter an Conseillier'en krei'en eng Obligatio'un fir mussen kucken ze go'en !

roger wohlfart
2. November 2018 - 12.07

Aber wir brauchen ein neues, für mehrere tausend Zuschauer grosses, Fussballstadion in dem sich die Zuschauer verlieren! Das ist nun mal so in Luxusburg!