Zum Untergang einer Bank: Erstmals seit der Finanzkrise von 2008 mussten Sparer entschädigt werden

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Zum ersten Mal seit der Finanzkrise von 2008 musste die Gemeinschaft der Banken in Luxemburg letztes Jahr einspringen, um das Geld von Sparern zu ersetzen.

Ende Oktober 2012 hatte das aus Lettland stammende Finanzinstitut ABLV mitgeteilt, dass es eine Luxemburger Banklizenz erhalten hat. Damit war es das erste Institut aus den baltischen Staaten, das eine Luxemburger Niederlassung aufgebaut hat: die „ABLV Bank Luxembourg“. Insgesamt 20 Millionen Euro Kapital plante ABLV im Großherzogtum zu investieren, so eine Pressemitteilung von damals. Hauptgeschäftsbereich sollte die Vermögensverwaltung werden. ABLV war zu dem Zeitpunkt die größte private Bank in Lettland. Sie verfügte neben dem Hauptsitz in Riga über Büros in Russland, Weißrussland, der Ukraine, Kasachstan, Tadschikistan, Aserbaidschan und Usbekistan.

Keine sechs Jahre später geriet die lettische Finanzgruppe ins Visier der US-Finanzbehörden. Und die Vorwürfe hatten es in sich: Management, Besitzer und Mitarbeiter hätten Geldwäsche zu einem der Kerngeschäfte der Bank gemacht. Notwendige Kontrollen seien zu lasch. Der Großteil der Kunden komme nicht aus Lettland, dem Heimatland der Bank. Rund 90 Prozent der Kunden sollen Berichten zufolge Briefkastengesellschaften gewesen sein. Auch sollen viele Oligarchen aus ehemaligen Sowjetstaaten zur Kundschaft gezählt haben. Die Bank habe 2014 eine Rolle beim Diebstahl von einer Milliarde Dollar aus moldawischen Banken gespielt, hieß es aus den USA. Weltweit habe sich die Finanzgruppe systematisch über international verhängte Sanktionen hinweggesetzt, etwa gegen Nordkorea. Die ABLV selber hat alle Beschuldigungen und Vorwürfe zurückgewiesen.

Rettung nicht im öffentlichen Interesse

Zeitgleich mit der Veröffentlichung der Beschuldigungen kündigten die US-Behörden Mitte Februar 2018 an, das lettische Finanzinstitut von Finanzierungen in US-Dollar ausschließen zu wollen. Eine Katastrophe für eine Bank, die vor allem international tätig ist. In der Folge stürmten die Kunden die Bank, um ihre Guthaben abzuheben, solange das noch möglich war. Rund eine Woche später reagierten die lettische und die EZB-Bankenaufsicht: Die ABLV musste alle Auszahlungen einfrieren. Und im Gegensatz zu anderen Fällen – man denke nur an Dexia, die es heute immer noch gibt – handelten Europas Behörden diesmal sehr schnell. Eine Woche nach dem Einfrieren der Auszahlungen wurde die Abwicklung der lettischen Bank beschlossen.

„Eine Rettung der Bank sei nicht im öffentlichen Interesse“, teilten die europäischen Behörden noch vor Ende Februar 2018 mit. Aus Lettland hieß es: Die ABLV sei nicht systemrelevant, deshalb werde die Regierung nicht eingreifen. Von der Abwicklung der Bank war auch die Luxemburger Tochtergesellschaft ABLV Bank Luxembourg betroffen. Jedoch entschied ein Luxemburger Gericht, dass die Tochter eigentlich noch über genügend Geldmittel verfüge, um überleben zu können. Die Gesellschaft sollte nicht einfach geschlossen werden.

Kein Zugang zu Liquiditäten

Die Luxemburger Bank erhielt noch im Februar 2018 vom Gericht ein „sursis de payement“. Das drittgrößte Geldhaus Lettlands teilte daraufhin mit, das Gericht habe die starke Finanzkraft des Luxemburg-Geschäfts anerkannt. Deshalb würde nun nach neuen Investoren Ausschau gehalten. Gleichzeitig trat in Luxemburg die Einlagensicherung in Aktion. Für diese war die ABLV jedoch nur ein kleiner Fall. Rund sieben Millionen Euro musste sie präventiv auf den Tisch legen, um Sparer zu entschädigen, wie aus gut informierten Kreisen zu erfahren ist. Das Kreditinstitut musste selber seine Kunden informieren.

In den Monaten nach Februar 2018 bis heute blieb die Lage für die Luxemburger Bank schwierig. Der Zugang zu Liquiditäten in US-Dollar blieb ihr verschlossen. Berichten zufolge soll die Bank 250.000 Euro Verlust pro Monat einfahren. Das „sursis de payement“ wurde im Nachhinein noch drei bis vier Mal verlängert. Es gab weiterhin die Hoffnung, dass ein Käufer die Gesellschaft übernehmen könne. Das ist schlussendlich aber nicht passiert. Anderthalb Jahre später, Anfang Juli 2019, entschied dann auch ein Luxemburger Gericht, dass die luxemburgische ABLV-Tochter abgewickelt werden soll.

Eingesetzt wurden vom Gericht nun sogenannte „liquidateurs“. Die müssen feststellen, wie viel Guthaben noch vorhanden sind und was die Ansprüche der Gläubiger sind. Die rund 20 Mitarbeiter der ABLV in Luxemburg werden ihre Jobs wohl verlieren. Bei der Einlagensicherung ist man aber zuversichtlich, dass noch genügend Kapital in der Konkursmasse vorhanden ist, um die sieben Millionen zurückzuzahlen.