Warum Félix Braz’ „wichtigstes Gesetz“ harsch kritisiert wird

Warum Félix Braz’ „wichtigstes Gesetz“ harsch kritisiert wird

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Seit mehr als zehn Jahren wird über die Schaffung eines Justizrats gesprochen. Nun hat Justizminister Félix Braz („déi gréng“) kurz vor Ende der Legislaturperiode einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Er bezeichnet es als „sein wichtigstes Gesetz“, der Verfassungsexperte Luc Heuschling hält es hingegen für verfassungswidrig.

Im hitzigen Vorsommer 2013, vor genau fünf Jahren, beschuldigte der Generalstaatsanwalt Robert Biever Luc Frieden (CSV) der Einflussnahme auf die Justiz. Frieden habe in seiner Zeit als Justiz- und Polizeiminister Druck auf Biever und die Untersuchungsrichterin der Bommeleeër-Affäre Doris Woltz ausgeübt. Er soll damals über die Ermittlungen „nicht amüsiert“ gewesen sein und habe mehrmals gefragt: „Habt Ihr sonst nichts zu tun?“

Geht es nach Justizminister Félix Braz, sollen solche unrühmlichen Gewaltenüberschneidungen definitiv der Vergangenheit angehören. Denn gestern präsentierte er einen umfassenden Gesetzentwurf zur Schaffung eines Justizrats. Ziel: Die Unabhängigkeit der Justiz stärken. Laut aktuellem Gesetz ist der Justizminister für die Einstellung und Beförderung von Richtern und Staatsanwälten zuständig. Auch die Staatsanwaltschaft untersteht formal dem Justizministerium. Exekutive entscheidet über Judikative, zweite über dritte Gewalt.

Durch das neue Gesetz soll die hierarchische Unterordnung aufgehoben werden. Zudem soll, so Félix Braz, der Justizrat in Zukunft über die Einstellung von Richtern und Staatsanwaltschaft entscheiden – und nicht die Regierung, die Exekutive. Braz bezeichnet es deshalb explizit als sein „wichtigstes Gesetz“.

Der Justizrat soll dabei aus neun Mitgliedern bestehen. Drei Magistrate werden automatisch in das Gremium genannt. Es handelt sich um den Generalstaatsanwalt, den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs und den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs. Drei weitere Magistrate werden von Wahlkollegien ernannt. Ein Vertreter wird von der Anwaltschaft bestimmt und die zwei restlichen Mitglieder sollen Vertreter der Zivilgesellschaft sein. Sie werden vom Parlament bestimmt. Alle Mitglieder müssen dabei die Luxemburger Nationalität haben.

Constitution first

Die Schaffung des Justizrates ist dabei an die Verfassungsreform gekoppelt. „Aber das Gesetz kann auch unabhängig von der Verfassungsreform verabschiedet werden“, so Braz.

Luc Heuschling, Professor für Verfassungsrecht der Universität Luxemburg, bezweifelt das. Die aktuelle Verfassung sehe die Schaffung eines Justizrats nicht vor. „Laut traditioneller Interpretation der aktuellen Verfassung untersteht die Justiz dem Justizminister.“ Kurz: Die Schaffung eines unabhängigen Justizrats ist verfassungswidrig.

Heuschling will nicht falsch verstanden werden: Die Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz und der Gewaltenteilung sei absolut notwendig – allerdings sei der Gesetzentwurf von Braz „keine saubere Lösung“. Das Gesetz müsse zwingend mit einer Verfassungsänderung einhergehen. Heuschling stellt zudem den Zeitpunkt in Frage. Es sei seltsam, dass die Regierung dieses Kernanliegen erst lange Zeit überhaupt nicht angefasst hat – und dann kurz vor Ende der Legislaturperiode noch einen Entwurf vorstellt.

Heuschling widerspricht Braz dabei in einem weiteren Punkt. Denn anders als der Minister es darstellt, würde der Text die Nominierung der Magistrate nicht entpolitisieren. Im Gegenteil: Es sei eine Repolitisierung. Denn das Gesetz sieht vor, dass der Justizrat auf Basis von Gutachten der jeweiligen Gerichtshöfe dem Justizministerium einen Vorschlag macht. Die Exekutive könne dann erneut zwischen mehreren Gutachten bzw. Kandidaten entscheiden und müsse nicht zwingend dem Willen des Justizrats folgen.

Und mehr noch: „Dass nun schwarz auf weiß im Text steht, dass der Großherzog eine Entscheidung ablehnen kann, ist ein Rückschlag“, so Heuschling. Oder anders ausgedrückt: Gut gemeint, ist noch nicht gut gemacht.

Fred Reinertz Barriera
25. Juni 2018 - 9.00

Jeder Staatsrechtler wir bestätigen können dass man ein solches Gremium nicht mit einen einfachen Gesetz geschaffen werden kann, sondern dass es "expressis verbis" in der Verfassung vorgesehen sein muss....aber wie gesagt das Studienfach "droit constitutionnel" gibt es nur ab dem 2ten Jahr an der Faculté de Droit...sans commentaires...

GMD
23. Juni 2018 - 20.42

Ärem Kommentar kann en nëmmen zoustëmmen.

René Charles
23. Juni 2018 - 14.18

Vielleicht wird Félix Braz so "harsch" kritisiert weil er lediglich ein Jahr 'Droit' absolviert hat. (Wikipedia) Man darf aber annehmen dass er durch autodidaktisches Studium und tiefes Interesse in diesem Bereich mindestens so gut vorbereitet ist auf diesern Ministerposten wie jemand der gar keine Vorkenntnisse hat und dem diese Verantwortung einfach zugeschustert wird.

nina
23. Juni 2018 - 9.04

Auch di oberste Magistratur wird „nur“ durch Menschen besetzt. Weshalb sollte diese Gewalt nich in Frage gestellt werden dürfen? In anderen demokratischen Ländern stehen Volksvertreter dem Gericht bei den Entscheidungen bei. Viele Experten und Entscheidungsträger führen ein Leben „unter sich“, fern ab der Situation der „justiciables“. Herr Bratz hat während seiner Amtszeit viel Unheil gesät, leider trägt kaum er die Konsequenzen. Es sollten in dieser Zeit keine wichtigen, vielleicht nachhaltig schlechte Reformen, im Eilverfahren durchgelotst werden. Die Konsequenzen der Justiz sind für den Einzelnen unerbitterlich, und immer mehr Unschuldige füllen, manchmal über Jahrzehnte hinweg, die Strafanstalten demokratischer Länder, darunter auch Luxemburg. Dies sollte uns doch zu bedenken geben?

De Grumpy
23. Juni 2018 - 7.39

Fir den Hans ! Den Här Braz ass awer ugedoen wéi ee besseren Här , sou eng richtëg gro Maus ... ;-)